Austrocknende Salzseen sind eine bisher unterschätzte Quelle von Treibhausgasen, die im Zuge des Klimawandels weiter zunehmen könnte.
Das zeigt eindrucksvoll eine Studie des amerikanischen Royal Ontario Museum (ROM) mit dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) am austrocknenden Seebett des Great Salt Lake in Utah, USA: Im Jahr 2020 wurden dort 4,1 Millionen Tonnen Kohlendioxid und andere Treibhausgase freigesetzt. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift One Earth veröffentlicht.
Salzseen liegen meist in Trockengebieten oder Wüsten, so dass durch die hohe Verdunstung der Gehalt an Salzen und Mineralien im Wasser ständig zunimmt. Durch den Menschen verursachte Klimaveränderungen und Eingriffe wie Wasserentnahmen können den Wasserstand stark verringern und die Versalzung zusätzlich beschleunigen. So trocknen bekannte Salzseen wie der Aralsee, der Urmia-See, das Kaspische Meer oder das Untersuchungsobjekt dieser Studie, der Great Salt Lake, zunehmend aus.
Zunehmende Austrocknung des Großen Salzsees in Utah, USA: 7 Prozent mehr Treibhausgasemissionen für den Bundesstaat
„Durch die vom Menschen verursachte Austrocknung des Großen Salzsees werden große Flächen des Seebodens freigelegt und enorme Mengen an Treibhausgasen in die Atmosphäre freigesetzt“, sagt Soren Brothers, Leiter des Forschungsprojekts und Allan and Helaine Shiff Curator of Climate Change am ROM. Um die durch Austrocknung austretenden Treibhausgase zu bestimmen, hat das Forschungsteam von April bis November 2020 die Kohlendioxid- und Methanemissionen aus den freiliegenden Sedimenten des Großen Salzsees gemessen und mit Emissionen aus wasserführenden Salzseen verglichen. Berechnungen auf Basis dieser Proben zeigen, dass der freigewordene Seeboden 4,1 Millionen Tonnen Treibhausgase in die Atmosphäre abgegeben hat, hauptsächlich in Form von Kohlendioxid (94 Prozent), was einem Anstieg der anthropogenen Treibhausgasemissionen in Utah um etwa 7 Prozent entspricht.
„Die Bedeutung der Austrocknung von Seen als Treiber des Klimawandels muss weiter erforscht und bei der Planung von Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels und dem Management von Wasserressourcen berücksichtigt werden“, betont Soren Brothers.
Je höher die Temperatur, desto mehr Treibhausgase werden freigesetzt
Die Messungen von Kohlendioxid und Methan wurden alle zwei Wochen mit einem tragbaren Treibhausgasanalysator am ausgetrockneten Seeboden durchgeführt. Um die räumliche Variabilität des Sees zu erfassen, der mit einer Fläche von 4.400 Quadratkilometern der größte Salzsee der westlichen Hemisphäre ist, wurden im Laufe des Jahres sieben Standorte am Südende des Sees wiederholt und drei weitere Standorte in einer dreitägigen Kampagne beprobt. Da Methan ein 28-mal stärkeres Treibhausgas ist als Kohlendioxid, wurde der Einfluss dieser Emissionen auf die globale Erwärmung in so genannten Kohlendioxid-Äquivalenten berechnet. Die Daten zeigen, dass die Treibhausgasemissionen aus dem ausgetrockneten Seeboden stark mit den wärmeren Temperaturen korrelieren – selbst an Stellen, die seit mehr als zwei Jahrzehnten ausgetrocknet sind.
Vor der Austrocknung hat der See kaum Treibhausgase freigesetzt
Um herauszufinden, ob auch der gefüllte See in der Vergangenheit eine bedeutende Quelle von Treibhausgasen war, führte das Forschungsteam Messungen der Treibhausgasemissionen im See in Ufernähe durch und analysierte selbst erhobene wasserchemische Daten sowie Datensätze von Behörden. Dies ergab, dass der ursprüngliche See keine bedeutende Quelle von Treibhausgasen für die Atmosphäre war, sodass der ausgetrocknete Seeboden tatsächlich ein neuer Treiber der Erderwärmung ist.
Der IGB-Forscher Dr. Tobias Goldhammer ist Biogeochemiker und Mitautor der Studie. Er erklärt den physikalisch-chemischen Prozess: „Wenn Salzseen durch höhere Verdunstung Wasser verlieren, steigt die Salzkonzentration an – teilweise höher als im Meer – und damit verändern sich auch die Lösungsgleichgewichte für Gase wie Kohlendioxid, welches sich in salzigerem Wasser schlechter lösen kann. Neben der steigenden Wassertemperatur ist das ein zusätzlicher Faktor, warum solche Seen weniger Kohlendioxid speichern können. Wir haben aktuelle und historische Messdaten zur Wasserzusammensetzung des Großen Salzsees mit geochemischen Modellen verglichen und den Austausch von Kohlendioxid zwischen Wasser und Atmosphäre abgeschätzt. Dabei kamen wir zu dem Ergebnis, dass der Wasserkörper in der Vergangenheit nicht wesentlich zur Freisetzung von Treibhausgasen beigetragen hat – und dies auch heute nicht tut, im Gegensatz zu den trocken gefallenen Bereichen. Erstaunlich war vor allem, dass selbst an den Untersuchungsstandorten, die schon seit längerer Zeit trocken liegen, noch eine starke Freisetzung von Kohlendioxid stattfindet.“
Da der Klimawandel den Wassermangel in Trockengebieten noch verstärkt, kann das Austrocknen von Flüssen und Seen zu einem gegenseitigen Verstärkungseffekt führen. Auch austrocknende Süßwasserseen setzen Treibhausgase frei…
-Pressemitteilung Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)-