Jan Eggers und seine Frau Tine bei Angeln auf Tigerfisch im Okavango-Delta. |
In seiner langen Laufbahn als Profi-Angler hat Jan Eggers viele Stars und Sternchen aus der Angelwelt treffen dürfen. In seiner neuen Serie berichtet er über Begegnungen der außergewöhnlichen Art.
Meine neue Serie beschäftigt sich diesmal nicht mit Fangmethoden oder Großhechten von über 18 Kilo. Da ich mein Hobby zum Beruf gemacht habe, kann ich auf 30 Jahre als Angelsport-Journalist und Berater von Angelfirmen zurückblicken. Ich habe so einige bekannte und weniger bekannte Größen aus der internationalen Angelsport-Welt treffen dürfen. Ich habe sie nicht nur getroffen, wo immer es möglich war, haben wir auch zusammen gefischt. An diese interessanten Begegnungen und großartigen Angeltage kann ich mich noch gut erinnern. Diese Erinnerungen möchte ich nun, am Ende meiner beruflichen Laufbahn, gerne mit den Lesern teilen. Jetzt bleibt mir nur noch die Frage, mit welcher Person ich am besten beginnen soll? Erst dachte ich an Fred Buller, weil ich durch sein Buch “Domesday Book of Mammoth Pike” zum Jäger der Großhechte geworden bin. Doch davor hatte ich guten Kontakt zu Todd Sheldon, dem Inhaber der Firma Mepps, und seinem Sohn und Nachfolger Mike. Mitte der 1970er Jahr korrespondierte ich regelmäßig mit Mitgliedern der Rapala-Familie, auch hatte ich guten Kontakt zu den Abu-Managern. In den nächsten Teilen dieser Serie werde ich sicher über diese Menschen berichten, nur noch etwas Geduld! In diesem ersten Beitrag will ich über die Person berichten, die mir beim großen Schritt vom Produktionschef in der Kunststoff-Industrie hin zum riskanten Beruf des freien Angelsport-Journalisten am meisten geholfen hat: über meine Frau!
Sie hält nichts vom Angeln!
Trotzdem hat sie wahrscheinlich mehr Meterhechte, große Forellen und Tigerfische gefangen, als so mancher halbherzige Sportsfreund. Tine, offiziell heißt sie Catharine, wusste vom allerersten Abend, an dem wir uns getroffen haben, dass ich ein leidenschaftlicher Angler bin. Das geschah folgendermaßen: Ich fischte am Abend eines 13. Julis an der Ringvaart von De Beemster in der Nähe meines Geburtsortes De Rijp auf Aal. Es wehte ein strammer Nordwind und die Aale waren nicht aktiv. Um 20.30 Uhr stoppte ein Fahrradfahrer, es war ein guter Freund mit dem Spitznamen Pino. Er schlug vor, dass er sein Fahrrad beim Bauernhof am Deich abstellen könne, damit wir beide mit meinem VW-Käfer zur Kirmes nach Schermerhorn fahren können. Das sei eindeutig angenehmer, als 8 Kilometer lang gegen den harten Wind zu strampeln, dachte er sich. Ich kam ohne Probleme mit meinen Gummistiefeln und der Angeljacke in den Tanzsaal. Nach ein paar Bierchen zog ich meine Stiefel aus und forderte eine nette Dame zum Tanz auf. Was dann folgte, ist Geschichte. Nun, 48 Jahre später, bin ich noch immer froh, dass ich damals auf Socken getanzt habe.
Vom ersten Abend an habe ich probiert, Tine für mein großes Hobby zu begeistern. Für sie war Wasser das Medium, um im Sommer darin zu schwimmen. Im Winter war es nur noch zum Schlittschuhlaufen gut. Ich habe einige Male versucht, sie an einem schönen Sommerabend mit in die Polder zu nehmen, aber sie hatte immer besseres zu tun. Wir wohnten zuerst ein paar Jahre in De Rijp, aber 1971 zogen wir wegen meiner Arbeit nach Bovenkarspel. Zu dieser Zeit war ich vor allem als Wettangler aktiv, ich wurde einige Male Vereins- und sogar Verbandsmeister. In unseren Sommerurlauben fischte ich viele Stunden auf dem Ossiachersee in Österreich, im kommenden Sommer werden wir zum 48. Mal dorthin fahren.
