Mitten in einem Dorf nahm bei Speed-Trolling auf einem Polder-Graben dieser schöne Zander den Rapala Super Shad Rap. Bild: Jan Eggers |
Scharfe Drillinge sind das Erfolgsgeheimnis beim Schleppfischen! Bild: Jan Eggers |
Diesmal verrät Jan Eggers, wie erfolgreich Speed-Trolling auf extrem flachen Poldergräben sein kann.
Vor allem werde ich über die allmähliche Entwicklung von langsamer zu schneller Schlepp-Geschwindigkeit, vom Einsatz tief laufender Wobbler in flachem Wasser und dem perfekten Abstand zwischen Kunstköder und Boot berichten. Das Trolling im Poldergebiet hat sich in den vergangenen 20 Jahren nämlich unheimlich verändert.
Alles begann mit Flachläufern
Im Teil IV dieser Serie habe ich davon erzählt, dass ich um 1995 meine erste Trolling-Tour im Poldergebiet mit Jan und Mart van Vliet auf dem Groote Vliet gemacht habe. Mart steuerte damals das ziemlich große Boot. Jan von Vliet und ich saßen jeweils an einer Seite des Bootes und schleppten. Wir hingen beiden einen Rapala J-11 an das Stahlvorfachen und schleppten den Köder etwa 15 bis 20 Meter hinter dem Boot. In der ersten Stunde fingen wir nur Müll und Wasserpflanzen und ich war froh, dass wir zur Sicherheit die Naturköderruten und lebende Rotaugen (1995 waren lebende Köderfische in den Niederlanden noch erlaubt) mitgenommen hatten.
Aber als Mart etwas später in einen Seitengraben einbog, hörte ich Jan van Vliet “Bingo” rufen und ich sah, wie sich ein 70er Hecht an der Oberfläche drehte. Ein denkwürdiger Moment und der Beginn einer neuen Hechtangelmethode für die Polder, die hunderte große und kleine Hechte ins Boot brachte und noch immer bringt.
Weil der erste Hecht an der Uferkante gebissen hatte, beschlossen wir, mit beiden Ruten unmittelbar den Uferbereich abzuschleppen. Wir konzentrierten uns auch mehr auf die Poldergräben zwischen den Dörfern Onderdijk und Wervershoof. Dort fingen wir an diesem Tag noch acht weitere Hechte, zusätzlich hatten wir noch einige Fehlbisse.
Mart van Vliet begriff an diesem Tag sofort, dass es da ein großes Potential für einen Bootsverleih geben könnte. Viele Angler könnten so diese bequeme, aber sehr effiziente Methode der Hechtangelei ausprobieren. Die Neuigkeit, dass man beim Schleppen gut Hecht und ab und zu auch Zander fangen kann, verbreitete sich schnell. Das führte dazu, dass lokale Angelguides wie Joop Kragt, Peter Nan und Frans Hendriks auch Trolling-Touren anboten. Doppelte Fangzahlen waren zu Anfang dieser neuen Methode normal.
Ich habe mal wieder in mein Angel-Tagebuch aus dieser Zeit geguckt und sechs Tage mit mehr als 20 Hechten pro Boot gefunden. Einen Toptag hatte ich zusammen mit Peter Nan am 7. November 1998, wir fingen zusammen 34 Hechte. Meine 22 Hechte an diesem Tag sind immer noch die höchste Anzahl, die ich an nur einem Tag in den Niederlanden fangen konnte. Auch kann ich die 23 Hechte nicht vergessen, die ich zusammen mit Gastangler Mart van de Bovenkamp in fünf Stunden Trolling in den Kanälen des Bungalowparks De Vlietlanden fing. Das war einmalig! Momentan ist es fast wieder möglich, solche Mengen an einem Tag zu fangen, aber darauf komme ich später noch ausführlich zurück.
Andere Kunstköder und Angelstellen
Weil ich viele Gäste des Bungalowparks zum Trolling mitgenommen hatte, lernte ich das ganze Gebiet des Polders De Vier Noorderkoggen, abgekürzt VNK, gut kennen. Alle Gräben im Gebiet Medemblik, Zwaagdijk, Oostwoud, Abbekerk, Lambertschaag, Twisk und Opperdoes stehen miteinander in Verbindung und haben zusätzlich einen guten Hechtbestand. Wenn man sich ein Boot mietet, mit dem eigenen Boot geht es natürlich auch, dann ist es einleuchtend, dass man sich eine genaue Gewässerkarte dieses ausgedehnten Gebietes zulegen muss.
In fand das Auskundschaften von neuen Stellen, vor allem an den kleinsten Dorfgräben, immer sehr interessant und spannend. Hechte gedeihen besonders gut, wenn sie vernachlässigt werden! Dieser Spruch gilt auch für die unscheinbaren Poldergräben. Ich erinnere mich noch an die erstaunten Gesichter von Angelgästen, wenn die unmöglichste Stelle einen schönen Hecht hervorbrachte.
