Zum Zanderangeln bieten sich viele verschiedene Wobblermodelle an. Doch keines erfüllt die Erwartungen von Birger Domeyer zu 100 Prozent. Grund genug für ihn, einen eigenen Zanderwobbler zu entwickeln, den Zanderkönig.
Wobbler gibt es wie Sand am Meer, aber ich kenne keinen einzigen, der sich wirklich 100-prozentig zum nächtlichen Zanderangeln eignet.
Das ist nämlich so eine Sache mit dem Wobbeln auf Zander: Wenn der Köder nicht ganz bestimmte Eigenschaften aufweist, die der Jagdstrategie des Zanders entgegenkommen, fängt man nicht viel. Und da ich an jedem bisherigen Wobbler irgendwas zu kritisieren hatte, dachten wir von der Redaktion FISCH & FANG uns: Warum nicht selber einen absoluten Spezialisten entwickeln? Einen, der perfekt für das Nachtangeln geeignet ist, der alles hat, was jagende Zander wollen.
Unsere erste Idee, Gregor Babiarz, Schöpfer der Marke Hybrida, anzurufen, liegt nahe und erweist sich auch als goldrichtig. Gregor baut nicht nur sehr hochwertige Wobbler, sein Know-how überzeugt mich schon beim ersten Gespräch. Und vor allem: Seine Werkstatt liegt im Schwarzwald, nicht in China. Wir können also ohne Probleme zusammen an ersten Modellen schnitzen, ausprobieren, weiterentwickeln. Bevor wir aber das erste Stück Holz zersägen, berichte ich Gregor von meinen Wobbel-Erkenntnissen und den Jagdstrategien der Zander und bin froh, dass wir hier ganz schnell auf einen Nenner kommen. So können wir entscheiden, wie der Wobbler später laufen soll, um in das Beuteschema der Kammschupper zu passen.
Ein Stück Lindenholz, eine Idee und ein bisschen Kreativität: Daraus wird mal ein fängiger Zanderwobbler.
Tempo runter!
Die größte Herausforderung wird die Geschwindigkeit sein, bei der der Wobbler optimal läuft. Denn die sollte möglichst gering sein. So ein Zander hat nämlich folgende Idee: Er legt sich nachts in sehr flaches Wasser ufernah ab und wartet, bis Ukeleis oder andere handlange Beutefische oberflächennah an ihm vorbeischwimmen. Kommen sie dicht genug heran, bewegt sich der Räuber ein Stückchen auf die Beute zu und schnappt diese blitzschnell. Lange Verfolgungsjagden schnell flüchtender Fische interessieren den Zander nicht wirklich, dafür ist er zu faul. Auf dem Weg von seinem täglichen Ruheplatz am Grund zu dem nächtlichen Standplatz schwimmt der Räuber natürlich etwas umher. Das ist normalerweise in der Dämmerung der Fall.
Auch dabei bewegt er sich nicht sonderlich schnell, attackiert aber gerne schon Beute, die jetzt in seine Nähe gerät. In beiden Fällen ist der Blick des Zanders Richtung Wasseroberfläche gerichtet, um von unten aus die Beute zu attackieren. Und zwar möglichst Fische, die ihn noch nicht entdeckt haben, damit er sich bis auf wenige Zentimeter nähern kann, bevor der zupackt.
Gregor Babiarz schnitzt einen Rohling. Bei ihm entstehen alle Wobbler zunächst in Handarbeit. Computertechnik kommt erst zum Einsatz, wenn alles passt.
Und da kommt der Wobbler ins Spiel. Er muss also so eine arglose Laube (Ukelei) imitieren, die langsam, flach und in Ufernähe umherschwimmt. Kurbelt man zu schnell, suggeriert das dem Zander einen flüchtenden Beutefisch, der ihn vielleicht sogar schon entdeckt hat. Der Räuber ignoriert diesen Happen und konzentriert sich lieber auf den nächsten. Der Wobbler muss also im Zeitlupentempo eingeleiert werden, dabei aber eine entsprechende Schwimmaktion aufweisen und darf nicht wie ein Bleistift durchs Wasser gleiten! Das machen leider die meisten Modelle – ohne ein gewisses Tempo geht bei denen nichts. Mit viel Tempo geht aber leider bei den Zandern nichts, das ist das Dilemma.
Die zweite wichtige Eigenschaft ist die Lauftiefe. Wenn so ein 70 Zentimeter langer Zander in nur einem Meter Wassertiefe liegt und nach oben schaut, was wird der wohl davon halten, wenn man ihm einen Wobbler mittig über den Stachelkamm zieht?
Die meisten sogenannten Flachläufer tauchen nämlich oft bis etwa einen Meter ab und schrammen dort an den Steinen entlang. Oder eben auf dem Zanderrücken. Das aber wird den Räuber eher flüchten als beißen lassen.