Im Frühjahr 1975 fuhren wir mit unseren drei Kindern nach Clifden in Irland, wir verliebten uns in die grüne Insel. Tine verliebte sich, wegen der unberührten Natur und der freundlichen Menschen, ich wegen der vielen Angelmöglichkeiten. Wir sind in der Folgezeit noch viele Male auf Irland gewesen, um zusammen zu wandern und mit dem Rad zu fahren, und um auf Lough Mask und Corrib zu fischen. Ende der 1970er Jahre reisten wir auch nach Jütland, nach Mittelschweden und sogar nach Lappland. Da packte ich einiges an Angelzeug ein, dennoch waren es mehr Familienurlaube als Angelreisen.
In Amerika kam die richtige Idee
1979 schenkte mir Sandy Leventon, der Chefredakteur der Zeitschrift “Angling”, ein Exemplar des “Domesday Book of Mammoth Pike”, weil ich ihm geholfen hatte. Ich verschlang dieses Buch regelrecht, so wie ein Großhecht ein dickes Rotauge herunterschlingt, und schickte einen Brief mit Informationen über 40 kapitale Hechte über 35lb (16,2 Kilo) an den Autor Fred Buller. Auf seine Frage, ob ich ihm weiterhin bei der Suche nach Großhechten helfen wolle, antwortete ich vollmundig mit “ja”.
Ich kaufte mir eine einfache Schreibmaschine, räumte mir ein Eckchen auf dem Dachboden frei, damit meine Familie nicht durch mein Getippe gestört wurde, und schickte Briefe an Redaktionen und Angelsportfirmen. Das Eine ergab das Andere. Dann besuchte ich Fred Buller, man forderte mich auf, Artikel über Großhechte zu schreiben und der Wunsch kam auf, einen Job in der Angelwelt zu finden. Schnell kam ich zu der Schlussfolgerung, dass man nur von Artikeln für Angelzeitschriften, vielleicht auch einmal mit der Veröffentlichung eines Hechtbuches, keine Familie mit drei heranwachsenden Kindern ernähren werden könne. Über meinen guten Job in der Kunststoff-Herstellung konnte ich nicht klagen, trotzdem wurde mein Verlangen, in der Angelsportbranche zu arbeiten, immer größer.
Ich kann mich noch gut an ein Gespräch mit Fred Buller und Richard Walker im Haus von Fred erinnern, bei dem die Frage aufkam, warum ich meine Kenntnis des europäischen Angelsports nicht versilbern wolle? Kurz danach erhielt ich eine Einladung, um einen Vortrag über europäische Großhechte auf dem International Musky Symposium in LaCrosse, Wisconsin, USA, zu halten. Ich nahm die Einladung an, meine Frau kam auch mit, und im April 1984 flogen wir über den Atlantik, ein tolles Erlebnis. Ich traf viele wichtige Persönlichkeiten, die demnächst hier vorgestellt werden. Aber viel wichtiger war die Idee, die ich während einer der letzten Nächte im Radisson Hotel bekam.
Ich weckte meine Frau auf und erzählte ihr, dass ich eine Formel gefunden habe, die es möglich machte, ohne allzu viel Risiko als selbständiger freier Berater und Journalist zu arbeiten. Ich freute mich sehr über ihre positive Antwort. Sie versprach mir, dass sie den buchhalterischen Teil meiner Idee übernehmen werde. Ich weiß ganz genau, dass ich ohne ihre Zustimmung und Mitarbeit diesen Schritt nie gegangen wäre.
Bei Gesprächen mit Angelgerätefirmen auf diesem Symposium merkte ich, dass amerikanische Hersteller sehr wenig oder nichts über den europäischen Markt wissen. Meine Idee war folgende: Ich wollte fünf Firmen, für jeden Werktag eine, als Europa-Berater bei Vertrieb, Marketing, Produkt-Entwicklung und -Tests unterstützen. Alles natürlich gegen eine feste Vergütung, aber alles auf der Basis von “no cure, no pay” – wenn es nichts nützt, dann muss auch nichts gezahlt werden. Zurück in den Niederlanden arbeitete ich diese Idee weiter aus und am 1.1.1985 begann ich meinen Traumjob mit dem Firmennamen “The Pike Ferret”.
