Ein dreißig Jahre jüngerer Jan Eggers, der diesen Musky beim Trolling in Amerika erwischen konnte. Bilder: Jan Eggers |
In den Poldern hat der Schleppangler hunderte Kilometer Gewässerstrecke zur Verfügung. |
Ein kleiner Hecht aus der Schermer Ringvaart. Im Hintergrund drei Windmühlen aus dem Jahr 1620, die das Schermer Meer trocken gepumpt haben. |
Im vierten Teil unserer Polder-Serie geht es um das Schleppfischen, eine Methode, die auch auf den sehr flachen Gewässern Nordhollands sehr erfolgreich sein kann.
In diesem Teil wird nicht vom Ufer aus gefischt, diesmal rücken wir den Hechten vom Boot aus auf die Schuppen. Bootsangeln im Polder-Gebiet ist mir durchaus geläufig. Vor ungefähr 65 Jahren bin ich schon mit dem Ruderboot eines lokalen Hechtanglers, für den ich immer die Köderfische fing, im Eilandspolder rund um mein Geburtsdorf De Rijp umhergepaddelt. Von der Spitze des Bootes wurde damals der Köderfisch an einer vier bis sechs Meter langen Bambus-Rute entlang des Ufers angeboten, vorzugsweise an Schilfgürteln.
Als ich etwa zwölf Jahre alt war, fuhr ich alleine mit dem leichten Holz-Ruderboot meines Onkels Janus auf den Poldergräben. Ich ruderte damals durchaus 15 bis 20 Kilometer pro Tag, wusste ich doch, dass man vor allem an den abgelegenen Stellen die größten Hechte erwarten darf.
Denke ich an diese Zeit zurück, werde ich richtig nostalgisch. Ich versuche mir vorzustellen, wie ich damals mit den Geräten von heute wohl gefangen hätte… Ich würde natürlich wieder vom Boot aus fischen, diesmal aber mit einem Außenborder. Den Köderfisch würde ich gegen Kunstköder eintauschen, letztere würde ich dann hinter dem Boot herschleppen. Kurz gesagt: Trolling, wäre meine Methode der Wahl!
Trolling – was für faule Angler, aber effektiv
Wann ich die obenstehende Überschrift zu ersten Mal gehört habe, weiß ich nicht mehr. Ich weiß aber, dass ich diesen Satz im Wesentlichen unterschreiben kann. Viele Hechtangler haben beim Schleppen ihre ersten schönen Hechte gefangen. Viele bezeichnen deshalb das Trolling als “die” Methode, um Freund Esox auf die Schuppen zu legen.
Ja, Bob Dylan hat es bereits gesungen: „The times they are a-changing“, Zeiten ändern sich. Trotzdem hat es ziemlich lange gedauert, bis das Trolling in den flachen Poldergräben so populär wurde wie heutzutage. Warum das so lange gedauert hat, lässt sich am besten anhand meiner eigenen Erfahrungen erklären.
Das Schleppfischen mit Kunstködern erlebte ich zum ersten Mal in den 1970er Jahren bei meinem jährlichen Sommerurlaub in Steindorf am Ossiachersee in Österreich. Wenn man dort ein Boot mit einer weißen Flagge fahren sah, dann musste man auf größeren Abstand achten, weil hinter dem Boot ein Wobbler oder Blinker geschleppt wurde. Ich hatte in dieser Zeit noch niemanden im Poldergebiet gesehen, der mit dieser Methode Hechte gefangen hat. Das steigerte mein Vertrauen in diese Angelart nicht gerade, obwohl mein österreichischer Angelkumpel Opa Weinhandel beim Trolling mit einem 18 Zentimeter langen Rapala Magnum nach spannendem Drill von zwei Stunden einen 175-Zentimeter-Waller landen konnte. Dieser Raubfisch nahm das leichte Angelboot viele Kilometer in Schlepptau, er landete aber schlussendlich doch in einem großen Eigenbau-Kescher. Ich habe diesen Drill mit meiner 8-mm-Kamera gefilmt, trotzdem spornte mich diese Erfahrung seinerzeit nicht an, einmal selbst das Trolling auszuprobieren.
Ab 1984 wird das Trolling populärer
Am 14. März 1984 wurde in Bovenkarspel-Grootebroek der SNB, die Snoekstudiegroep Nederland-België (Hecht-Studiengruppe Niederlande-Belgien), gegründet. Ich, Jan Eggers, wurde zum Vorsitzenden gewählt, mein guter Freund Bertus Rozemeijer wurde der Geschäftsführer. Ich fischte in dieser Zeit nicht nur viel mit Bertus, der etwa 35 Kilometer entfernt wohnte, ich nahm auch viele Einladungen von SNB-Mitgliedern in die niederländischen Provinzen Brabant, Limburg und Overijssel an. Auf den Flüssen Maas, Ijssel und Lek lernten wir Polderangler die Grundbegriffe des Trollings kennen, über tiefem Wasser natürlich, und so fing ich den ersten Hecht mit dieser Methode.
