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Bakterien in Seen kämpfen gegen Klimawandel

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In den Tiefen des Zugersees in der Schweiz leben Bakterien, die Methan anstatt Sauerstoff atmen. Bild: Sina Schorn/Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie
In den Tiefen des Zugersees in der Schweiz leben Bakterien, die Methan anstatt Sauerstoff atmen. Bild: Sina Schorn/Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie

Methanoxidierende Bakterien könnten eine größere Rolle als vermutet dabei spielen, dass klimaschädliches Methan nicht aus Seen freigesetzt wird.

Das berichten Forscherinnen und Forscher aus Bremen und zeigen zudem, wer dahintersteckt und wie das funktioniert.

Methan ist ein starkes Treibhausgas, das vielerorts im Meer und in Süßgewässern entsteht. Vor allem Seen setzen große Mengen des klimaschädlichen Gases frei. Zum Glück gibt es aber Mikroorganismen, die dagegenhalten: Sie sind imstande, Methan für ihr Wachstum und zur Energiegewinnung zu nutzen und so zu verhindern, dass es in die Atmosphäre gelangt. Diese Mikroorganismen, Methanotrophe genannt, gelten daher als wichtiger „biologischer Methanfilter“.

Biologische Methanfilter

Die Methanotrophen umfassen verschiedene Gruppen von Mikroorganismen, viele Fragen über deren Lebensweise sind noch nicht beantwortet. Eine Studie des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen und der Schweizer Eawag, die nun im Fachmagazin Nature Communications erschienen ist, zeigt die erstaunlichen Fähigkeiten einiger dieser Organismen und ihre bislang übersehene Rolle für unser Klima.

Sauerstofffreie Tiefen im Zugersee

Für ihre Untersuchung reisten die Forschenden um Sina Schorn und Jana Milucka vom Bremer Max-Planck-Institut in die Schweiz zum Zugersee. Dieser See ist fast 200 Meter tief und ab einer Tiefe von etwa 120 Metern dauerhaft sauerstofffrei. Trotzdem findet man in diesem sauerstofffreien Wasser sogenannte aerobe methanoxidierende Bakterien (kurz MOB), die, wie ihr Name schon sagt, eigentlich auf Sauerstoff angewiesen sind. Ob und wie sie in dem sauerstofffreien Wasser Methan abbauen können, war bis heute unklar.

Das Team um Schorn und Milucka wollte daher einen genaueren Blick auf die Aktivität dieser Mikroorganismen werfen. Sie nutzten für ihre Studie Methanmoleküle (CH4), die mit „schweren“ Kohlenstoffatomen (13C statt 12C) markiert wurden. Dieses 13C-markierte CH4 wurde Proben mit Seewasser samt den darin lebenden Mikroorganismen zugesetzt und anschließend der Weg des enthaltenen schweren Kohlenstoffs in einzelnen Zellen mit Hilfe spezieller Instrumente (des sogenannten NanoSIMS) verfolgt. So konnten die Fachleute dabei zusehen, wie die Bakterien das Methan zur Energiegewinnung in das weniger klimaschädliche Kohlendioxid umwandeln. Ein Teil des Kohlenstoffs wurde auch direkt in die Bakterienzellen eingebaut. Daraus war ersichtlich, welche Zellen in der Bakteriengemeinschaft aktiv waren und welche nicht. Mittels moderner Methoden namens Metagenomik und Metatranskriptomik untersuchten sie zudem, welche Stoffwechselwege die Bakterien dabei benutzten.

Nur eine bakterielle Gruppe ohne Sauerstoff aktiv

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass aerobe MOB auch in sauerstofffreiem Wasser dauerhaft aktiv sind“, sagt Sina Schorn, die mittlerweile an der Universität Göteborg forscht. „Allerdings traf das nur auf eine bestimmte Gruppe der MOB zu, gut zu erkennen an ihrer markanten länglichen Zellform. Zu unserer Überraschung waren diese Zellen unter oxischen und anoxischen Bedingungen – also mit und ohne Sauerstoff – gleichermaßen aktiv. Wenn wir also in anoxischen Gewässern geringere Raten der Methanoxidation messen, liegt das vermutlich daran, dass es dort weniger dieser besonderen stäbchenfömigen Zellen gibt und nicht etwa an einer geringeren Aktivität der Bakterien.“

Bakterien nutzen Methan und Nitrat anstatt Sauerstoff

Eine weitere Überraschung erlebten die Max-Planck-Experten, als sie sich die Stoffwechselfähigkeiten dieser Bakteriengruppe genauer ansahen. „Anhand der vorhandenen Gene konnten wir erkennen, wie die Bakterien reagieren, wenn der Sauerstoff knapp wird“, erklärt Jana Milucka, die am Bremer Max-Planck-Institut die Forschungsgruppe Treibhausgase leitet. „Dabei fanden wir Gene, die für eine spezielle Methan-basierte Fermentation genutzt werden.“ Während dieser Prozess in MOB im Labor schon nachgewiesen worden war, wurde er in der Umwelt noch nicht untersucht. Außerdem entdeckten die Fachleute auch einige Gene für die Denitrifizierung, mittels derer die Bakterien wohl Nitrat statt Sauerstoff zur Energiegewinnung nutzen können.

Insbesondere die Fermentation ist dabei spannend. „Wenn die MOB auch Fermentation betreiben, setzen sie vermutlich Substanzen frei, die andere Bakterien nutzen und in ihre Zellen einbauen können. So wird der enthaltene Kohlenstoff, der ursprünglich aus dem klimaschädlichen Methan stammt, noch länger im See zurückgehalten und gelangt nicht in die Atmosphäre. Das ist eine bisher nicht berücksichtigte Senke für Methankohlenstoff in anoxischen Lebensräumen, die wir in unsere Berechnungen zukünftig mit einbeziehen müssen“, so Milucka.

Bakterien reduzieren Methanfreisetzung

Die Bremer Forscherinnen und Forscher erklären hiermit, wer Methan in sauerstofffreien Lebensräumen abbaut und wie dieser Abbau vonstattengeht. Sie zeigen, dass methanoxidierende Bakterien überraschend wichtig dafür sind, dass aus diesen Lebensräumen weniger Methan in die Atmosphäre entkommt.

„Methan ist ein starkes Treibhausgas, das für etwa ein Drittel des derzeitigen globalen Temperaturanstiegs verantwortlich ist“, erläutert Schorn die Bedeutung der nun vorliegenden Ergebnisse. „Die Methanoxidation durch Mikroorganismen ist die einzige biologische Senke für Methan. Ihre Aktivität ist daher entscheidend für die Kontrolle der Methanemissionen in die Atmosphäre und damit für die Regulierung des globalen Klimas. Angesichts der derzeitigen und vorhergesagten Zunahme von anoxischen Bedingungen in Seen der gemäßigten Regionen ist zu erwarten, dass die Bedeutung der MOB für den Methanabbau in Seen noch zunehmen wird. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die MOB in Zukunft einen bedeutenden Beitrag zur Minderung von Treibhausgasemissionen und zur Kohlenstoffspeicherung leisten werden.“

-Pressemitteilung Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie-

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