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Auf der Jagd nach Riesenhechten, Teil 7

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Bild: Jan Eggers
Nur die Länge zählt: Dieser 137,5-cm-Esox von T. Kurver gilt heute als Niederländischer Rekordhecht. Bild: Jan Eggers
Bild: Jan Eggers
F. Deboevere mit seinem belgischen Hecht von 130,5 Zentimetern Länge. Bild: Jan Eggers
Bild: Jan Eggers
Luc Coppens und sein 133,6-Zentimeter-Hecht, 2001 bis 2003 der Belgische Rekord. Bild: Jan Eggers
Bild: Jan Eggers
Der heutige Belgische Rekordhecht: L. De Geyeseleer erwischte seinen 136-Zentimeter-Esox im Hochsommer. Bild: Jan Eggers

Auch in unseren Nachbarländern schwimmen Riesen herum: Hecht-Detektiv Jan Eggers berichtet diesmal über die größten Räuber aus den Niederlanden und Belgien.

Beim Stöbern in meiner 30 Jahre andauernden Korrespondenz mit Fred Buller, kam mir ein besonderer Brief in die Finger. Damals fragte ich Fred, wie schwer der 137,5 Zentimeter lange Niederländische Rekordhecht gewesen sein kann, den W. Geestman 1978 gefangen hatte? Sicher gibt es jetzt Leser, die sich erstaunt fragen, wie das sein kann: ein Rekordhecht, von dem man das Gewicht nicht kennt!?

Die Erklärung ist einfach: In den Niederlanden ist nicht der schwerste, sondern der längste Fisch jeder Art der Rekordfisch. Ich habe bisher noch nicht herausfinden können, warum die Niederlande hier eine Ausnahme bilden von der in Europa allgemein üblichen Regel, dass das schwerste Exemplar der Rekord ist. Auch im Nachbarland Belgien ist der längste Hecht der Rekordhecht, nur gibt es dort auf dem Gebiet der Registrierung von Rekordfischen wenig Aktivität.

Bei diesem Rekordhecht von W. Geestman bezweifelt Jan Eggers angegebene Länge und Gewicht. Bild: Jan Eggers

Auf meine Frage, wie schwer der Niederländische Rekordfisch war, antwortete Fred Buller: zwischen 18 und 25 Kilo! Eine Antwort, die in mir großen Zweifel erweckte, denn einen Hecht mit diesem Gewicht hält man nicht so einfach mit einer Hand im Boot stehend hoch. Ich muss hinzufügen, dass ich die angegebene Länge und das durch Fred Buller geschätzte Gewicht damals immer mehr anzweifelte. Deshalb wird man verstehen, dass ich beim glücklichen Fänger weitere Informationen einholen musste. Das war aber nicht so einfach. Auf die vielen Briefe mit Fragen, die ich an seine Postadresse schickte, erhielt ich keine einzige Antwort. Das erstaunte mich doch, schickte ich doch in der Anfangszeit meiner Forschungen Dutzende Briefe pro Monat an Hechtangler, die einen kapitalen Fisch gelandet hatten. Alle reagierten fast ausnahmslos enthusiastisch auf meine Anfragen.

Ich erhielt aber auf einem Umweg Antwort auf meine Fragen, und das geschah wie folgt: Ich kannte einen engagierten jungen Hechtangler, der mich um Informationen über Großhechte für eine Schularbeit gebeten hatte. Ich versorgte ihn mit den notwendigen Infos und fragte ihn, ob er Lust habe, W. Geestman zu interviewen. Ich wollte ihm die Fragen formulieren. Der Plan funktionierte und ich erfuhr, dass der Hecht bei Zanderangeln auf dem Sloterplas in Amsterdam mit einem kleinen Rotauge gefangen worden war. Der Drill an der leichten Spinnrute mit 22er Mono und ohne Stahlvorfach dauerte ungefähr eine Stunde. Einer der Angelkollegen machte einige Fotos von diesem Hecht, der nachfolgend im Boot gemessen und zurückgesetzt wurde. Erwähnen muss ich noch, dass W. Geestmann am 5. Juni 1957 auch den Niederländischen Rekordkarpfen mit einem Gewicht von 22,650 Kilo gefangen hatte. Über diesen Rekord, bei Karpfen nimmt man auch bei uns das Gewicht als Maßstab, sind dutzende Jahre lang einige Diskussionen geführt worden, es gab da ziemliche Unstimmigkeiten. Die Diskussionen sind nun nicht mehr notwendig, denn inzwischen wurden längere Hechte und schwerere Karpfen gefangen. Über die größeren und schwereren Hechte werde ich nun etwas erzählen.

