ANZEIGE

Blinde Fischart im Irak entdeckt

2243


Eidinemacheilus proudlovei haben Forscher von IGB und ZMFK die neue Fischart genannt, die sie zusammen mit Kollegen aus dem Irak beschrieben haben. Foto: Younis Sabir Abdullah
Eidinemacheilus proudlovei haben Forscher von IGB und ZMFK die neue Fischart genannt, die sie zusammen mit Kollegen aus dem Irak beschrieben haben. Foto: Younis Sabir Abdullah

Weder Schuppen noch Augen: Forscher des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und des Zoologischen Forschungsmuseums Alexander Koenig (ZFMK) haben eine kuriose neue Fischart entdeckt.

Sie wurde gemeinsam mit einem Team irakischer Wissenschaftler als Eidinemacheilus proudlovei beschrieben. Die Fischart wurde erstmals Ende März 2016 im kurdischen Teil des Iraks entdeckt. Der blinde Fisch, der zur Familie der Bachschmerlen gehört, lebt in unzugänglichen unterirdischen Wasserläufen.

Vom Hochwasser aus Erdloch gedrückt

Für die Bevölkerung des nördlichen Zagros-Gebirges im Irak waren die heftigen Regenfälle mit Überschwemmungen im März 2016 wohl kein Segen. Für die blinden Fische, die aufgrund des gestiegenen Grundwasserspiegels aus einer neu geformten Quelle an die Erdoberfläche gespült wurden, auch nicht: Der Großteil der hilflosen Kreaturen fiel Vögeln zum Opfer. Für Korsh Ararat, Biologe an der Universität Sulaimani in Sulaimaniyya, war aber schnell klar, dass dies ein besonderes Ereignis war. Er konnte ein paar Exemplare der sonderbaren Fische sichern, die über mehrere Tage hinweg aus einem Erdloch in einen naheliegenden Bach gespült worden waren. Um nähere Aufschlüsse über die Art zu erhalten, kontaktierte er den Fischforscher Dr. Jörg Freyhof am IGB. Während dieser die morphologischen Merkmale der Tiere studierte und mit denen des einzig bekannten anderen Vertreters der blinden Schmerlen aus dem Mittleren Osten verglich, analysierte Dr. Matthias Geiger am ZFMK in Bonn die DNA der Tiere und ließ den DNA-Barcode erstellen.

Filmaufnahmen der neue Fischart…

Zum ersten Mal lebend gesehen

Die Kombination der Befunde zum Körperbau und die großen genetischen Unterschiede zu allen anderen bekannten Fischarten zeigte im Anschluss klar, dass es sich um eine neue Fischart handeln muss, die nun zum ersten Mal überhaupt lebend gesehen wurde. Am engsten ist die Verwandtschaft mit Eidinemacheilus smithi, einer ebenfalls unterirdisch lebenden Fischart, die aus dem Iran bekannt ist. E. smithi war die bislang einzige bekannte Art einer Gattung, die erst vor kurzem beschrieben wurde. Die neue Art erhielt den Namen Eidinemacheilus proudlovei. Mit der Namensgebung ehren Freyhof und sein Team den Wissenschaftler Graham S. Proudlove, einen weltweit anerkannten Experten für Höhlenfische.

Unerreichbar im Untergrund

„E. proudlovei hat keine Augen und Schuppen, seine Haut weist keinerlei Farbpigmente auf. Wahrscheinlich weiden die Tiere Bakterienfilme an den Höhlenwänden ab, doch zur Biologie der dieser ungewöhnlichen Schmerle ist nichts bekannt“, erklärt Jörg Freyhof. Die spontan entstandene Quelle versiegte schnell wieder, und die Fische bleiben im Untergrund unerreichbar. Das Besondere an der neuen Fischart ist neben den äußerst ungewöhnlichen Umständen des Fundes auch der Fundort. „Wir haben nicht erwartet, dass es im Irak jemanden gibt, der sich mit solchen kleinen Fischen beschäftigt. Aber in diesem von Kriegen zerrissenen Land gibt es immer noch Forschung und Naturschutz“, sagt Freyhof.

Unterirdisch lebende Fische sind heute bedroht, insbesondere von Staudammprojekten, bei deren Realisierung die Lebensräume dieser spezialisierten Lebewesen verlorengehen. „Das Problem besteht auch in Europa, wo unterirdisch lebende Tierarten durch Staudammprojekte massiv gefährdet sind, vor allem in Kroatien und Bosnien-Herzegowina“, betont Jörg Freyhof. Über unterirdische Ökosysteme sei nur wenig bekannt, da sie nicht oder nur schwer zugänglich sind.

Die Beschreibung von Eidinemacheilus proudlovei wurde im Oktober 2016 im Fachjournal Zootaxa veröffentlicht. DOI: http://dx.doi.org/10.11646/zootaxa.4173.3.2

-pm-

ANZEIGE
Abo Fisch&Fang