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Nachtangeln auf Karpfen

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Der Autor schwört beim Nachtansitz auf Kopflampen mit Rotlicht, das die Fische kaum stört.
Der Autor schwört beim Nachtansitz auf Kopflampen mit Rotlicht, das die Fische kaum stört.

Hitze und Hektik des Tages weichen Kühle und Ruhe der Dunkelheit. Unsere Leuchtposen glühen an der Oberfläche, die elektronischen Bissanzeiger sind scharf geschaltet. Läuft der Aal heute Abend? Oder bringt ein Karpfen den ersten Run? Die Spannung steigt…

Von MATZE KOCH

Für jeden Ansitzfan ist es ein Graus, wenn man sein Gerät endlich am Wasser aufgebaut hat, aber mitten in der Nacht wieder genervt alles zusammenpackt, weil andere Angler das Ufer mit ihren Lampen in eine regelrechte Flutlichtstrecke verwandeln. Das ist mir schon passiert. Doch scheue Großfische fängt man eben nicht, wenn man so plump vorgeht – von einigen  Ausnahmen wie an vielbefahrenen Straßen oder Häfen mit Dauerbeleuchtung einmal abgesehen. Vielmehr sollte ein Angler vor allem nachts mit seiner Umgebung verschmelzen und unnötiges Gefunzel vermeiden. Wie das funktioniert, möchte ich im Folgenden näher erläutern.

Doppelschlag: Innerhalb von nur einer Minute überlistete Matze diese beiden schönen Schuppis.
Doppelschlag: Innerhalb von nur einer Minute überlistete Matze diese beiden schönen Schuppis.

Im Hellen erkunden

Wenn ich nachts an einer mir bisher unbekannten Stelle fischen möchte, nehme ich noch im Hellen den gesamten Bereich genau unter die Lupe. Nachts sieht man nicht nur weniger, auch Entfernungen wirken völlig anders. Darum sollte man wissen, wo sich Hindernisse oder Stolperfallen befinden, damit man den Weg von der Liege zu den Ruten blind beherrscht.

Um mir nicht die Beine zu brechen, entferne ich Hindernisse wie mittelgroße Steine oder Äste. Gefahrenquellen, die sich nicht beseitigen lassen, müssen markiert werden. Beispiel: An einer Stelle ragte mal eine Stahlstange mit Betonfuß aus dem Boden. Wenn ich da im Dunkeln drüber gestolpert wäre, wär‘s das sicher gewesen. Solche Stellen markiere ich mir grundsätzlich mit einem weißen Tuch oder sogar mit einem Knicklicht. Sich diese Punkte lediglich einzuprägen, funktioniert fast nie, denn in der Hektik nach einem rasanten Biss vergisst man den sprichwörtlichen Knoten im Taschentuch allzu leicht. Aber auch die Bereiche im Wasser darf man nicht außer Acht lassen. Wenn es die Gegebenheiten erfordern, dass man mit Watstiefeln ins Wasser muss, um seine Ruten zu postieren, sollte man schon genau wissen, wohin man tritt.

Selbst wenn vom Ufer aus gedrillt wird, muss man über eventuelle Unebenheiten am Gewässergrund genau Bescheid wissen. Während des Drills kann der Angler meist noch nicht richtig abschätzen, wo er keschern wird. Hindernisse wie versunkene Baumstämme oder entsorgte Fahrräder spürt man besser schon im Vorfeld mit einem Taststock auf, um nachts keine böse Überraschung zu erleben. Ich verwende dazu meinen Kescherstab und laufe mit der Wathose am Ufer entlang, um den Grund genau zu ertasten. Das Ganze passiert allerdings schon Tage vorher, zum Beispiel beim Anfüttern, um am Angeltag jede unnötige Scheuchwirkung zu vermeiden.

Stacheldraht und das unebene Ufer sind erkundet, der Schirm windgeschützt und abgewandt vom Wasser aufgebaut. Die Nacht kann kommen.