Berufsfischer fangen die Größten

Berufsfischer aus Schermerhorn mit 20-Kilo-Hecht. Bild: Jan Eggers

In meiner Jugend hatte ich gute Kontakte zu lokalen und regionalen Berufsfischern und auch später fuhr ich gerne mit ihnen aufs Wasser hinaus, wenn die Netze geleert werden mussten. Ich staunte dann immer über die großen Meterhechte, die wir mit der Angel nicht fangen konnten. Man muss bedenken, wie gering die Qualität der Angelgeräte zum Hechtangeln vor 50 bis 60 Jahren war. In Noord-Holland gingen die meisten Großhechte der Berufsfischer über den Fischgroßhändler Dil aus Akersloot am Alkmaarder Meer nach Frankreich. Ich hatte bereits Anfang der 1980er Jahre Kontakt mit der Firma Dil aufgenommen und gefragt, ob sie Daten über Hechte von über 18 Kilo haben. Viele „harte“ Informationen hatten sie nicht, aber sie hatten viel gehört von einem 21-Kilo-Hecht, den Berufsfischer S. Visser aus Lemmer, Friesland, im Jahr 1958 gefangen haben soll. Auch soll ein Berufsfischer aus Alkmaar Anfang der 1950er Jahre einen Hecht von 20 Kilo gelandet haben. Von diesem Hecht soll ein Bericht mit Foto in einer Angelzeitung veröffentlicht worden sein, aber ich konnte diesen Artikel damals noch nicht aufspüren.

Neben diesen Informationen hat mir der Großhändler auch noch etwas anderes zugesagt: Sie verwahrten mir von allen Riesenhechten den Cleithrum-Knochen. Den schickte ich dann zum Hechtprofessor Dr. Ed Crossman nach Toronto, der damit das Alter dieser Großhechte bestimmen konnte. Das Alter der Großhechte, die vor allem aus Noord-Holland stammten, lag nur bei 12 bis 14 Jahren.

Kommen wir zurück zum eigentlichen Thema. In einem Artikel in der Zeitschrift „De Visser“ fragte ich seinerzeit die Leser, ob sie weitere Informationen über diese beiden Hechte besitzen und möglicherweise den verschollenen Bericht über den 20-Kilo-Hecht aus der Gegend von Alkmaar gelesen haben. Bingo! Über meinen Kollegen Stef de Bruin erhielt ich einen Zeitungsausschnitt mit dem imposanten Hecht, den S. Visser am 5. Februar 1958 mit einem für Zander bestimmten Netz im Hafen vom Lemmer am Ijsselmeer gefangen hatte. Der Hecht hatte eine Länge von 128 Zentimetern, das Gewicht lag bei etwa 21 Kilo. Bei dem imposanten Bauchumfang dieses Laichhechtes glaube ich das sofort. Sehr zufrieden war ich auch mit einem Brief, den mir Herr von Bommel aus Amsterdam damals schrieb. Er hatte in der März-Nummer des Jahres 1951 der Zeitung „De Hengelsportwereld“ (Die Welt des Angelsports) auf Seite 114 ein Foto eines dicken 20-Kilo-Hechtes entdeckt. Er wollte mir eine Kopie des Fotos anfertigen lassen oder mit der Ausgabe bei mir vorbeikommen. Das Letztgenannte geschah und es wurde ein sehr interessanter Tag, weil wir beide Polderangler waren und zudem noch Angelbücher sammelten. Als van Bommer einige Jahre später starb, fand seine Frau im Nachlass ein Briefchen, auf dem stand, dass Jan Eggers die Angelbuchsammlung kaufen wolle, was dann auch passierte. Sehr interessant fand ich, dass dieser Hecht in der Ringfahrt von De Beemster gefangen wurde, kaum 6 Kilometer entfernt vom Dorf De Rijp, in dem ich zu dieser Zeit wohnte und fischte.

