Der Köder muß zum Fisch und nicht umgekehrt. Das gilt für Andy Little vor allem beim Karpfenangeln. Selbst längeres Vorfüttern kann die Flossenträger nicht in jeden x-beliebigen Bereich eines Gewässers locken. Dabei genügen schon ein paar Tricks, um die lohnenden Stellen ausfindig zu machen.
By Andy Little
Verbringe besser drei Viertel deiner Zeit mit der Suche nach dem Fisch und nur ein Viertel mit dem Angeln als umgekehrt, lautet die wichtigste Faustregel für Karpfenangler. Doch wie soll ich den Fisch überhaupt suchen, werden Sie vielleicht fragen. Solange mit Fernglas, Polbrille und Schirmmütze pirschen, bis Sie Cyprinus leibhaftig zu Gesicht bekommen? Sie können zu Recht einwenden, dass dies in vielen Gewässern von vornherein zum Scheitern verurteilt ist, weil sie einfach nicht sichtig genug sind. Also besser nach Gründelblasen Ausschau halten? Bei Seen mit harten Böden kann man warten, bis man schwarz wird und wäre so schlau wie zuvor.
Doch ganz aussichtslos, den Aufenthaltsort der Karpfen in einem Gewässer einzugrenzen, ist es nicht unbedingt. Verschiedene Methoden bieten sich an. Die eindeutigste bleibt natürlich, den Zielfisch mit den Augen zu erspähen oder wenigstens akustisch wahrzunehmen. Selbst in trüben Gewässern bestehen dazu noch Chancen, denn spätestens die lautstarken Platscher springender Karpfen dürften keinem Angler verborgen bleiben. Wer die Wasseroberfläche regelmäßig im Blick behält, wird daneben besonders im Sommer hin und wieder eine verräterische Bugwelle zu Gesicht bekommen.
Klappt das nicht, stellen Sie den Fischen doch einmal eine Falle: Dazu werfen Sie an verschiedene, gut einsehbare Stellen des Gewässers ein paar Angelköder ins Wasser, und zwar so tief, dass die Probierhappen von außen gerade noch zu erkennen sind. Hellgefärbte Boilies eignen sich dafür natürlich besonders gut. Sie sind auffällig und werden von Weißfischen gemieden. Wer die vorgefütterten Testbereiche nun regelmäßig inspiziert, wird rasch feststellen, in welchen Bereichen des Gewässers hungrige Karpfen patrouillieren.
Wer sich ein paar Gedanken über die Vorlieben seines Zielfisches macht, kann die Stellen für solche Experimente von vornherein eingrenzen. Karpfen schätzen es zum Beispiel, möglichst ungestört zu sein. Suchen Sie also stets nach den ruhigsten Uferpartien. Bieten diese den Fischen dann noch irgendeine Art Schutz oder Deckung und versprechen ein reiches, natürliches Nahrungsangebot, ist das schon die halbe Miete für den späteren Erfolg.
Karpfensuche mit verkehrter Logik
Doch bevor ich nach ausgesprochen aussichtsreichen Stellen suche gehe ich mit umgekehrter Logik vor: Nach und nach sondere ich die offensichtlich ungünstigen Bereiche aus wodurch die noch verbleibenden im Gegenzug immer interessanter werden. Gerade unerfahrenen Neulingen bietet dieses Verfahren den Vorteil eines schnelleren Überblicks.
Was Karpfen nicht mögen liegt nämlich häufig viel eher auf der Hand. Beispielsweise können flache schlammige Bereiche in der warmen Jahreszeit sehr schnell sauerstoffarm werden und sind dann mit hoher Wahrscheinlichkeit fischleer. Eine weitere Sommerregel: Herrscht starker Wind enthält der ruhigere Teil des Sees stets am wenigsten vom lebensnotwendigen Atemgas und somit kaum Karpfen.
Im Winter hingegen gilt: Wo eisiger Wind über flaches Wasser streicht ist der Temperaturabfall am stärksten und verscheucht die Schuppenträger aus diesen Bereichen. Unabhängig von der Jahreszeit langweilt schließlich jede Form von Eintönigkeit die Karpfen: An Stellen mit gleichmäßiger Wassertiefe und ebenem Grund an dem sich kaum Futter ansammeln kann halten sich also normalerweise keine Exemplare auf. Sie lieben es vielmehr den Besonderheiten eines Gewässers zu folgen.
Nicht gleich in die Ferne schweifen
Zu den ungewöhnlichen Strukturen zählt vor allem der Uferbereich dem meiner Meinung nach am stärksten von Anglern vernachlässigten Teil eines jeden Sees oder Flusses. Dabei kann für einen hungrigen Fisch nichts interessanter sein als der Übergang vom Wasser zum Land. Hier finden sich meist die ergiebigsten natürlichen Nahrungsvorräte weshalb die Karpfen bevorzugt zum Fressen vorbeikommen. Dabei gibt es selbst an gut besuchten Gewässern meistens einige ruhig gelegene Uferabschnitte etwa an einer Insel oder einer zugewachsenen Bucht.
Hinzu kommt dass der Wind häufig bestimmte Futterquellen konzentriert an eine Uferseite drückt. Alle treibenden Nahrungspartikel werden dorthin verdriftet und vergrößern das an solchen Stellen ohnehin schon vorhandene Grundangebot. Deshalb ist die windzugewandte Seite oft ein Volltreffer bei der Platzwahl.