Ordnung muss sein

Für den guten Überblick bei eingeschränkter Sicht sind eine gewisse Ordnung am Angelplatz und eine akribische Vorbereitung unerlässlich. Hier die wichtigsten Vorsorgemaßnahmen im Überblick:

Vertraute Plätze: Gewöhnen Sie sich an, Ihre Utensilien an jedem neuen Angelplatz stets an gleicher Stelle zu verwahren. Ein Taschensystem hilft dabei. Aber auch alles, was um Liege und Zelt herum liegt, sollte immer ähnlich abgelegt werden. Wer eine Abhakmatte verwendet, sollte zum Beispiel gleichzeitig Waage, Maßband, nassen Wiegesack und gefüllten Wassereimer immer in der Nähe der Matte haben, dann geht nachts nicht das große Suchen los.

Auch diesen Karpfen fing Matze nur, weil er sich am Ufer schön unauffällig verhielt.

Kopflampe griffbereit: Sie hängt direkt über meiner Liege in den Schirmstreben. Ein Griff genügt, schon habe ich Licht. An Gewässern, wo ich häufig Bisse erwarte und oft aus dem Schlafsack muss, trage ich sie sogar beim Schlafen um den Hals. Das ist ein wenig gewöhnungsbedürftig, spart aber noch einmal wertvolle Sekunden.

Zum Reinschlüpfen: Meine Schuhe stehen fast spießerhaft vor der Liege, aber das hat rein praktische Gründe. Meist sind es sogar Watstiefel, denn an meinen Heimatgewässern muss ich oft ins Wasser laufen, um die Rute vom Halter zu nehmen. Mit umgekrempeltem Schaft warten sie direkt vor der Liege auf ihren Einsatz – aber noch unter dem Schirm, um vor Regen geschützt zu sein. Ich wähle meine Watstiefel ein bis zwei Nummern größer, dann bin ich schneller drin. Laufen muss ich damit ohnehin nicht weit. Im Winter kann ich große Watstiefel mit zwei Paar Socken dann auch beim Waten auf Hecht einsetzen.

Futtereimer als Ablage: Neben meinem Kopfende der Liege steht mein Mais- oder Boilie-Eimer. Nicht, weil ich nachts Heißhunger bekomme, sondern weil ich ein „Nachtschränkchen“ brauche. Darauf liegen die wichtigsten Utensilien. Mein Handy zeigt mir nicht nur die Uhrzeit an, ich kann mich auch von ihm wecken lassen, wenn ich beispielsweise vor Sonnenaufgang meine Haken noch einmal frisch beködern will. Außerdem zeigt es mir die Temperatur an oder verbindet mich mit Kollegen, die ein Stück entfernt ansitzen und einen Fotografen oder Hilfe brauchen. Zudem finden auf dem Eimer Kleinteile wie Boilienadel und -stopper sowie die Box mit Wirbeln und Haken Platz, die ich ständig brauche, und für die ich nicht jedes Mal meine große Gerätekiste öffnen möchte. Beim Aalansitz wären es der Lappen, der Hakenlöser, die Tauwurmbox und die Lockpellets.

Weißes Tuch als Unterlage: Das ist auch bei völliger Dunkelheit gut zu erkennen, und man kann vieles darauf ablegen. In einem flachen, weißen Eimer geht das noch besser, so verliert man nichts.

Vorfachmappe: Zur richtigen Vorbereitung gehört auch eine gut ausgestattete Vorfachmappe mit unterschiedlichen Haar- und Vorfachlängen bzw. Materialien und Hakengrößen. Nichts ist nerviger, als wenn man im Schein der Kopflampe ein Vorfach binden muss.

Energiequellen: Ersatz-Batterien sind wichtig, um bei Bedarf Kopflampen, Bissanzeiger, Kamera etc. stets mit Strom versorgen zu können.