Neben dem J-11 setzten wir in den ersten Jahren für etwas tieferes Wasser auch den J-13 ein, hinzu kamen noch schwimmende Flachläufer von Salmo, Nils Master, Storm, Abu und Mann’s. Mit allen Modellen fingen wir beim Schleppen in den oft kaum einen Meter tiefen Poldergräben Hechte, auch leichte Schlepplöffel, Gummifische, Bleikopf-Spinner und sogar Spinnerbaits brachten Fisch.
Für diese Art der Fischerei setzten wir Baitcaster-Ruten von 210 bis 240 Zentimetern Länge und einem Wurfgewicht von 25 bis 40 Gramm ein. Auf den Spulen der Linkshand-Multis von Shimano oder Abu hatten wir 28er Power Pro mit einer Tragkraft von über 20 Kilo aufgespult. Ein mindestens 20 Zentimeter langes, nylonummanteltes Stahlvorfach komplettierte die Ausrüstung.
Ich muss hier bekennen, dass ich lieber vom Ufer aus mit Kunstködern fische. Aber weil wir zu dieser Zeit so enorm gut beim Trolling fingen und total neue, zuvor unerreichbare Stellen inmitten der vielen Dörfer befischen konnten, angelte ich damals mehr vom Boot aus. Vor allem in den kalten Wintermonaten zieht es die Hechte in den bebauten Siedlungsbereich. Auch die Futterfische wandern in die wahrscheinlich wärmeren Poldergräben zwischen den Häusern. Um die Köderfischschwärme herum fingen wir oft mehrere Hechte zugleich, wenn wir mit mehreren Anglern im Boot saßen. Aber diese Beißorgien wurden mit der Zeit immer seltener. Wir sahen nach und nach immer mehr Nachläufer, die dem Kunstköder nur noch bis zum Boot folgten, ohne zuzupacken.
Dann machte ich im Schraubenwasser des Motors, unmittelbar hinter dem Boot, eine interessante Beobachtung. Regelmäßig sahen wir, wie Futterfische im flachen, durch den Propeller stark aufgewühlten Wasser aus dem Gleichgewicht gerieten und umhergewirbelt wurden. Oft wurden sie dann vor unseren Augen von einem Hecht gepackt.
Mit Tiefläufern schnell schleppen, direkt hinter dem Boot
Durch dieses Verhalten der Hechte erkannten wir, dass Hechte selbst an sehr selten befahrenen Gräben keinerlei Angst vor der Schraube eines Außenborders haben. Im Gegenteil, sie nutzen die Turbulenzen sogar zu ihrem Vorteil.
Wir versuchten mit Flachläufern im weiß schäumenden Schraubenwasser zu schleppen, ohne Erfolg. Die Wobbler brachen immer aus, vor allem nach oben. Dann probierten wir Tiefläufer wie den Ernie, den Salmo Perch oder Rapalas mit großer horizontaler Tauchschaufel aus. An nur zwei Metern Schnur zwischen Rutenspitze und Köder liefen die Köder unmittelbar hinter dem Boot genau in der richtigen Tiefe. Und noch viel wichtiger: Wir fingen auch Hechte damit! Beim Experimentieren bemerkten wir, dass eine höhere Schleppgeschwindigkeit den Ködern noch mehr horizontale und vertikale Aktion verlieh. Ein Hecht muss sofort zugreifen, wenn ein Köder mit 5 km/h im schäumenden Schraubenwasser an ihm vorbeimarschiert. Wir bekamen unglaubliche Bisse, vor allem durch besonders forsche Hechte. Die Bremse der Rolle muss dann richtig eingestellt sein und die Rute sich in einem sehr stabilen Rutenhalter befinden. Am besten hält man die Rute aber immer in der Hand.
Wie oft ich von Guiding-Gästen die Sätze “Fahren wir nicht zu schnell?” oder “Mit dem Tiefläufer hängen wir gleich am Grund fest” zu hören bekommen habe, weiß ich nicht mehr. Aber als sie etwas später ihren ersten Hecht beim Speed-Trolling gefangen hatten, bestätigten sie meinen Wahlspruch: “Wer fängt, hat Recht!”
Über diese besondere Art des Trollings sprach ich auch mit der FISCH & FANG-Redaktion. Ich spürte natürlich einige Skepsis. Ich freute mich dann aber sehr, als man mit mir für die Heft-DVD einen Film drehen wollte. An einem sehr sonnigen Oktobermorgen starteten wir beim Café De Paus in Lutjebroek und die Hechte zeigten sich von ihrer besten Seite. Nur vier Stunden später mussten wir abbrechen, weil die Batterien der Filmkamera leer waren. Wir hatten bereits 16 Hechte gefangen und auf Film gebannt.