Während meiner Suche nach noch mehr Information und den Originalfotos, erfuhr ich, dass das Foto früher in einem Cafe vor Ort gehangen hat, aber nach einem Eigentümerwechsel verschwunden war. Jetzt muss ich noch verraten, dass ich in genau diesem Cafe in den 1960er Jahren meine Frau kennengelernt habe, sie ist immer noch mein bisher größter Fang…

Berufsfischer C. de Wolf mit dem Großhecht aus dem Duinmeer, die Reste der halb verdauten Karpfen sind noch zu sehen. Bild: Jan Eggers

Vom Vorstand der Angelsportvereinigung Amsterdam erhielt ich eine Einladung, Mitte November 1985 einen Diaabend zum Thema Großhechte abzuhalten. Das machte ich gerne, werden doch vor allem in den Baggerseen rund um die niederländische Hauptstadt viele Großhechte gefangen, doch darüber gleich mehr. An diesem Abend erhielt ich Informationen über einen der größten Hechte der Niederlande. Ein Exemplar von 138 Zentimetern und 21 Kilo, gefangen vom Berufsfischer C. de Wolff im Duinmeer beim Landgut Duin en Kruidberg zu Driehuis im Oktober 1975. Der Gutsverwalter hatte den Großhecht beim Rauben beobachtet. Der Berufsfischer versuchte den Hecht mit einem Netz zu erwischen, was auch rasch glückte. Der Hecht hatte teilweise verdauten Schuppenkarpfen von 6,5 Pfund in seinem Magen. Zuviel zu den großen Hechten, die von Berufsfischern gefangen wurden. Sie beweisen, dass durchaus Hechte über 40 Pfund in den Niederlanden herumschwimmen können.

Große Hechte rund um Amsterdam

Für das Wachstum der Stadt Amsterdam war immer viel Sand nötig, und der kam aus den vielen künstlichen Baggerseen, wie etwa dem Sloterplas oder dem Nieuwe Meer, Barndegat, Gaasperplas, Twiske und nicht zu vergessen den Vinkeveense Plassen.

Der Hecht von Willem Geestman kam aus dem Sloterplas, ebenfalls auch der Hecht von 19,245 Kilo und 132 Zentimetern, den R. Meijer im September 1983 fing, auf eine lebende Güster. Im Neovember 1981 hatte der Sportangler T. Faile einen Hecht von 136,2 Zentimetern im Gaasperplas gefangen. Dieser Fisch war in sehr schlechter Verfassung und brachte noch nicht einmal 15 Kilo auf die Waage. Diese Dame hatte ihren Zenit schon überschritten, möchte ich mal sagen.

W. Engelgeer mit seinem 20-Kilo-Hecht aus dem Barndegat, der Fisch wurde wieder zurückgesetzt. Bild: Jan Eggers

Den Mittwochmittag des 13. November 1985 sollte ich nicht so schnell wieder vergessen. Immer noch überrascht, schaue ich auf das Bild eines kapitalen Hechtes auf der Titelseite meiner bevorzugten Amsterdamer Tageszeitung „Het Parool“. Ein Hecht von 135,4 Zentimetern und einem Gewicht von 20 Kilo wurde damals im Barndegat gefangen, einem See in der Nähe des Coentunnels. Das Gewässer hat Verbindung mit dem Noordzee-Kanal. Sofort habe ich nach dem Lesen des Artikels Kontakt mit dem glücklichen Fänger W. Engelgeer und dem Fotografen der Tageszeitung, G. Verberne, aufgenommen. Ich sollte das Foto und ein Interview exklusiv bekommen, was dann auch geschah. Auch dieser Hecht nahm einen ursprünglich für einen Zander bestimmten Köderfisch und lieferte einen langen und vor allem spannenden Drill an einer leichten Zanderrute. Auf der Spule des kleinen Shakespeare Sigma-Röllchens war 22er Mono. Schlussendlich gelang es Nachbar und Angelkollege T. Smit das große Landenetz unter den Fisch zu führen. Engelgeer, der Asthmatiker war, konnte sich endlich erholen. Dieser Fisch war in diesem Augenblick der größte jemals mit der Angel gefangene Hecht aus den Niederlanden. Nach dem Messen, Wiegen und Fotografieren wurde dieser Hecht wieder schonend zurückgesetzt.