Ersatz-Lampe: Mir ist einmal meine Kopflampe ins Wasser gefallen. Sie ahnen nicht, wie hilflos man in einem solchen Fall plötzlich in einer mondlosen Nacht ist. Mein Handylicht half mir zwar aus, aber seitdem habe ich stets eine Ersatzleuchte dabei. Das muss nicht unbedingt eine zweite Kopflampe sein. Eine unscheinbare Mini-Stablampe, die man beim Montieren notfalls zwischen die Zähne klemmen kann, tut es auch.

An Plätzen wie diesem sind die Fische Dauerbeleuchtung gewöhnt und daher meist nicht ganz so lichtscheu.
An Plätzen wie diesem sind die Fische Dauerbeleuchtung gewöhnt und daher meist nicht ganz so lichtscheu.

Dezente Lichtquellen

Das menschliche Auge leistet im Dunkeln sehr viel mehr als vielfach angenommen. Versuchen Sie, Ihre Augen zu trainieren und sich auch im Dunkeln zurechtzufinden. Wenn die Augen auf Dunkelheit eingestellt sind, kann man in mondhellen Nächten sogar fast ohne Extralicht auskommen. Man kann aber leider nicht immer auf Licht verzichten, zum Beispiel beim Beködern der Haken. In meiner Jugend verwendeten wir beim Aalangeln gern Petroleum-Lampen. Wir wussten schon damals, dass sie ein sehr dezentes und weiches Licht verströmen, und fingen deutlich mehr als die stolzen Kollegen, die mit der Riesentaschenlampe hantierten und ins Wasser leuchteten. Doch diese altmodischen Petroleumfunzeln sind überholt, zudem lässt sich ein gewisser Petroduft an den Fingern nie ganz vermeiden: eine Katastrophe beim Naturköderangeln, sei es mit Boilies oder mit Wurm.

Bei modernen Kopflampen lassen sich nicht nur die Helligkeitsstufen variieren, zudem ist oftmals eine Rotlichtfunktion eingebaut. Das ist Gold wert! Schon die U-Bootfahrer wussten um die Vorteile dieses Lichts. Die Augen gewöhnen sich in Sekundenschnelle wieder an die Dunkelheit. Für uns Angler sind aber weitere Aspekte wichtig, denn auch viele Tiere sehen diese Wellenlänge des Lichts kaum.

Ratten zum Beispiel konnte ich bei Rotlicht in aller Ruhe filmen, während sie beim Umschalten auf Weiß augenblickverschwanden. Die Fische scheinen Rotlicht ähnlich schlecht wahrzunehmen. Denn während sie beim grellen Weißlicht vor dem Kescher regelrecht  explodieren, bleiben sie im sanften Schein der roten Diode vergleichsweise ruhig.

Dieser feiste Spiegler biss mitten in einer Ortschaft. Es muss also am Wasser nicht zwangsläufig immer stockfinster sein, damit der Bissanzeiger piept.
Dieser feiste Spiegler biss mitten in einer Ortschaft. Es muss also am Wasser nicht zwangsläufig immer stockfinster sein, damit der Bissanzeiger piept.

Köder exakt platzieren

Das Nachtangeln bringt aber auch Probleme mit sich, die man selbst mithilfe einer modernen Kopflampe nicht lösen kann. Vor allem beim Karpfenansitz ist es enorm wichtig, die Montagen stets auf exakt den selben Stellen abzulegen. Kein Problem, wenn man sie vor dem eigenen Ufer präsentiert. Soll die Montage dagegen am gegenüber liegenden Ufer oder auf der weit entfernten Sandbank im See landen, muss man sich etwas einfallen lassen.

Platziere ich die Montage im Hellen an der gewünschten Stelle, merke ich mir zwei Dinge: meinen genauen Standplatz beim Auswerfen und eine markante Stelle am anderen Ufer. Die Silhouette kann man auch bei völliger Dunkelheit recht gut erkennen. Wie über Kimme und Korn kann man jetzt einen Punkt auswählen, der der ideale Richtungsweiser ist. Dies kann ein Haus, Baum, Hügel oder Strommast sein. Sollte kein geeigneter Punkt zu finden sein, hilft es manchmal, den Standpunkt ein wenig zu verschieben, bis das Ziel am Horizont auf einer Linie mit dem anvisierten Angelplatz liegt. Jetzt muss man nur noch die Weite des Wurfes „abspeichern“. Das mache ich mithilfe einer Markierung auf der Schnur. Früher verwendete ich dazu Tipp-Ex. Das blättert zwar mit der Zeit wieder ab, klappt aber ganz gut, indem man eine etwas größere Spanne von rund 20 Zentimetern damit bestreicht.