Historische Aufnahmen mit Jan Eggers aus dem Jahr 2006:
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Das schnelle Speed-Trolling habe ich auch mit viel Erfolg auf größeren und tieferen Gewässern ausprobiert. Und ich kann ganz klar sagen, dass ich beim schnelleren Schleppen mehr fange als bei der langsamen Variante.
Ich wohne direkt am Wasser und sehe viele Angler vorbeifahren. Die meisten Schleppangler fahren in meinen Augen zu langsam und fischen mit zu kleinen Flachläufern. Schnelles Schleppen bedeutet auch, dass man in weniger Zeit mehr Strecke abfischen kann. In den Niederlanden sagen wir: “Snoeken is zoeken”, Hechtangeln heißt Hechte suchen. Dank der kurzen Schnur zwischen Spitze und Köder lässt sich der Wobbler genau an Schilf, Wasserpflanzen und Hindernissen vorbeisteuern. Verhängt sich Kraut an Drillingen oder Tauchschaufel, dann hebt man den Wobbler kurz aus dem Wasser, befreit ihn von Unrat und setzt ihn in Sekundenschnelle wieder ins Schraubenwasser – ohne eine Kurbelumdrehung der Rolle.
Angeldruck und verblinkerte Hechte
Die Schattenseite dieser erfolgreichen Methode sieht folgendermaßen aus: Viele Hechtangler, darunter vor allem viele Jungangler, fahren inzwischen zum Trolling hinaus. Der Angeldruck an manchen populären Strecken war und ist enorm. Ein Praxisbeispiel zur Verdeutlichung: Ich wohne an der Kreuzung von zwei hechtreichen Gräben und habe dort beim Schleppen vor elf Jahren einen 105-Zentimeter-Hecht mit einem Rapala SSR gefangen. Im vergangenen Jahr zählte ich an einem schönen Sonntagmorgen im November nicht weniger als 13 Boote mit meist jeweils zwei Anglern, die ihren Kunstködern Schwimmunterricht gaben. Die meisten Angler hatten nichts gefangen, die wenigen Hechte, die gefangen wurden, waren klein, zwischen 35 und 55 Zentimetern lang.
Vor allem die größeren Hechte, die sicher schon mal einen Haken gespürt hatten, gingen nicht mehr an die Köder. Wir nennen das in den Niederlanden „Dressur“, in Deutschland spricht man von verblinkerten Hechten. Die großen Hechte sind immer noch anwesend, denn vor allem mit totem Köderfisch werden sie in den Wintermonaten dann doch noch gefangen.
Eine andere Möglichkeit, um die Dressur zu durchbrechen, ist das Schleppen mit ungewöhnlichen, selten eingesetzten oder komplett neuen Kunstködern. Ich habe mit großen Gummifischen, Aal-Imitationen, aggressiven Jerkbaits, großen Bucktail-Spinnern und Spinnerbaits hier in meinen Poldern dann doch noch gefangen. Solange das Trolling so populär und der Angeldruck weiterhin so hoch bleibt, müssen wir auch in Zukunft mit dem Phänomen der “gebildete Hechte” rechnen. Sehr wahrscheinlich werden mit der Zeit das Interesse am Trolling und der Angeldruck an den populären Strecken abnehmen. Dieses Auf und Ab der Angeltrends habe ich schon öfters beobachten können.
Zum Schluss möchte ich den Lesern noch einen Tipp verraten, wie man in stark befischten Gewässern beim Trolling doch noch erfolgreich sein kann. Im vergangenen Jahrhundert hatte ich als Vorsitzender des SNB regelmäßig Kontakt mit Vic Bellars, Martyn Page und Dave Plummer vom englischen Pike Anglers Club. Diese Hechtangler wohnten und fischten in den Norfolk Broads und schleppten im Flüsschen Bure. Vor allem rund um das Städtchen Wroxham waren die Hechte durch negative Erfahrungen sehr weise geworden und nur noch schwer zu fangen. “Warte nur bis es dunkel wird”, verriet mir Vic Bellars. Die Hechte waren dort tagsüber, als die meisten Angler aktiv waren, sehr passiv geworden. Sie wurden erst mit der Dunkelheit aktiver. Das war für mich eine wichtige Erfahrung, die ich danach auch in den Niederlanden erfolgreich ausprobieren konnte. Nun genug über das Trolling in den Poldern! Im nächsten Teil beschäftigen wir uns mit der Jerkbait-Fischerei im Poldergebiet. Besonders in der kalten Jahreszeit kann man mit Jerkbaits viel Freude haben, aber noch etwas Geduld…
Jan Eggers