Vergessen Sie komplizierte Montagen! Wie einfach und erfolgreich das Posenangeln in der Strömung sein kann, erlebte Markus Heine, als er Jan Lock an der Sieg besuchte.
Feststehender Schwimmer, drei Bleischrote, Vorfach mit Haken – wenn Jan Lock ankündigt, unkompliziert zu fischen, dann tut er es auch. Mir gefällt‘s, reicht mir doch oft schon die Fummelei, um fertige Vorfachhaken knotenfrei aus der Packung zu friemeln. „Eine lange Bleischrotkette würde die Montage zwar sensibler machen“, erklärt Jan mit erhobenem Zeigefinger. „Wenn das Ganze bei einem Hänger aber abreißt, muss ich auch alles wieder neu montieren!“ Wunderbar, Jan verbringt seine Zeit lieber mit dem Angeln als mit dem Knüpfen von Montagen – damit sammelt er weitere Pluspunkte bei mir.
Hüfthoch stehen wir in unseren Wathosen in der zügig fließenden, etwa 25 Meter breiten Sieg. Jan beködert den 10er Haken mit vier Maden und schlenzt seine Montage kurz vor das gegenüberliegende Ufer. „Dort verläuft eine gut anderthalb Meter tiefe Rinne, in der die Fische stehen.“ Wir wollen Nasen und Barben fangen, und zwar die kapitalen. Denn 60er Barben bilden in der Sieg die Schnittgröße. Vor zwei Jahren bändigte Jan sogar einen 80 Zentimeter langen Fisch, der sich eine Nymphe gönnte.
Wir sind auf solche Kaliber vorbereitet und benutzen kräftige Matchruten, kombiniert mit mittleren Stationärrollen und 0,20er bis 0,22er Monofil. Wichtig ist eine ruckfrei anspringende Bremse, denn sowohl Nasen als auch Barben sind ausgezeichnete Kämpfer.
Jan lässt die drei Gramm tragende Pose mit der Strömung flussab treiben und verzögert alle paar Meter die Drift, so dass der Köder etwas vom Boden angehoben wird. „Die Schnur muss möglichst straff gehalten werden, so dass sich kein Bogen bildet“, erklärt Jan die Führung der Montage. „Das Kontrollieren und Umlegen der Schnur gelingt am einfachsten mit einer langen Rute von etwa vier Metern. Damit lässt sich die Pose auch auf Distanz führen. Modelle mit dicker Antenne wie ein Avon oder Chubber erkennt man auch noch 20 Meter stromab. Ich verwende gerne durchsichtige Schwimmer, denn sie fallen im klaren und flachen Wasser der Sieg kaum auf.“
Fisch-Fütterung
Auch meine Pose driftet wenig später durch die Futterspur, die Jan schon vor dem Zusammenstecken der Ruten angelegt hat. Auch dabei zeigte sich sein Faible für ein unkompliziertes Vorgehen. „Ich nehme meistens eine Fertigmischung. Zwei Kilogramm in der Trockenmasse reichen für ein mehrstündiges Angeln aus. Wichtig ist, dass auch Lebendköder ins Futter kommen“, erklärt er und schüttet drei Packungen Maden in den Eimer – mit den Sägespänen! „Die treiben im Wasser eh ab, warum soll man sie also nicht mit ins Futter schütten?“
So einfach Jan auch vorgeht, so gewissenhaft tut er es. Das zeigt sich beim Anrühren des Futters. „Lieber nur nach und nach vom frischen Flusswasser hinzugeben, denn zu nass darf die Mischung nicht werden.“ Jan feuchtet das Futter so lange an, bis es die gewünschte Konsistenz hat. Den Flug überstehen die tennisballgroßen Kugeln noch, dann fallen sie auseinander, um am Grund eine feine Futterspur zu bilden.
„Siehst Du, das Futter wirkt schon“, sagt Jan grinsend, als ein Fisch, höchstwahrscheinlich eine Nase, im Bereich der Rinne an der Oberfläche rollt. Ein weiteres Zeichen für die Anwesenheit der Fische sind die ausgelutschten Maden, die Jan entdeckt, als er die Montage neu auswerfen will. „Das waren wahrscheinlich kleine Weißfische. Große Barben und Nasen beißen an der Sieg nicht so zaghaft.“
Jan zieht frische Maden auf den Haken. Auch ich greife in den kleinen Eimer, der am linken Schultergurt seiner Wathose baumelt. Auf der rechten Seite hängt ein zweiter Behälter, gefüllt mit etwas Futter. „So muss ich beim Beködern und Nachfüttern nicht zurück zum Ufer stapfen und verscheuche keine Fische“, sagt Jan und fügt grinsend hinzu: „Natürlich ist es so auch wesentlich bequemer.“
Barbe auf Barbe
Man könnte meinen, dass es sich Jan auch beim Austarieren der Pose etwas zu bequem gemacht hat, denn deren Spitze schaut ein Stückchen zu weit aus dem Wasser. „Das ist so schon gewollt“, erklärt Jan. „Ein exakt ausgebleiter Schwimmer würde nämlich immer wieder untergehen, wenn die über den Grund schleifenden Maden kurz an Steinen oder Algen hängen bleiben, bis sie von der Strömung weiter gedrückt werden. Etwas weniger beschwert, bleibt die Pose jedoch an der Oberfläche und setzt den Fischen auch nicht viel mehr Widerstand entgegen.“
Wie aus dem Nichts beginnt es zu regnen. Die Fische scheinen das Geprassel als Signal zu verstehen, denn sie beißen auf einmal prächtig. Jan macht den Anfang und hakt den ersten Fisch. Er manövriert die gut 50 Zentimeter lange Nase im Drill schnell aus der Futterspur heraus, damit ihre Artgenossen keinen Verdacht schöpfen und womöglich verscheucht werden.
Dann bin ich an der Reihe und fange drei prächtige Barben, die sich kurz nacheinander meine Maden schnappen. Alles Fische von gut 60 Zentimetern, wobei eine Bartelträgerin sogar an der 70er-Marke kratzen könnte. Wie lang die Fische auch sein mögen, ein tolles Angeln bieten sie auf jeden Fall. So toll, dass Jan und ich erst zusammenpacken, bis uns der Dauerregen komplett durchnässt hat. Die Fische beißen da immer noch…
Sicheren Schrittes
Beim Waten im Fluss sollte man unbedingt Watschuhe oder -stiefel mit Filzsohle oder/und Spikes tragen. Nur damit hat man auf den glitschigen Steinen einen sicheren Halt. Bei sehr schwierigen Bedingungen ist auch ein Watstock zu empfehlen, wie er beim Meerforellenangeln an der Küste eingesetzt wird.