Seit ich viel mit Geflechtschnüren fische, ist die Sache sehr viel einfacher. Mit einer Nadel fädele ich an der gewünschten Stelle eine farbige Schnur durch das Geflecht. Diese Markierung kann man sogar jederzeit wieder herausziehen, und sie schadet der Schnur keineswegs, wenn man vorsichtig vorgeht. Will man jetzt im Dunkeln die Montage neu platzieren, macht man zunächst einen „Leerwurf“, mit dem man das Ziel weit überwirft (in Kanälen wirft man einfach seitlich). Dann kurbelt man langsam ein, bis die Markierung an der Rolle erscheint, clippt die Schnur und holt ein, um erneut auszuwerfen. Diesmal mit genauer Zielvorgabe. Ein kräftiger Wurf, mit dem man die Stelle überwerfen würde, ist nötig. Nach dem Abwurf hält man die Rute ganz locker in Händen und lässt sie sanft vom abgebremsten Blei herunterfedern. Schon liegt die Montage zentimetergenau am Platz.

Im Gegensatz zu anderen Fischarten beißen die Karpfen durchaus auch bei Vollmond. Selbst Nachtfrost hält Matze nicht von einem Ansitz ab.

Schutz vor Plagegeistern

Nachts sind allerlei Tiere aktiv. Mich als Fotografen interessieren die zwar, wenn Sie aber auf die Gesellschaft von Ratten verzichten wollen, verschließen Sie alles gut, was Düfte verströmt. Ihr persönlicher „Hafersack“ gehört genauso dazu wie alles, was die Fische  anlocken soll. Gut verschlossen in einem Eimer ist das alles sicher. In Extremfällen habe ich auch schon Boilies hoch auf die Bäume verbannt, um der Quälgeister Herr zu werden.

Ich benutze meist eine großzügige Tasche mit vielen Seitenfächern, die allesamt sicher verschließbar sind. So kostet mich die Nachtvorbereitung nur einen Handgriff, und ich kann alles im Nu verschwinden lassen und notfalls an den nächsten Baum hängen.

Im Sommer zieht nicht nur Licht die Mücken an, auch unser Körper strahlt Wärme ab, und darauf sind die Plagegeister fixiert. (Übrigens reagieren auch Mücken auf Rotlicht deutlich weniger als auf weißes!) Lange Ärmel, weite Hüte und dicke Kleidung helfen. Autan dagegen hinterlässt am Ende auch auf dem Köder einen Geruch, der jeden Karpfen (oder Aal) Reißaus nehmen lässt. Darum vertraue ich während des Schlafens lieber einem Moskitonetz. Das bekommt man für rund 15 Euro im Baumarkt. Ein Ring oder Kreuz ist wichtig, damit man das Ganze sicher über der Liege befestigen und abspannen kann.

Extra-Tipp

Auch wenn Sie an Ihrem Gewässer nachts keine Bisse erwarten, kann eine Nachtsitzung Sinn machen. Besonders die frühen Morgenstunden sind oft die erfolgreichsten. Doch wenn man frühmorgens, womöglich noch in der Dunkelheit, ankommt und aufbaut, wird man eine enorme Scheuchwirkung auslösen. Die Fische kennen die ungestörte Ruhe der Nacht und lassen sich von ungewohnten Geräuschen schnell vergrämen. Wenn man alle notwendigen Schritte jedoch schon am Abend vorher erledigt hat und die Nacht über ruhig auf der Liege verbringt, während die Köder im Wasser platziert sind, lässt sich am frühen Morgen auch der erfahrenste Fisch überlisten.

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