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Erwärmung verschärft Sauerstoffmangel in der Ostsee

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Die Erwärmung der Ostsee wurde anhand von Langzeitdaten aus der Eckernförder Bucht untersucht. Foto: Ilka Thomsen
Die Studie hat Langzeitmessungen vom Ausgang der Eckernförder Bucht genutzt, um zu untersuchen, wie sich die Umweltbedingungen in der westlichen Ostsee von 1991 bis 2019 verändert haben. Foto: Ilka Thomsen

Überdüngung und steigende Wassertemperaturen setzen der Ostsee immer mehr zu: Sie führen zu einem gefährlichen Sauerstoffmangel in den tieferen Wasserschichten, was viele Meeresbewohner bedroht.

Trotz erfolgreicher Bemühungen, die Nährstoffbelastung zu verringern, verhindern steigende Temperaturen, dass sich das Ökosystem erholt.

Die Ostsee spürt deutlich die Folgen des Klimawandels: Steigende Wassertemperaturen verschärfen die Umweltprobleme, denn obwohl es gelungen ist, die Nährstoffeinträge zu verringern, breiten sich Sauerstoffminimumzonen weiter aus. Für ihre neue Studie haben Forscherinnen und Forscher des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel Langzeitmessungen der Zeitserienstation Boknis Eck genutzt, um zu untersuchen, wie sich die Umweltbedingungen von 1991 bis 2019 verändert haben und wie sich diese Veränderungen auf das Leben im Wasser auswirken. Besonders auffällig sind Schwankungen bei Temperatur und Sauerstoffkonzentration sowie deren Einfluss auf das Wachstum von Bakterien und die Nährstoffverhältnisse. Die Ergebnisse sind jetzt in dem Fachjournal Scientific Reports veröffentlicht worden.

Sauerstoffmangel durch höhere Temperaturen und verstärkte bakterielle Aktivität

Im Mittelpunkt der Studie stand die Untersuchung der bakteriellen Biomasseproduktion (BBP) in der südwestlichen Ostsee. Diese beschreibt das Wachstum von Bakterien und anderen Mikroorganismen, die unter anderem organische Nährstoffe abbauen. Im Sommer, nach der Frühjahrsblühte des Planktons, steigen die BBP-Raten deutlich an. Dies führt zu einem stärkeren Verbrauch von Sauerstoff, insbesondere in den unteren Wasserschichten. Gleichzeitig liegt in den Sommermonaten das wärmere Oberflächenwasser wie eine Deckschicht darüber.

Das Problem: Die Schichten durchmischen sich kaum, neuer Sauerstoff kann nur durch kräftige Wassereinströmungen aus der Nordsee, etwa durch Stürme, nachkommen. Die höheren Wassertemperaturen haben die Schichtbildung des Wassers im Beobachtungszeitraum bis in den Herbst hinein verlängert. In einigen Jahren kam es sogar zu Hitzewellen, die bis in die Bodenschichten reichten, und den Sauerstoffmangel verstärkten.

Erfolge bei der Nährstoffverringerung durch steigende Temperaturen aufgezehrt

Die Bemühungen, die Küsten-Ostsee durch eine Verringerung von Phosphor- und Stickstoffeinträgen zu entlasten, haben zwar positive Effekte erzielt: In den letzten Jahren konnten die Zuflüsse dieser Nährstoffe vor allem durch technologische Entwicklungen in der Abwasserbehandlung um 18 bis 22 Prozent verringert werden. Allerdings sind die Einträge immer noch zu hoch – die Ostsee leidet weiterhin unter Eutrophierung.

„Starke saisonale Schwankungen bei Stickstoffverbindungen wie Ammonium deuten darauf hin, dass weiterhin zu hohe Mengen dieser Nährstoffe ins Wasser gelangen und Algenblüten anregen“, sagt Dr. Helmke Hepach, Erstautorin der Studie und Umweltwissenschaftlerin am GEOMAR.

Hinzu kommt die bereits vorhandene Nährstoffbelastung: Phosphat, das im Meeresboden gebunden ist, wird durch das verstärkte Auftreten von Sauerstoffminima wieder in die Wassersäule gelöst – ein Prozess, der auch Ammonium freisetzt. Helmke Hepach: „Dadurch entsteht ein Rückkopplungskreislauf, den wir auch an unserer Zeitserienstation Boknis Eck beobachten. Im Moment gibt es noch keine Lösungen, wie diese so genannte interne Last (internal loadings) langfristig reduziert werden kann. Mit der zunehmenden Häufigkeit von Sauerstoffmangelereignissen wird sich die Situation weiter verschärfen.“

Langfristig schwerwiegende Folgen

Die kleinen Erfolge bei der Nährstoffreduktion werden zudem durch die steigenden Wassertemperaturen wieder zunichte gemacht, denn bei höheren Temperaturen steigt auch die Aktivität der Bakterien, die nach dem Absterben der Algenblüte das organische Material abbauen und dabei den Sauerstoff aufzehren. Und die verstärkte thermische Schichtung verhindert, dass neuer Sauerstoff nachkommt.

„Die zunehmende Erwärmung und die damit verstärkte bakterielle Aktivität haben langfristig schwerwiegende Folgen für das Ökosystem der Ostsee“, sagt Helmke Hepach. In ihrer Studie empfehlen die Forschenden daher, die Überdüngung sowohl durch anorganische als auch durch organische Nährstoffe stärker zu reduzieren.

-Pressemitteilung GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel-

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