ANZEIGE

Offener Brief an den NABU

16673

Stellungnahme des Deutschen Angelfischerverbandes zur Veröffentlichung „Bundesregierung geht an den Haken, Anglerlobby will Verordnungen für Meeresschutzgebiete aushebeln“ des Naturschutzbundes Deutschland.

Berlin, 2.6.2017

Sehr geehrter Herr Ludwichowski,

mit Interesse hat der DAFV ihre Meldung vom 29. Mai über uns Angler gelesen.

Die organisierten Anglerinnen und Angler setzen sich für den Meeresschutz ein. Wir verfolgen nicht das Ziel, die “Verordnungen für die Meeresschutzgebiete“ auszuhebeln. Das würde ja bedeuten, dass das Angeln eines der Hauptprobleme der Ostsee sei. Will der NABU dies wirklich behaupten? Schadstoffeinträge, Plastikmüll, Munitionsaltlasten, bodenberührende kommerzielle Fischerei soll für die Ostsee alles kein Problem sein, sondern die Freizeitfischerei? Wir Angler wenden uns ausschließlich gegen die in den Verordnungsentwürfen enthaltenen pauschalen und nicht begründeten Angelverbote.

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) hat in seiner im November 2012 veröffentlichten Stellungnahme „Für einen wirksamen Umweltschutz – Fischereimanagement in Natura 2000-Gebieten in der deutschen AWZ“ festgestellt: „Ein verantwortungsvolles Management der Fischereiaktivitäten in den Schutzgebieten ist dabei die Grundlage für das Erreichen der Schutzziele in den Natura 2000-Gebieten.“ Der Sachverständigenrat hat keinerlei Empfehlungen zur Angelfischerei gegeben. Dennoch sollen laut den Verordnungen zu den Schutzgebieten in der AWZ nahezu ausschließlich die Angler reglementiert werden. Das ist nicht nachvollziehbar.

Der NABU fordert „nutzungsfreie Zonen“. Das Konzept der nutzungsfreien Zonen stammt aus dem Schutz von Landökosystemen. Ist dieses wirklich auch für marine Ökosysteme sinnvoll?

Dem NABU ist sicher bekannt, dass der Erlass der Verordnungen für die Schutzgebiete in der AWZ keinerlei Auswirkungen auf die kommerzielle Fischerei hat, die Fischerei mit grundberührenden Fanggeräten also davon in keiner Weise berührt ist, da die kommerzielle Fischerei in einem EU-Gewässer durch die EU geregelt wird. Das bedeutet, auch mit Angelverboten in den Schutzgebieten der AWZ gibt es keine Gebiete ohne Nutzung.

Der DAFV hat in allen Gesprächsrunden deutlich gemacht, dass wir uns dem Schutz der Ostsee verpflichtet fühlen, dass wir aber daraufsetzen, dass uns für die geplante Reglementierung des Angelns auch wissenschaftlich belastbare und nachvollziehbare Begründungen gegeben werden. Dieser Bitte ist niemand nachgekommen. Wir haben lange nach Quellen gesucht, in denen beschrieben wird, in welchem Ausmaß die Freizeitangelei sich negativ auf die Riffstrukturen in der Ostsee auswirkt. Leider ohne Erfolg.

Sie haben durchaus Recht, dass der Schweinswal die ausgewiesenen Gebiete durchschwimmt und durch seine Auflistung in den Anhängen der FFH-Richtlinie unter einem besonderen Schutz steht. Warum aber gerade der Angler in seinem Boot und nicht der Freizeitkapitän, der Segler, der Fischer oder ganz zu schweigen die kommerzielle Seefahrt eine besondere Gefährdung für den Säuger darstellt, wurde bislang nicht beantwortet. Nach Teilmann et al. (2008) durchschwimmen Schweinswale den Fehmarnbelt regelmäßig. Sein Vorkommen ist jedoch regional und saisonal schwankend. Es wurde argumentiert, dass die Nahrungszusammensetzung der Schweinswale zu 50 % aus Dorsch bestehe. Dies trifft jedoch nicht zu. Arbeiten über die Analyse der Mageninhalte der Kleinwale deuten auf ein opportunistisches Fressverhalten hin, mit einer deutlichen Vorliebe für Heringsarten (z.B. Börjesson et al. 2003, Jefferson et al. 1993, Read, 1999).

Der Dorsch ist kein Schutzgut der FFH Richtlinie und auch keine gefährdete Art

Der Dorsch wird gerne als Brotfisch der Ostsee bezeichnet und ist von besonderem Interesse für Angler und Fischer. Dass der Dorsch in den ausgewiesenen Lebensraumtypen vorkommt, ist nicht zu bestreiten. Er weist diese aber keineswegs aus. Der Dorsch ist kein Schutzgut der FFH-Richtlinie und auch keine gefährdete Art. Seine Bewirtschaftung wird über Quoten geregelt. Umso mehr verwundert es, dass auch Sie den Dorsch in ihren Ausführungen erwähnen. Der Lebensraumtyp 1170 „Fehmarnbelt“ wird über die Riffstrukturen und deren benthale Flora und Fauna definiert.

Vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) werden hauptsächlich epibenthische Schwämme, Hydrozoen, Echinodermaten und Benthosgemeinschaften als lebensraumprägende Arten genannt, aber nicht der Dorsch.

Die Anglerinnen und Angler haben ein ureigenes Interesse am Aufbau und Erhalt des Dorschbestandes. In einer gemeinsamen Resolution haben wir Maßnahmen für den Wiederaufbau des Dorschbestandes vorgeschlagen. Seit über 10 Jahren spricht sich der DAFV für den Schutz der Laichdorsche aus und praktiziert dies auch. Dennoch sollte der Dorsch nicht instrumentalisiert werden, um unbegründete Reglementierungen in der AWZ vorzunehmen.

Besonderes Erstaunen kommt auf, bei dem Versuch Ihre Zahlenspiele nachzuvollziehen. Es trifft nicht zu, dass bis zu 70.000 Angler jedes Jahr in die ausgewiesenen Gebiete der AWZ fahren. Das ist schlichtweg falsch. Es trifft zu, dass Angler mit der Methode des Schleppangelns bis zu 3 Angeln bedienen dürfen. Aber natürlich sind auch diese Angler bei bestimmten Arten an Fangbegrenzungen gebunden. Diese sind natürlich einzuhalten. Sie mögen Recht haben, dass es Menschen gibt, die den Hals nicht voll genug bekommen und sich über Schwarzvermarktung ein Zubrot verdienen wollen. Sie sprechen hier von Gesetzesbrüchen, Ordnungswidrigkeiten oder gar Straftaten. Die Fischerei für Angler ist nur für den Eigenbedarf zulässig. Der DAFV spricht sich mit Vehemenz gegen die Schwarzvermarktung aus. Dass Sie dabei von diesen „Schwarzen Schafen“ auf „Die Angler“ schließen, können wir jedoch auf keinen Fall akzeptieren. Da ist es nur zu hoffen, dass ihnen diese Formulierung versehentlich entglitten ist. Wir Angler sind ausgebildet und geprüft im Umgang mit unserem Angelgerät und der Natur.

Sie fordern uns auf, verantwortungsvoll zu agieren. Nichts Anderes ist das Bestreben des DAFV. Aber bitte verhalten auch Sie sich verantwortungsvoll. Reglementierungen einzufordern, ohne deren Notwendigkeit zu begründen, ist Aufforderung zur Willkür.

Der Schutz unserer Natur gelingt nur mit dem Menschen. Dort wo im Sinne des Naturschutzes besondere Regeln einzuhalten sind, müssen diese begründet werden. Dadurch wird auch der Kontrollaufwand begrenzt. Die Ausweisung einer Laichschonzeit für den Dorsch ist ein Beispiel für eine nachvollziehbar begründete Schutzmaßnahme.

Nach einem Jahr der Diskussion über die Verordnungsentwürfe für die Schutzgebiete der AWZ müssen wir feststellen, dass uns keine Begründungen für die Angelverbote genannt worden sind. Daraus schließen wir, dass es keine gibt. Deshalb sind vermutlich auch die Gebiete mit Angelverboten verkleinert worden, wie die von Frau Bettina Hagedorn MdB auf der Veranstaltung im April vorgelegte Karte des Fehmarnbelts gezeigt hat. Leider hat das Ministerium ihr keinen Grund genannt, weshalb in dem verkleinerten Gebiet das Angeln verboten werden sollte. Sie wurde dadurch in eine schwierige Lage gebracht.

Der NABU unterstützt mit diesem Schreiben, die Vorstellungen des Ministeriums nach Angelverboten in Teilen der Schutzgebiete in der AWZ. Erklären Sie uns bitte, wie Sie dies wissenschaftlich begründen. Kann es wirklich das Ziel sein, Menschen auszugrenzen? Der DAFV versteht Naturschutz über Integration. Aktiver Naturschutz, ist gelebter Naturschutz. Und so fordern auch wir das Bundesministerium (BMUB) auf, die unglückliche Lage zu erkennen, zurück zu rudern und den gerechtfertigten Forderungen der Angler nachzukommen.

Mit freundlichen Grüßen

Alexander Seggelke (Geschäftsführer DAFV)

Der Deutsche Angelfischerverband

Der Deutsche Angelfischerverband e.V. besteht aus 32 Landes- und Spezialverbänden mit ca. 9.000 Vereinen, in denen insgesamt rund 520.000 Mitglieder organisiert sind. Der DAFV ist der Dachverband der Angelfischer in Deutschland. Er ist gemeinnützig und anerkannter Naturschutz- und Umweltverband.

-pm-

ANZEIGE
Abo Fisch&Fang