Im Mai 1984 wurde ich eingeladen, einen Vortrag über große europäische Hechte auf dem International Musky Symposium in LaCrosse, Wisconsin, USA, zu halten. Ich traf nicht nur Musky-Ikonen wie Dr. Ed Crossman, Larry Ramsell und Dr. John Casselman, ich erhielt auch von In-Fisherma-Chefredakteur Doug Stange eine Einladung. Nach dem Symposium sollte ich zusammen mit ihm auf Musky fischen. Wir fischten mit allerlei großen bis sehr großen Kunstködern, sowohl werfend, als auch schleppend. Ich erinnere mich noch gut daran, dass wir beim Schleppangeln vor allem Hechte fingen. Das gab mir mehr Vertrauen in die Methode. Ich nahm eine ordentliche Menge großer Wobbler, Jerkbaits und Bucktail-Spinner mit nach Europa. Ich gab einige Köder meinem Freund Bertus und der tat das gleiche damit, wie ich: nämlich nichts! Wir hatten einfach kein Vertrauen in die 25 bis 35 Zentimeter langen Holzstücke, mit mindestens drei enormen Drillingen.
Riesenköder am Besenstiel
Man musste diesen XXL-Kunstködern mit einer kurzen, 160 bis 190 Zentimeter langen Baitcaster-Rute Schwimmunterricht geben. Auf die Rute wurde eine Rechtshand-Multirolle mit mindestens 50lb-Geflochtener auf der Spule montiert. Bei einem Seminar in einem Hotel-Schwimmbad zeigten uns damals bekannte Musky-Spezialisten, wie man mit einem „Besenstiel“ diesen riesigen Kunstködern die richtige Aktion verleiht. Wir waren nicht begeistert von diesem schweren Gerät. Glücklicherweise kamen in den 90er Jahren leichtere Baitcaster-Rollen, Linkshand-Multirollen und enorm starke Geflochtene auf den Markt.
Beim Trollling auf den eben genannten Flüssen mit SNB-Mitgliedern von vor Ort lernte ich schnell die wichtigsten Eigenheiten wie Aktion und Tiefgang der damals populärsten Wobbler und Blinker kennen. Meine Top 3 zu dieser Zeit waren der Super Shad Rap von Rapala, der Swim Whizz, oder seine Imitation der Believer, und der Nils Master Invincible. Wir versuchten diese Köder so weit wie möglich hinter dem Boot zu schleppen. Wir gingen damals davon aus, dass die Hechte von der drehenden Schiffsschraube verscheucht würden. Unsere Schleppgeschwindigkeit war sehr langsam, vielleicht 3 bis 4 Stundenkilometer. Beim Schleppen hofften wir ständig, dass der Kunstköder nicht irgendein Hindernis am Grund hakte. Ein guter Köderretter war deshalb damals wie heute ein fester Bestandteil meiner Köderkiste fürs Schleppfischen. Ich verwende mit viel Erfolg den JaZa Kunstaas Redder oder den baugleichen Demon Lure Retriever.
Erst auf den Kanälen, dann in den Poldern
Den Schritt vom Schleppen auf den Flüssen zum Schleppen auf den Poldergräben habe ich nicht sofort gemacht. Im ersten Teil dieser Polder-Serie habe ich darüber berichtet, wie viele frühere Seen eingedeicht und trockengelegt wurden. Um die Deiche verläuft ein Ringkanal, in die das Wasser gepumpt und dann schlussendlich Richtung Ijsselmeer und Nordsee abgeleitet wird. Die Ringkanäle und großen Entwässerungskanäle nennen wir “boezemwateren” (wörtlich übersetzt: Vorhofkanäle). Sie sind im Schnitt 1 bis 1,5 Meter tiefer als die Poldergräben. In diesen tieferen Gewässern wachsen viel weniger Wasserpflanzen und wir entdeckten schnell, dass diese größeren Entwässerungskanäle sehr gut zum Schleppfischen geeignet waren. Schnell kannten wir die Trailerstellen bei Avenhorn, Purmerend, Waarland, De Rijp, Oosthuizen, Ursem und Hoorn, dort konnten wir sehr gute Hechtgewässer befischen. Noch ein guter Tipp: Auf der Webseite von Sportvisserij Nederland findet man einen Bereich mit allen Trailerstellen (trailerhellingen) der gesamten Niederlande.