Neben dem Uferbereich gibt es weitere Gewässerstrukturen die die Fische anziehen. Karpfen inspizieren beispielsweise gern Bereiche mit plötzlichem Tiefenwechsel versunkene Bäume altes Mauerwerk in Talsperren ausgedehnte Sandbänke oder Gräben in Kiesgruben.
Selbst ein einzelner Ast wird von den neugierigen Rüsslern näher untersucht. Denn jeder Gegenstand im Wasser wird nach und nach von Nahrungsorganismen besiedelt die es abzuweiden lohnt.
Hilfsmittel bei der Karpfensuche
Wer den Verlauf des Gewässergrundes erforschen will wird mit einem Echolot besonders rasch zum Erfolg kommen. Doch wo ein Boot nicht zur Verfügung steht oder ein Sonar nicht benutzt werden darf bringen bereits einige wenige Würfe mit einer Lotmontage viel in Erfahrung. Seien Sie bei der Wahl von Pose und Blei nicht zimperlich. Mit einem weithin sichtbaren Schwimmer von 60 Gramm Tragkraft und einem 90-Gramm-Blei erschließen Sie sich einen großen Aktionsradius und haben weniger Ärger als mit leichteren Lotmontagen. Weder starker Wind noch eine Drift im Wasser können die exakte Anzeige stören.
Auch über die Beschaffenheit des Seegrundes lässt sich vom Ufer aus einiges herausfinden. Werfen Sie dazu einfach ein schweres Grundblei weit aus und holen es langsam wieder ein. Halten Sie dabei die Rutenspitze flach zur Seite. Ihre Ausschläge verraten die Beschaffenheit des Grundes.
Ein Kiesgrund überträgt beispielsweise leichte Schwingungen bis in die Spitze. Je feiner der Kies desto feiner das Zittern. Liegen größere Steine am Boden bleibt das Bodenblei hin und wieder hängen. Lässt sich das Gewicht hingegen gleichmäßig und ruckfrei bei einer leichten Biegung der Rute einholen deutet dies auf einen weichen schlammigen Grund.
Wasserpflanzen sorgen dafür dass das Blei wiederum hin und wieder festhakt und gerade eben noch gelöst werden kann. Einige Krautbüschel bleiben meistens hängen. Der Wechsel vom glatten und hakeligen Einholen verrät dem Angler in welcher Distanz sich die Krautbänke etwa befinden.
Zum Erforschen der Bodenbeschaffenheit mit dieser Methode sind geflochtene Hauptschnüre unabdingbar. Da sie kaum Dehnung aufweisen geben die Ausschläge der Rutenspitze exakt die Bewegungen des Bleis wieder. Monofilschnüre würden diese Eindrücke durch ihre Eigendehnung verzerren.
Da sich auch geringe Veränderungen der Wassertemperatur auf den Aufenthaltsort der Karpfen auswirken ist es durchaus lohnend neben der Lotmontage auch einmal ein gewöhnliches Thermometer an verschiedenen Stellen des Sees auszulegen.
So erhält der Angler ein Bild von der Temperaturverteilung. Insbesondere vom Herbst bis zum Frühjahr konzentrieren sich hungrige Spiegler und Schuppis vorzugsweise in den wärmeren Zonen. An extrem warmen Sommertagen hingegen ist es genau umgekehrt.
Von vielen Anglern wird die Hilfe der Wasservögel bei der Karpfensuche unterschätzt. Bläss- und Teichhühner Stock- und Reiherenten liefern ganz unwillkürlich Hinweise auf den Aufenthaltsort der Zielfische. Diese Vögel weiden nämlich oft auf den selben Nahrungsgründen. Wo sie abtauchen ist also genügend natürliches Futter vorhanden und die Fische sind meist nicht weit.
Sollten Sie dann sogar noch beobachten dass Wasservögel ihren Tauchgang völlig unvermutet abbrechen und verschreckt verschwinden so deutet das auf die Anwesenheit von Karpfen hin. Gerade von Teichhühnern weiß man dass sie sogar laut quakend davonfliegen wenn ihre Futtergründe von großen Karpfen eingenommen werden.
Doch egal ob Sie sich der Hilfe des Federviehs bedienen oder doch lieber Ihren eigenen Sinnen vertrauen es lohnt sich immer Zeit in die Suche nach den bevorzugten Aufenthaltsorten der Karpfen zu investieren. Dies ist mindestens so wichtig wie die Wahl von Montage und Köder. Denn wo keine Fische sind kann auch nichts beißen.
Was Karpfen mögen‘
Gewässerränder bieten ihnen meistens das reichhaltigste Futterangebot.
Alle ungewöhnlichen Strukturen im Gewäser wecken ihre Neugier.
Auf der windzugewandten Seite suchen sie nach angetriebenen Futterpartikeln.
Von Herbst bis Frühjahr patrouillieren Karpfen in den wärmsten Bereichen des Sees.
An heißen Sommertagen hingegen bevorzugen sie die kühlen Ecken.
‚und was nicht
Bereiche mit Faulschlamm-Untergrund sind im Sommer oft sauerstoffarm.
Aus dem gleichen Grund meiden sie bei hohen Temperaturen die windstillen Ecken.
Kalte Frostwinde vertreiben sie im Winter aus den Flachwasser-Zonen.
Störungen aller Art meiden sie indem abgelegene Stellen aufgesucht werden.
Eintönige Bereiche in Fluss oder See langweilen sie. Köderauslegen lohnt hier nicht.
Foto: Verfasser