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Algen statt Korallen

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Fischerboote am Strand der Insel Langkai: Die Fischerei in den umliegenden Riffen ist für viele Inselbewohner die Haupteinnahmequelle. Foto: Dominik Kneer, Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)
Fischerboote am Strand der Insel Langkai: Die Fischerei in den umliegenden Riffen ist für viele Inselbewohner die Haupteinnahmequelle. Foto: Dominik Kneer, Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)

Obwohl sie von geschädigten Korallenriffen umgeben ist, ist eine Riffinsel im indonesischen Spermonde-Archipel nicht geschrumpft, sondern weitergewachsen.

Riffinseln passen sich demnach an veränderte Umwelteinflüsse an, die ihre Riffe zerstören. Das legt eine neue Studie des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen nahe, die die Zusammensetzung der besiedelten Riffinsel Langkai vor Makassar untersucht und den Verlauf der Küstenlinie der Insel seit 1999 rekonstruiert haben. Neben dem ZMT waren Wissenschaftler der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover und des marinen Forschungszentrums an der Hasanuddin-Universität in Makassar, Indonesien, an den Untersuchungen beteiligt. Die Ergebnisse der Studie sind kürzlich im Fachmagazin Sedimentary Geology erschienen.

Die kalkigen Skelette und Schalen von Korallen, Muscheln, Schnecken und Kalkalgen sind wichtige Bausteine tropischer Riffinseln. Ihre Sedimente bilden die Substanz von Riffinseln und halten sie stabil oder lassen sie sogar wachsen – zumindest, wenn die sie umgebenden Riffsysteme gesund sind. Seit Jahrzehnten jedoch stehen Korallenriff-Ökosysteme unter dem Einfluss stark veränderter Umweltbedingungen – sei es durch den Klimawandel und den globalen Anstieg der Wassertemperaturen, der zu Korallenbleichen führt, oder lokale Eingriffe des Menschen in die Ökosysteme wie zum Beispiel durch intensive Fischerei.

Wie wirken sich die Beeinträchtigung oder die Schädigung von Korallenriffen auf die Produktion von kalkigem Sediment und damit auf das Verhalten von Riffinseln aus? Dieser Frage ging ein internationales Forschungsteam um Yannis Kappelmann, Doktorand in der Arbeitsgruppe Geoökologie und Karbonatsedimentologie am ZMT, in einer neuen Studie nach. Die Wissenschaftler fokussierten sich bei ihren Untersuchungen auf die Insel Langkai im indonesischen Spermonde Archipel vor der Küste von Makassar. In verschiedenen Studien aus den letzten Jahren wurde der Zustand der Riffsysteme rund um diese Insel vor Südwest-Sulawesi wiederholt als schlecht beschrieben. „Wir wollten wissen, wie sich diese starke Schädigung der Riffsysteme im Sediment der Insel niederschlägt“, sagt Kappelmann, Erstautor der Studie. „Können wir diese Riffveränderungen auch in der Zusammensetzung der Sedimente ablesen, und wird weniger Sediment für die Insel produziert?“

Korallen von kalkbildenden Grünalgen abgelöst

Um diese Fragen zu beantworten, entnahmen die Wissenschaftler mehr als 50 Sedimentkerne von der Insel, die sie im Labor auf ihre Zusammensetzung und die Veränderung durch die Zeit untersuchten. Das Ergebnis war zunächst wenig überraschend. „Tatsächlich haben wir in den Sedimenten, die sich im Laufe der letzten Jahrzehnte entlang der Küste von Langkai abgelagert hatten, weniger Skelettstücke von Korallen entdeckt,“ erklärt Kappelmann. „Deutlich größer war dafür der Anteil der kalkbildenden Grünalge Halimeda – ein Zeichen, dass die Riffe um Langkai infolge der veränderten Umweltbedingungen nunmehr von Algen dominiert werden.“

Algen sorgen für Inselwachstum

Besonders spannend wurde dieser Befund für die Forschenden allerdings, als sie mit Hilfe von Satellitenbildern die Veränderung der Küstenlinie von Langkai im Laufe der letzten 24 Jahre (1999 – 2023) auswerteten. „Diese Rekonstruktion zeigte, dass die Fläche der Riffinsel um insgesamt 13 Prozent angewachsen ist“, so Kappelmann. „Offenbar macht es zunächst keinen Unterschied für das Inselwachstum, ob Korallen- oder Algenskelette die Bausteine für das Sediment liefern. Inseln, die sich im Umfeld von veränderten Korallenriffen befinden – in diesem Fall Riffsysteme, die durch Algendominanz gekennzeichnet sind – können weiterhin ausreichend Sediment für ihre Küstenlinien aus diesen Ökosystemen beziehen.“ Das spricht demnach dafür, dass Veränderungen in der Zusammensetzung der Sedimente von Riffinseln nicht zwingend zu einer Destabilisierung der Inseln führen müssen.

Korallenriffe dienen als Wellenbrecher

„Die Studie unterstreicht die hohe Dynamik dieser Landformen“, so Hildegard Westphal, Leiterin der Arbeitsgruppe Geoökologie und Karbonatsedimentologie am ZMT und Professorin für die Geologie der Tropen an der Universität Bremen. „Degradierung von Riffen und ein verstärktes Wachstum kalkbildender Makroalgen wurden in den letzten Jahren weltweit beobachtet, ein Trend, der im Zuge der Ozeanerwärmung und anderer Stressfaktoren vermutlich anhalten wird. Unsere Erkenntnisse zeigen, dass die mittelfristigen Folgen dieser Entwicklungen für die Sedimentproduktion nicht negativ sein müssen. Das bedeutet aber ganz und gar nicht, dass sie keine negativen Konsequenzen für Riffinseln haben, denn Korallenriffe als Wellenbrecher verhindern langfristig die Erosion von lockerem Sediment entlang von Küsten. Verschwinden die Riffe, werden die Inseln sehr rasch abgetragen. Der Riffschutz bleibt daher ein zentrales Anliegen zur Erhaltung von Riffinseln.“

Yannis Kappelmann ergänzt: „In den vergangenen Jahren wurden von und mit der lokalen Bevölkerung bereits verschiedene Projekte entwickelt, um die marinen Ökosysteme zu schützen. Denn gesunde Korallenriff-Ökosysteme erhalten nicht nur Riffinseln am effektivsten, sondern liefern auch ertragreichere Fischgründe für die Menschen vor Ort.“

-Pressemitteilung Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung-

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