Interessant für uns war damals auch, dass auf diesen größeren Kanälen die Hechtsaison schon am 1. Juli eröffnet wurde, zwei Monate früher als in den meisten Poldergebieten. Inzwischen gibt es solche Unterschiede kaum noch, ab 1. Juli darf man praktisch in fast allen Gewässern auf Hecht fischen.
Schleppen im Schraubenwasser
Zwischen 1995 und 2010 habe ich vor allem in den Sommermonaten auf diesen größeren Kanälen geschleppt. Dort habe ich auch viele Dinge gelernt, die später beim Trollen auf den Poldergräben nützlich waren. Ich gebe einmal ein paar Beispiele: Es ist nicht notwendig, den Köder weit hinter dem Boot zu schleppen, auch bei nur 3 bis 5 Metern Abstand zur Schraube nimmt der Hecht den Kunstköder. Je näher man den Kunstköder am Schilfrand vorbeischleppt, desto höher ist die Chance auf einen Biss. Immer mit Kunstködern fischen deren Bewegungen man in der Rute spürt und vor allem an der Rutenspitze sieht. So erkennt man sofort, wenn sich Kraut an den Drillingen verfangen hat. Auch wenn das Schleppen mit zwei Ruten erlaubt ist, mache ich das nur sehr selten. Ich habe genug Arbeit mit dem Steuern des Bootes und der optimalen Präsentation des einen Kunstköders unmittelbar an der Uferkante. Wenn es im Juli und August richtig heiß wurde, dann schleppte ich vor allem am frühen Morgen oder späten Abend. Zu diesen Zeiten sind im Hochsommer die Hechte besonders aktiv. Brücken, Überführungen und Bereiche, an denen das überzählige Polderwasser in den Boezemkanal gepumpt wird, sind tolle Stelle, die ich stets intensiver befische.
Es kann passieren, dass man nur auf einem bestimmten Kanalabschnitt eine Vielzahl an Bissen, Fehlbissen und Nachläufern bekommt, weil dort die Hechte besonders aktiv sind. Dann heißt es, dass man diesen Gewässerbereich mehrere Male abschleppen muss.
Ich erinnere mich an einen Morgen, an dem ich mit meinem Angelfreund Joop Kragt den Ringkanal von de Schermer zwischen Ursem und Rustenburg abschleppte. Die Hechte waren damals nur aktiv auf einem etwa zwei Kilometer langen Stück zwischen den Brücken beider Dörfer. Wir haben diese Strecke fünf Mal abgeschleppt, also fünf Mal in die eine Richtung und fünf Mal wieder zurück. Wir fingen zusammen 14 Hechte, verloren und verpassten einen noch viel größere Anzahl. Die Hechte waren wie verrückt an diesem Morgen, wir haben bestimmt mehrfache Bisse von den gleichen Fischen gehabt.
Wer fängt, hat Recht
Es kann natürlich auch passieren, dass die Hechte nicht beißen und überhaupt sehr inaktiv sind – was macht man dann? Dann sollte ich möglichst ungewöhnlich Schleppen, etwa besonders schnell fahren, nicht häufig verwendete Kunstköder einsetzen, oder auch besonders große beziehungsweise kleine. So erinnere ich mich an einen Angeltag mit Jo und Andy Breker auf dem Kanal zwischen Avenhorn und Ursem. Stundenlang sahen wir kein Zeichen von Leben. Ich montierte eine 25-cm-Grandma und bat Bootsführer Jo, mit höherer Geschwindigkeit in der Mitte des sehr breiten Kanals zu fahren. Glaubt es oder nicht, nach nur fünf Minuten schlug die Spitze meiner Baitcaster-Rute mehrfach aus. Die Ratsche meiner Rolle kreischte aus voller Brust und ich dachte an einen Hänger am Grund. Aber Hänger am Grund, die sich bewegen, gibt es nicht! Kurz danach begann der Drill eines Meterhechtes von 109 Zentimetern. Das Genannte lehrt mich und festigt meine Meinung: “Wer fängt, hat Recht!”
Nachteile der Angelei auf diesen größeren Kanälen sind der Transport des Bootes auf einem Trailer und das Slippen. Dadurch geht immer Netto-Angelzeit verloren. Viel lieber möchte ich in das Angelboot im Graben hinter meinem Haus klettern und einen Großteil der 800 Kilometer Poldergräben im Dreieck Hoorn –Enkhuizen – Medemblik vom Boot aus befischen. Damit begann ich aber erst in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre. Ich schlug den Brüdern Jan und Mart van Vliet vom Bungalowpark “De Vlietlanden” vor, das Schleppen auf dem Poldersee De Groote Vliet einmal auszuprobieren. Gleich der erste Versuch war ein großer Erfolg. Wie es danach weiterging, verrate ich im nächsten Teil. Noch etwas Geduld!
Jan Eggers