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Gefährlicher Fang

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Wahoo
Im Boot noch bissig: Carsten Bartscht mit dem gefährlichen Übeltäter.
Wahoo
Kein Anblick für schwache Nerven: Der Wahoo hatte den Guide am Fuß erwischt.

Big Game-Angeln in Thailand, für viele ein Traum: Carsten Bartscht berichtet wie der Fang eines Wahoos zum Alptraum werden kann.

11.01.2006: Mein Anglertraum schien in Erfüllung zu gehen – hier auf Phuket, im Paradies. Mit vier Petri-Kollegen aus Schweden, Australien und den USA bestieg ich ein perfekt ausgerüstetes Motorboot. Ruten, Multirollen und Köder waren schon an Bord, alles hatten die beiden thailändischen Guides mit ihrem zurückhaltenden, aber stets freundlichen Lächeln längst herangeschafft. 8 Uhr morgens, es sollte endlich losgehen: zum Big-Game-Fischen! Es war November, also der beste Zeitpunkt, um einen mächtigen Marlin an den Haken zu bekommen. Dafür hatten wir die große Tour gebucht. Jenseits der Riffe sollte weit im offenen Meer gefischt werden. Dort sollen massenhaft Großfische warten, versprach man uns immer wieder: Dorado, Wahoo, Thunfisch, Barrakuda, Makohaie und auch kapitale Schwertfische wie Sailfish und Blue, Black und White Marlin. Bald schon ließen wir das Sandstrand- und Palmen-Idyll hinter uns. Wir schauten in die grenzenlose, türkisblaue Weite. Jagende Möwen stürzten am Horizont in riesige Thunfisch-Schwärme. Doch an Bord wich die Faszination an der bezaubernden Natur mehr und mehr einer ergreifenden Stille. Mein Blick wanderte über die Rutenhalter, allesamt schon mit kräftigen Prügeln bestückt, weiter über das helle Deck und fixierte dann den stabilen Kampf-Stuhl. Noch war das Sitzmöbel inmitten des Bootshecks verwaist. Noch! Doch schon der Gedanke daran, welche Fische von diesem Stuhl aus gefangen worden waren, ließ meinen Puls weiter steigen.

Rums in der Rutenspitze

Als wir nach rund zwei Stunden Fahrtzeit die Fischgründe erreichten, wurden die Angeln mit Ködern bestückt. Zu meiner Verwunderung nahm unser Guide dafür ausschließlich Kunstköder. Zwei Angeln wurden mit jeweils einzelnen, sehr stattlichen Tintenfisch-Imitationen versehen, die beide etwa 30 Meter hinter dem Boot geschleppt wurden. Zwei weitere Ruten erhielten Paternoster mit je vier kleinen Kunst-Tintenfischchen. Interessant dabei: Ein hölzerner Auftriebskörper ließ den Paternoster auf den Wellen reiten, so dass er wie ein fliehender Fischschwarm aussah. Kaum zehn Minuten später kreischte die Bremse meines Nebenmannes auf und nach kurzem Drill hatten wir den ersten kleineren, rund drei Kilo schweren Thunfisch an Deck. Ein gutes Dutzend Thunfische und ein mittelgroßer Barrakuda gingen uns nach und nach an die Haken. Der ersehnte, wirklich große Brocken war indes nicht dabei. Doch dann war es so weit: ein Rums! Die Rutenspitze schnellte in Richtung Wasseroberfläche. Monoton surrte, nein, kreischte die Bremse. Adrenalin rauschte uns durch die Adern. Was für ein Biss! Ein kurzer Anschlag vom Australier neben mir, und schon hing der Fisch.

Am Fuß erwischt

Nach 20-minütigem Drill tauchte ein kapitaler Wahoo aus der Tiefe auf. Kurz darauf ließ sich der 130 Zentimeter lange und 20 Kilogramm schwere Raubfisch sicher landen. Der Jubel an Deck war riesig. Aber von einem gerade geschehenen Unglück hatte niemand etwas bemerkt. Plötzlich richteten sich alle Blicke auf unseren Thai-Guide, der stumm und blass auf einer Kiste kauerte. Er saß da und guckte wortlos an seinem Bein herunter, der Fuß stand in einer Blutlache. Jetzt wurde es schreiend still! Der Wahoo, der triumphale Höhepunkt des Big-Game-Tages, hatte bei seinem letzten Kampf noch einmal seine Gefährlichkeit gezeigt und unseren Guide am Fuß erwischt. Mit seinen scharfen Zähnen hatte der Räuber Sehnen, Muskeln und Knochen durchtrennt. Einfach schrecklich. Es war ernst, sehr ernst, denn es wurde für den Thailänder ein Kampf um Leben und Tod. Wir waren auf offener See. Schnelle Hilfe war nirgends in Sicht. Ein Verbandskasten war ebenfalls nicht zu finden. Allmählich kam Panik auf. Mit einem zerrissenen T-Shirt banden wir schließlich das Bein am Knöchel ab und legten es auf eine Fischkiste, um nur irgendwie die starke Blutung zu stillen. Der Junge musste unbedingt bei Bewusstsein bleiben, das war uns allen klar. Erst mit dem Gurt einer Rettungsweste konnten wir die Blutung endgültig stoppen.

Endlose Stunden

Nach einer Dreiviertelstunde war bei dem Verletzten offenbar der Schock vorüber und wich entsetzlichen Schmerzen. Er schrie und riss in Panik die provisorischen Verbände ab. Jetzt war vor allem psychologische Unterstützung gefragt. Wir redeten auf ihn ein, versuchten, ihn zu beruhigen. Dann der nächste Rückschlag: Die Wasserpumpe unseres Motors ließ uns im Stich. Mit einem Schwerverletzten trieben wir hilflos auf dem offenen Meer. Ein paar Minuten später tuckerte der Motor wenigstens wieder. Jetzt musste nicht nur der Thai, sondern auch das Boot am Leben erhalten werden. Zwei schier endlose Stunden vergingen noch, ehe ein rettendes Speedboot unseren völlig entkräfteten Guide in Empfang nahm. Er war gerettet, das war das Wichtigste. Das Angelvergnügen war uns ausgetrieben worden.

Fazit: Ich würde jederzeit wieder ein Big-Game-Boot auf Phuket besteigen, weil es für einen Angler dort einfach paradiesisch ist. Doch darf man bei dem ganzen Spaß nicht vergessen, dass die begehrten Großfische gefährlich sind und bleiben. Wir Angler bewegen uns schließlich nicht in einem Freizeitpark, sondern in der Natur, mit all ihren traumhaft schönen und auch unberechenbaren Seiten.

Carsten Bartscht

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