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Arktis: Gewebeproben von Fischen gesammelt

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Mit diesem Spezial-Netz wurde unter dem Meereis gefischt. Foto: Jan van Franeker, IMARES
Mit diesem Spezial-Netz wurde unter dem Meereis gefischt. Foto: Jan van Franeker, IMARES

Lockeres Meereis, zigtausend Datenpunkte und Proben, überraschend viele Fische und Vulkanquellen – das sind die Eindrücke und Erträge, die ein internationales Forschungsteam jetzt von einer Polarstern-Expedition aus der zentralen Arktis mitbringt.

Das Forschungsschiff des Alfred-Wegener-Instituts wird nach gut viermonatiger Arktissaison am Sonntag mit dem Morgenhochwasser in Bremerhaven zurückerwartet. Einen aktuellen wissenschaftlichen Überblick der eurasischen und zentralen Arktis bringt die ArcWatch-2-Expedition mit in den Heimathafen der Polarstern, wenn der Forschungseisbrecher am Sonntag, den 13. Oktober 2024, planmäßig nach Bremerhaven zurückkehrt. Wissenschaftliche Expeditionsteilnehmerinnen und -teilnehmer aus 17 Ländern und 24 verschiedenen Instituten haben einen umfangreichen Datensatz erhoben, der die Bereiche der Atmosphäre, der Ozeanzirkulation, Meereisphysik, Geochemie und des Ökosystems umfasst. Die Daten werden nach der Fahrt genutzt, um die Veränderungen in der Arktis als Teil des globalen Ozean- und Klimasystems besser zu verstehen.

Gewebeproben von mehr als 80 Fischen

Ein Teil der wertvollen wissenschaftlichen Fracht sind hunderte Gewebeproben von über 80 Fischen. Mit Einsatz verschiedener Leinen, Netze sowie akustischer Methoden konnten Biologinnen und Biologen etliche Fische, Tintenfische und Garnelen in der Zentralarktis nachweisen. „Leuchtsardinen der Gattung Benthosema waren im Zentralen Arktischen Ozean omnipräsent“, berichtet AWI-Biologe Dr. Hauke Flores, der das Biologie-Team an Bord leitete. „Die unter 10 Zentimeter großen Fische und das Vorhandensein von Garnelen und Tintenfischen, die wir gefunden haben, sind ein Hinweis darauf, dass das Ökosystem rund um den Nordpol biologisch diverser ist als bisher angenommen“, sagt Hauke Flores als erste Einordnung der Ergebnisse. Zusammen mit Proben zur Verbreitung und Biodiversität mikrobischer und planktonischer Lebensgemeinschaften im Wasser und im Meereis liefern diese Daten eine wichtige Grundlage für das internationale Fischerei-Abkommen für die Zentralarktis (Central Arctic Ocean Fisheries Agreement – CAOFA). Dieses Abkommen fordert, wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen, bevor eine ökologisch nachhaltige Entwicklung der Fischerei in der Region in Betracht gezogen werden kann.

Das Forschungsschiff Polarstern macht Halt an einer arktischen Eisscholle. Foto: Alfred-Wegener-Institut/Thomas Kordes
Das Forschungsschiff Polarstern macht Halt an einer arktischen Eisscholle. Foto: Alfred-Wegener-Institut/Thomas Kordes

Veränderungen in der Zirkulation des Atlantikwassers

Prof. Dr. Benjamin Rabe, Leiter der ArcWatch-2-Expedition und Physikalischer Ozeanograph am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), sagt: „Wir hatten im langjährigen Vergleich eine ungewöhnlich lockere Eisbedeckung in der Zentralarktis, dabei aber ähnliche Bedingungen wie bei der letztjährigen ArcWatch-1-Expedition. Jetzt wird ein Schwerpunkt unserer Auswertungen sein, wie dies mit der ebenfalls untersuchten Atmosphäre und der Ozeanzirkulation zusammenhängt.“ Diese ist ebenfalls im Wandel, wie Dr. Céline Heuzé, Ozeanographin an der Universität Göteborg, berichtet: „Ein erster Blick auf die vorläufigen Temperatur- und Salzgehaltsdaten deutet darauf hin, dass es Veränderungen in der Zirkulation des Atlantikwassers gibt, wobei eine Analyse der vollständig kalibrierten Daten dies bestätigen muss.“

Verschiedene Spurenmetalle untersucht

Kombiniert werden die ozeanographischen Analysen mit einem weiteren Schwerpunkt der Reise: der Meereschemie. Diese Arbeitsgruppen sammelten beispielsweise Daten über Spurenmetalle, die auch für Meereslebewesen lebenswichtig sind. Das Team untersuchte zusätzlich menschliche Stoffeinträge, Kohlenstoff in seinen verschiedenen Verbindungen, sowie Nährstoffe und Umweltbelastungen wie z.B. Quecksilber. So können chemische Veränderungen im tiefen arktischen Ozean beurteilt werden, die von Satelliten nicht gesehen werden. Mehr als 20.000 Liter Wasserproben wurden hierfür genommen, erstmalig auch mit einem neuen, besonders reinen Beprobungssystem des AWI. Diese Proben erfordern nun zeitaufwändige Analysen an Land. „So können wir dann zum Beispiel sehen, wie historische Umwelteinträge sich noch ausbreiten – aber auch, wo die neuere Umweltgesetzgebung bereits zu stark verminderten Belastungen führt“, erläutert Dr. Walter Geibert, Geochemiker am AWI und Co-Fahrtleiter der Reise. Ein weiteres meereschemisches Highlight der Messungen war die Wolke einer vulkanischen Quelle in einem tiefen Bereich des Gakkelrückens, wo bisher vom AWI noch keine hydrothermalen Quellen aufgezeichnet wurden. Solche Quellen sind wichtige Eintragswege von Stoffen in den Ozean, allerdings waren aus der Arktis erst sehr wenige bekannt.

Dicke des Meereises gemessen

Das AWI-Meereis-Team an Bord außerdem auf der aktuellen Polarstern-Expedition Eisdickenmessungen mit den Bord-Helikoptern durchgeführt. „Es war nicht einfach, Wetterfenster für die elf Messflüge zu finden, denn insgesamt hatten wir aufsummiert nur vier Tage und sechs Stunden wolkenfreie Bedingungen, während wir durch das Meereis fuhren“, erzählt der AWI-Meereisphysiker Dr. Niklas Neckel. Nebel und Wolken sind dabei typisch für die sommerliche Arktis und sind wichtige Teile der Untersuchungen des Eis-Atmosphärenteams an Bord. Solche Bedingungen waren auch während eines Live-Streams von Bord zu sehen: Am 19. September konnten Interessierte auf dem AWI-YouTube-Kanal mit Forschenden chatten und die Polarstern am Nordpol aus Drohnenperspektive beobachten. Die wissenschaftlichen Drohnen wurden in einem Pilotprojekt primär zur Unterstützung der Navigation und Untersuchung der Eisoberfläche eingesetzt.

Die Polarstern war seit Anfang Juni auf insgesamt drei Expeditionen in der Arktis unterwegs. Im Juli und August fanden Hafenanläufe im norwegischen Tromsø und Longyearbyen auf Spitzbergen statt, um Personal auszutauschen, wissenschaftliches Gerät umzuladen und Proviant und Treibstoff an Bord zu nehmen.

-Pressemitteilung Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung-

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