Ich erhielt auch Meldungen von großen Hechten über der 130-cm-Marke aus den großen Sand- und Kieslöchern, die etwas weiter von Amsterdam entfernt liegen, etwa De Wijde Blik, dem Spiegelplas und Jagersplas, auch das Alkmaardermeer und dem Plas Vechtem, die ich im ersten Teil schon erwähnt habe, weil dort zwei Mal der Abu-Hecht mit erst 17,5 und dann 18,5 Kilo gefangen wurde.

Informationsaustausch durch den SNB

Der Bruder von J. de Greef mit dem Hecht, der ein paar Jahre später einmal 20, 4 Kilo wiegen sollte. Bild: Jan Eggers

Durch die Gründung der Snoekstudiegroep Nederland-Belgie (Hecht-Studiengruppe SNB) im Jahr 1984 hat die Großhechtangelei auf großen Gewässern einen starken Impuls erhalten. SNB-Hechtangler probierten neue Methoden, Geräte und Gewässer aus. Ich war die ersten 20 Jahre Vorsitzender des SNB, so lernte ich verschiedene Mitglieder kennen, die Hechte gefangen hatten, die länger als 130 Zentimeter und schwerer als 18 Kilo waren. Sie setzten die Fische ganz bescheiden zurück, ohne damit in Tageszeitungen und Angelzeitschriften anzugeben.

J. de Greef mit dem gleichen Hecht seines Bruders. Vier Jahre später war der Hecht fast 5 Kilo schwerer. Bild: Jan Eggers

Polderangler, so wie ich, erhielten Einladungen, um mit bekannten SNB-Mitgliedern auf den großen Flüssen und Seen rund um das Ijsselmeer zu fischen. Im Internet, auf Facebook und anderen Sozialen Medien zirkulieren inzwischen Fotos und Fanggeschichten von sehr großen Hechten, die sicher in der Big-Pike-Liste aufgenommen werden könnten. Es kommt aber nicht dazu, weil sie nicht offiziell gewogen und zurückgesetzt wurden. Letzteres ist eine gute Sache, denn dann können diese Hechte erneut gefangen werden. Hier ein konkretes Beispiel: Ende 1991 fing der Bruder von J. de Greef aus Helmond einen Hecht von 124 Zentimetern und 15,4 Kilo in einem Baggersee an der Maas. Am 23. März 1995 fing der andere Bruder den gleichen Hecht mit einem Gewicht von inzwischen 20,3 Kilo und einer Länge von nur 127 Zentimetern. Eine wirkliche Schönheit! Der Fänger hat inzwischen glücklicherweise auch einen deutlich längeren, glaubwürdigen Niederländischen Rekordhecht gefangen, so auch T. Kurver der einen Hecht von 137,5 Zentimetern in den Plassen rund um Almere landen konnte.

D. Vermeeren mit seinem 131 Zentimeter langen Hecht aus Belgien. Bild: Jan Eggers

Weil das B in SNB für Belgien steht, machen wir noch einen kurzen Ausflug zu unseren südlichen Nachbarn. Auch dort werden kapitale Hechte von SNB-Mitgliedern gefangen. Noch vor 30 Jahren wurde jeder belgische Hecht in der Regel getötet. Einen Hecht dort zu fangen, war fast schon ein Wunder, waren die meisten Gewässer doch zu verschmutzt und kaum als Hecht-Lebensraum geeignet. Trotzdem konnte SNB-Mitglied D. Vermeeren in einem stark verkrauteten See bei Mechelen mit einer halben Makrele einen Hecht von 131 Zentimetern und 18,7 Kilo fangen und wieder zurücksetzen. Mein guter Freund F. Deboevere erwischte mit einem lebenden 25-cm-Barsch einen Großhecht von 130,5 Zentimetern und 20,4 Kilo, in der Wassersportbahn bei Gent. Der Belgische Hechtrekord war seit 2001 in der Hand des bekannten Raubfischanglers Luc Coppens, der einen Hecht von 133,6 Zentimetern fangen konnte. Der Rekord ist inzwischen verbessert worden. Seit September 2003 führt der Hecht von L. De Geyeseleer, der mit einem großen Gummifisch einen Esox von 136 Zentimetern überlisten konnte.

Jan Eggers

the.pike.ferret@hetnet.nl

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