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Schleppnetzfischerei setzt Kohlenstoff frei

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Krabbenkutter fischen mit Schleppnetzen in der Nordsee vor Ostfriesland. Bild: Hereon/iStock
Krabbenkutter fischen mit Schleppnetzen in der Nordsee vor Ostfriesland. Bild: Hereon/iStock

Durch intensive Schleppnetzfischerei am Meeresgrund wird vermehrt Kohlenstoff in die Atmosphäre freigesetzt.

Plattfische und Garnelen werden in der Nordsee mit Schleppnetzen gefischt, die über den Meeresboden gezogen werden. Dadurch wird Kohlenstoff ins Wasser und schließlich Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre freigesetzt, wie die jüngsten Forschungsarbeiten des Helmholtz-Zentrums Hereon zeigen. Die Studie ist Teil des Verbundprojekts APOC. Partner sind das Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Die Bemühungen der Forschung um eine Verringerung der Unsicherheit bei der quantitativen Bewertung der Auswirkungen der Grundschleppnetzfischerei auf die Kohlenstoffspeicherung in der Nordsee und den globalen Schelfmeeren wurden kürzlich in der Fachzeitschrift Nature Geoscience veröffentlicht.

2.300 Proben analysiert

Normalerweise ist der Meeresboden eine Kohlenstoffsenke. Das heißt, er speichert mehr Kohlenstoff, als er abgibt. Forscherinnen und Forscher vom „Hereon-Institut für Küstensysteme – Analyse und Modellierung“ haben zusammen mit den APOC-Partnern herausgefunden, dass diese Funktion durch den Einsatz von Grundschleppnetzen beeinträchtigt wird. Dazu haben sie über 2.300 Sedimentproben aus der Nordsee analysiert.

Der Geophysiker und Erstautor Dr. Wenyan Zhang fasst die Ergebnisse so zusammen: „Wir haben herausgefunden, dass Sedimentproben in Gebieten mit intensiver Schleppnetzfischerei geringere Mengen an organischem Kohlenstoff enthielten als Proben, die in schwach befischten Gebieten genommen wurden. Diesen Effekt konnten wir mit hoher statistischer Sicherheit auf die Grundschleppnetzaktivität zurückführen. Darüber hinaus verringern unsere Methoden die Unsicherheit bei quantitativen Bewertungen der Auswirkungen auf regionaler bis globaler Ebene im Vergleich zu früheren Schätzungen erheblich.“ Computersimulationen hätten zudem gezeigt, dass der Kohlenstoffgehalt im Meeresboden durch intensive Schleppnetzfischerei über Jahrzehnte hinweg kontinuierlich sinkt. Besonders anfällig seien weiche, schlammige Böden.

Millionen Tonnen CO2 freigesetzt

Die Sedimente am Meeresgrund binden Kohlenstoff. Tiere, die am Meeresboden leben, verzehren diesen Kohlenstoff nicht nur, sondern verlagern ihn auch durch Wühlen und Graben in tiefere Bodenschichten, wo er über tausende Jahre gespeichert werden kann. Die Schleppnetze der Fischereien bewirken das Gegenteil: Sie wirbeln die Sedimente auf. Außerdem beschädigen sie Lebensräume, wodurch Pflanzen und Tiere absterben. Dadurch gelangt der Kohlenstoff aus dem sauerstoffarmen Sediment ins Wasser, wo mehr Sauerstoff vorhanden ist. Dort wird er durch Mikroorganismen wie Bakterien zu CO2 umgewandelt. Ein Teil des CO2 gelangt in die Atmosphäre, wo es als Treibhausgas den Klimawandel verstärkt.

Den Berechnungen der Autorinnen und Autoren zufolge werden durch die Schleppnetzfischerei in der Nordsee jährlich rund eine Million Tonnen CO2 aus Sedimenten freigesetzt. Weltweit wird der Effekt auf etwa 30 Millionen Tonnen geschätzt. Diese Schätzung liegt zehn Prozent unter früheren globalen Schätzungen, bei denen die kritischen Rückkopplungsschleifen zwischen Schleppnetzfischerei, Partikeldynamik und benthischer Fauna nicht berücksichtigt wurden. Diese dynamischen Rückkopplungsschleifen werden nun in dem bei Hereon entwickelten numerischen Modell berücksichtigt.

Schlammige Böden besser schützen

„Unsere Ergebnisse weisen auf die Notwendigkeit hin, schlammige Lebensräume in Küstenmeeren wie der Nordsee besonders zu schützen“, sagt Zhang. Bislang würden Meeresschutzmaßnahmen vor allem in Gebieten mit harten, sandigen Böden und Riffen vorgenommen. Diese Gebiete seien zwar ökologisch vielfältig, speicherten aber weniger Kohlenstoff. „Unsere Methoden und Ergebnisse können bei der Optimierung der marinen Raumordnungspolitik eingesetzt werden, um den potenziellen Nutzen einer Begrenzung oder Beendigung der Grundschleppnetzfischerei in Schutzgebieten zu ermitteln“, sagt Zhang.

Das APOC-Projekt wurde koordiniert vom AWI in Zusammenarbeit mit Hereon und gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Projekts MARE:N Ozeane unter Stress. APOC steht im Deutschen für Anthropogene Einflüsse auf den Kreislauf partikulären organischen Kohlenstoffs in der Nordsee. Die Forscher untersuchten die Bedeutung feinkörniger Sedimente in der Nordsee als Kohlenstoffspeicher und wie diese Ökosystemleistung durch den globalen Klimawandel und anthropogenen Nutzungsdruck beeinträchtigt wird.

-Pressemitteilung Helmholtz-Zentrum Hereon-

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