Bei diesen zwei Hauptanforderungen für den Zanderwobbler kommt sogar Tüftler Gregor ins Grübeln. Zumal der Wobbler nach meinem Willen nur elf Zentimeter lang werden soll.
So sieht der erste Holz-Rohling aus. Eine Laube ist schon erkennbar.
Ran ans Holz
Wir sind aber zuversichtlich und schnitzen zunächst zwei Tage lang an einem Stück Lindenholz, um die Grobform zu schaffen. Aus diesem Rohling werden dann per Computer gestütztem 3-D-Scan Aluformen gefräst, in die später der Kunststoff für den Wobblerkörper gegossen wird. Klingt einfach, dauert aber letztlich mehrere Wochen, bis wir erste Musterköder mit der Aluform gießen können.
Und die Hauptarbeit folgt erst noch: Um die gewünschten Laufeigenschaften zu erzeugen, biegen wir zunächst die Drähte für das Innenskelett des Wobblers. Dieses muss dann bebleit werden. Die Lage und Menge des Gewichts entscheidet zusammen mit der Tauchschaufel und dem Auftrieb des Körpers über das Laufverhalten. Zum Glück können wir immer sechs Köder gießen, bei denen wir die Variablen durchtauschen. Dann heißt es: 30 Minuten warten, bis der Schaumstoff ausgehärtet ist, und ab ans Testbecken. Laufen die Köder nicht wie gewünscht, werden Bleie verschoben, neu abgewogen und gegossen. Nach zig Versuchen, einem Berg unbrauchbarer Wobbler und wochenlanger Tütftelei sind wir endlich mit dem Lauf zufrieden und können uns um das Design kümmern.
Millimeterarbeit: Um exakt das gewünschte Laufverhalten zu erreichen, werden mehrere Testmodelle mit unterschiedlicher Bleiverteilung gebaut.
Farbe im Spiel
Auch über die möglichen Farben haben wir eine Weile diskutiert. Unsere Leitlinie dabei: Je dunkler es wird, desto eher werden Farben zu Grautönen und können vom Fisch als solche kaum noch wahrgenommen werden. Manchmal warten die Zander allerdings nicht, bis es wirklich dunkel ist, um auf die Jagd zu gehen. Die Dämmerung ist oft schon sehr gut für das Wobbeln, und dann spielen Farben sehr wohl eine Rolle.
Deshalb wollen wir zwei Dinge kombinieren: Der Räuber soll den Köder gut wahrnehmen können, ihn aber auch für natürlich halten, wenn er dicht dran ist, also kurz vor der Attacke. Gregor hat dafür das Hot-Stamping-Verfahren ins Spiel gebracht, bei dem eine reflektierende Holo-Folie auf den Wobbler aufgetragen wird. Die wird extra für dieses Projekt angefertigt, passt haargenau auf den Körper und imitiert perfekt ein Schuppenmuster, das auch sehr wenig Restlicht noch reflektiert. Mit einem leichten Grünschimmer unter Schwarz am Rücken ist die Laube gut getroffen, am Bauch ergänzt ein UV-aktiver, roter Fleck das Design. So sollte der Wobbler möglichst gut bei geringen Lichtverhältnissen sichtbar sein, aber nicht unnatürlich wirken.
Die ersten Musterköder ohne nennenswerten Farbanstrich fingen auch schon Zander. Das spricht für den guten Lauf.
Die ganze Entwicklung hat jetzt etwa ein Jahr gedauert, war die Mühe aber absolut wert. Die Fängigkeit des fertigen Wobblers übertrifft meine Vorstellungen, der Begleitfilm auf der DVD spricht für sich. In meiner Box liegt jetzt jedenfalls nur noch der Zanderkönig, wenn ich abends an den Rhein fahre, einen anderen Wobbler für das Nachtangeln brauche ich nicht mehr – es gibt ja auch keine vergleichbare Fangmaschine!
Birger mit einem der vielen Zander, die er in der Testphase des Zanderkönigs fangen konnte. Für das Nachtangeln gibt es keinen besseren – da ist er sich sicher.
5 Tipps zum Wobbeln
So klappt es mit den Nacht-Zandern:
1. Leiern Sie den Wobbler nur sehr langsam und monoton ein, und fischen Sie bis vor die Rutenspitze.
2. Präsentieren Sie den Wobbler ufernah, keine weiten Würfe ins offene Wasser.
3. Beißt nach 30 Minuten nichts: Platzwechsel.
4. Warten Sie auf die Dämmerung, jetzt ziehen die Zander ins Flache.
5. Plätze mit etwas Strömung (Buhnenkopf) sind oft besser als ganz stilles Wasser (Buhnenkessel).