Köder aus Blech gehören beim Dorschangeln noch lange nicht zum alten Eisen. Kai Rohde weiß, wie man sie sowohl beim Boots- als auch beim Küstenangeln einsetzt. Von BIRGER DOMEYER
In Zeiten von Gummifischen und Drop-Shot-Montagen fristen die teils angerosteten Meerforellenblinker ein Schattendasein bei den Dorschanglern. Eigentlich zu Unrecht, denn die Sandaal-Imitate fangen nach wie vor ihre Fische, an manchen Tagen sind sie anderen Ködern sogar haushoch überlegen. Man muss sie nur richtig einzusetzen wissen, damit sie ihr unwiderstehliches Spiel entfalten können.
Flach vom Boot
Mitte Oktober treffe ich mich mit Kai Rohde an der Küste Neuholsteins, um den Ostsee-Leoparden nachzustellen. Tagsüber fällt unsere Wahl auf das Angeln vom Kleinboot, wo wir den Dorschen in den flachen Uferregionen auf die Schuppen rücken wollen. Mit fallenden Wassertemperaturen zieht es die Bartelträger zunehmend in Küstennähe, wo sie sich mit Krebsen, Heringen und anderen Kleinfischen die Mägen vollschlagen. Jetzt halten sich die Räuber zwischen drei und sechs Metern Tiefe auf. Findet man noch Kraut, Steine oder sonstige Strukturen am Grund, stehen die Chancen auf Erfolg sehr gut. In diesen flachen Bereichen sind das übliche Pilken mit schwerem Geschirr oder das bodennahe Jiggen mit dem Gummifisch nicht die besten Methoden. Eingesammeltes Kraut und viel zu schnell zu Boden plumpsende Bleigewichte machen den Köder schnell unattraktiv.
Unsere Wahl fällt deshalb auch vom Kleinboot auf Meerforellenblinker in verschiedenen Ausführungen. Diese lassen sich sehr variantenreich führen und vor allem über dem Kraut anbieten. Dorsche stehen nur zu gerne etwas über Grund und schnappen ohne Probleme auch einen zügig geführten Blinker. Regelmäßig eingebaute Spinnstopps erhöhen die Bissausbeute enorm. Kai montiert zunächst einen Snaps-Blinker in Rot-Gelb mit 25 Gramm Gewicht. Das etwas breitere Blech mit dem eingegossenen Blei trudelt besonders beim Spinnstopp sehr aufreizend nach unten, das lieben die Dorsche.
Lange muss Kai auch nicht auf einen Biss warten, nach ein paar Anstupsern inhaliert ein etwa 40 Zentimeter langer Räuber den Köder. Weitere Fische folgen, nur lässt die Größe an diesem Tag etwas zu wünschen übrig. Der Wechsel auf einen rot-schwarzen Snaps-Blinker bringt zwar nochmal deutlich mehr Bisse, doch auch mit ihm bleibt der Kapitale aus. Mit insgesamt 17 Dorschen bis 50 Zentimeter können wir uns aber absolut nicht beschweren und steuern am späten Nachmittag den Hafen an.
Spät vom Ufer
Mit Anbruch der Dämmerung ziehen die Dorsche Richtung Ufer und sind auch für den Spinnfischer erreichbar. Bevor wir uns unter das Watangel-Volk mischen, gilt es, meine Blinker-Kiste aufzupolieren. Dazu besuche ich Kai in seinem Shop und lasse mich fachkundig beraten. Kurze Zeit später stehe ich mit den drei besten Blinkern für die Küste am Strand: Ein grün-weißer Møre-silda , ein Hansen Fight in Blau-Glitter und ein Snaps in Blau-Silber sollen es bringen. Kai fährt zielstrebig einen Strand an, an dem ein ablandiger Wind herrscht. „So kann man weiter werfen, und die Köderführung gelingt besser“, erklärt der Küsten-Profi. Denn auch beim Spinnfischen vom Ufer sollte der Blinker nicht nur eingekurbelt werden. Eine langsame Führung mit regelmäßigen Spinnstopps bringt die meisten Bisse. Die Dorsche halten sich grundnah auf, und genau hier sollte auch der Köder hin. Kaum die Kamera ausgepackt, ziehen auch schon dicke Regenwolken vor den hell leuchtenden Vollmond. Für die Beißerei anscheinend nicht schlecht, bereits beim dritten Wurf schnappt ein knapp 60 Zentimeter langer Dorsch nach dem grün-weißen Møre-silda. Auch Kai kann wenige Würfe später einen 45er landen.
Der einsetzende Wind und der zunehmende Regen machen leider das Filmen unmöglich, und ich packe die Kamera ins Trockene. Schade, denn die Fische beißen. Kai verliert noch einen starken Dorsch, der den Köder kurz vor seinen Füßen vehement attackiert, aber auch der ein oder andere Portionsfisch landet im Kescher. Mittlerweile schwappen die Wellen ganz ordentlich gegen die Wathose, und es wird Zeit, die Sandbank zu verlassen. Gegen 22 Uhr beenden wir also völlig durchnässt, aber erfolgreich unseren Watangel-Abend.
Auffällig ist, dass vom Ufer die Durchschnittsgröße dieses Mal deutlich höher ausfällt, als es beim Bootsangeln der Fall ist. Das Uferangeln ist also keineswegs die zweite Wahl. Besonders in der kalten Jahreszeit sind kapitale Überraschungen als Watangler immer möglich. Zufrieden, aber völlig durchnässt treten wir endgültig den Heimweg an.