Heute ist Wintersonnenwende! Am kürzesten Tag des Jahres kommen wohl die wenigstem von uns zum Angeln. Statt einen dicken Hecht zu keschern, heißt es „Putz- und Flickstunde“. Dies war schon früher nicht anders.
Zwar waren unsere angelnden Großväter keineswegs Weicheier, die sich im Winter scheuten, ihrem Hobby nachzugehen, doch hatten die meisten von ihnen an den kurzen Tagen rund um die Wintersonnenwende anderes zu tun, als dem Schuppenwild nachzustellen. Winterabende waren daher bis weit ins 20. Jahrhundert für Angler in der Regel Bastelabende. Dann wurden nicht nur Ruten und Rollen repariert, sondern vor allem das für die Fischwaid nötige Kleinzeug eigenhändig gebastelt. Schwimmer stellte man sich aus Holz und Flaschenkorken selbst her. Sollten die Eigenbauten Laufposen werden, so durchbohre man sie mittig und führte Federkiele ein.
Seide, Hanf und Pferdehaar
Bis zum Aufkommen von Kunststoffschnüren zu Beginn des 20. Jahrhunderts konnten sich betuchte Angler Seidenschnüre kaufen oder zu Weihnachten schenken lassen. Die Mehrheit war aber weiterhin auf Hanfschnüre oder Pferdehaar angewiesen. Wie sie aus Rosshaaren Schnur herstellen konnten, erfuhren die Bastler im Kapitel „Schnur“ des Buches „Geheim gehaltene Fischkünste“ von Ch. M. Henning aus dem Jahre 1847: „Die Haare werden vermittelst Haken zusammengedrehet, und die einzeln Stücke durch Kreuzknoten mit einander verbunden“ Diejenigen, die sich eine Rolle leisten konnten, zogen die Schnur von dieser ab und wendeten sie für die anstehende neue Saison.
Einreibung mit Paraffin
Dass es im Dezember nicht in allen Häusern adventlich nach Gebäck und Tannengrün duftete, lag noch in den 1950er Jahren an der nötigen Pflege von damals gebräuchlichen Geflechtschnüren. Max Piper empfahl in der 3. Auflage des Klassikers Spinnangeln 1958: „Die Schnur in Benzin legen, dem etwa 15% Paraffin oder auch käufliches Schwimmfett beigemischt wird. Mit der Paraffinpaste von Zeit zu Zeit nachreiben. Das gleiche gilt für Schnur, die mit säurefreier Vaseline eingefettet wurde, auch sie kann eine Paraffineinreibung erhalten.“
Stahlvorfächer selber löten
Hechtangler blieben noch bis weit in die 1960er Jahre hinein auf ihr handwerkliches Geschick angewiesen, denn im Fachhandel wurden allein Metallketten zum Schutz vor scharfen Zähnen angeboten. Wem diese Gliederkettchen zu steif waren, der war gezwungen, sich in den Bastelkeller zurückzuziehen und dort geeignete Vorfächer aus Draht zu bauen. Auch stabile Wirbel musste man sich selbst basteln, denn die Tragkraft der ersten Agraffenwirbel war alles andere als hoch. Bei Max Piper finden sich allerlei Anleitungen zum Bau von Wirbeln, die man sich aus „einer Stecknadel und 5 cm x-beliebigem Draht nach altbewährtem Rezept“ herstellen konnte.
Wer dies alles erledigt hatte, konnte sich noch dann noch eine neue Rute bauen. Die Vorbereitungen dazu traf man bereits im zeitigen Frühjahr, wenn es darum ging, das passende Ausgangsmaterial in Form von Weidenruten zu suchen.
-Dr. Markus Bötefür-