Das Geschäft floriert
Die Besuche von Messen, beispielsweise EFTTEX, AFTMA Show, AIPO und ANSPO, bescherten mir noch mehr Kontakte. Weil die EFTTEX zu dieser Zeit in Amsterdam stattfand, führte Tine die Manager-Frauen der Firmen, für die ich arbeitete, durch die Stadt. Durch diese persönlichen Kontakte wurde sie ebenfalls zu Angelmessen nach Las Vegas, Madrid, Chicago und Prag eingeladen. Natürlich erhielt sie dann auch von den Firmen, bei denen ich Berater war, Einladungen zu den europäischen Vertriebstreffen. Deshalb kam sie mit Marbella, Helsinki, Oxford und Florenz.
Natürlich wurden diese Zusammenkünfte immer auch mit dem praktischen Testen neuer Produkte kombiniert, so konnte sie unmöglich zugeben, dass sie nicht viel vom Angeln hielt. Manchmal konnte sie das Angeln mit ihrem Hobby Eislaufen verbinden, so etwa in Helsinki, oder mit dem Schwimmen, so im Okavango Delta in Botswana.
Als Europa-Korrespondent der großen amerikanischen Angelzeitschrift „The In-Fisherman“ erhielt ich viele Einladungen in den Norden Kanadas, um dort Lodges zu besuchen und dann darüber zu schreiben. Eine dieser Einladungen erhielt ich von Bill Bennett, Eigentümer der Nueltin Lake Fly-In Lodge, der ersten Lodge mit Catch & Release-Regelung. In der Einladung hieß es: „Nimm vor allem deine Frau mit, wir haben ein schönes Programm für sie vorbereitet.“ Neben Flügen mit dem Wasserflugzeug zu abgelegenen Camps, Wasserfällen und kleinen Flüssen voll mit Arktischen Saiblingen wurde auch mit einem Guide auf dem mehr als 100 Kilometer langen Nueltin-See gefischt.
Um es für Tine nicht zu allzu schwierig zu machen, schleppten wir mit schweren Blinkern. Wenn Sie den Biss an der Rutenspitze nicht bemerkte, dann war da immer noch der Angelguide Napoleon, der dann etwas mehr Gas gab und den Hecht so hakte. So machte er es auch einen Tag später, als wir mit Downrigger auf Namaycush-Saiblinge (sea trout) fischten und bei einem Biss die Schnur ganz locker wurde, was Tine verwirrend fand. Trotzdem erhielt sie eine Urkunde für eine fast 100 Zentimeter lange „sea trout“ aus Manitoba. Auf meine Frage, welchen Angeltrip sie am schönsten fand, schwankte sie zwischen der Reise nach Südafrika und Botswana und unserer Tour in den äußersten Norden von Norwegen und Finnland. Im Okavango fing sie Tigerfische und Buntbarsche. Wir sahen Affen, Nilpferde und viele tropische Vögel.
Am 12. September 2001, einen Tag nach “nine eleven”, flogen wir auf Einladung des Finnischen Tourismus-Verbandes nach Ivalo, eine Stadt nördlich des Polarkreises. Wir sollten unsere ehrliche Meinung über ein neues Angelurlaubs-Angebot der Kakslautanen Lodge am sehr großen Inari-See abgeben. Wir erhielten die Möglichkeit, eine Dependance der Lodge im Dörfchen Bygenäs an der Barentssee zu besuchen. Eine Erfahrung! Wir konnten mit einem Berufsfischer, der mit Handleinen auf Kabeljau fischte, aufs Meer hinaus fahren. Ich hatte nur eine Spinnrute mit dabei und kleine Blinker. Wir nahmen ein paar Fische fürs Abendessen mit, sie schmeckten vortrefflich. Das Nordlicht machte später am Abend diesen Tag unvergesslich.
Haus am Wasser
Geschäftlich lief es weiterhin gut. Der Dollarkurs fiel, wodurch sich der Export von amerikanischem Angelgerät nach Europa gut entwickelte, die Umsätze stiegen. So realisierten wir uns einen weiteren Traum: ein Haus am Wasser. Nun konnte ich mit meinem Boot auf den Poldern schleppen, meine Enkelkinder konnten vom Steg aus Weißfische fangen, im Garten konnte ich Aale räuchern. Tine fuhr im Winter 1992/93 rund ums Haus mit den Schlittschuhen über den Poldergraben, in schönen Sommern ist sie in den gleichen Gräben geschwommen. Sie ist sicher kein so verrückter Angler wie ich, das ändert aber nichts daran, dass ich sie seit nun 48 Jahren als meinen besten Fang betrachte. Tine ist froh darüber, dass ich in diesem Fall nicht auf Catch & Release bestanden habe.
Jan Eggers