Zielfische Karpfen Mit Matze Koch auf Oberflächen-Karpfen

Mit Matze Koch auf Oberflächen-Karpfen

Wie ein U-Boot taucht der Karpfen auf. Es gibt wohl keinen Angler, den ein solcher Anblick nicht elektrisiert.

Ich habe schon Karpfen beobachtet, die mit ihrer Schwanzflosse so lange gegen eine Brotflocke geschwommen sind, bis sich der Haken löste und sie den Happen gefahrlos einsaugen konnten. Einmal landete ein hakenloser Testköder völlig deplatziert genau auf einem Seerosenblatt. Noch bevor ich ein neues Stück aus dem Brötchen brechen konnte, begann ein Karpfen damit, das Seerosenblatt mit seinem Rüsselmaul anzulupfen. Zunächst hielt ich das für Zufall, doch nach einiger Zeit wurde mir klar, dass er allen Ernstes versuchte, das Brot vom Blatt zu holen. Er schwamm dagegen, lutschte daran herum und verursachte Wellen, um es so herunterzustoßen. Gegen das Sonnenlicht konnte er offensichtlich klar erkennen, dass ein schmackhafter Happen auf dem Blatt lag.

Man muss sich also schon einiges einfallen lassen, um bei der spannendsten Art des Karpfenfischens erfolgreich zu sein. Folgende Tipps sollen Ihnen den Weg fürs Oberflächenangeln ebnen.

1. Die Ausrüstung

Oft wird geraten, beim Pirschen kurze Ruten zu verwenden, um flexibler zu sein und auch durchs Unterholz zu kommen. Das mag in der Tat ein Vorteil sein, aber dieser geht zu Lasten der Flexibilität beim Präsentieren des Köders. Wir haben es mit extrem leichten Happen zu tun, da ist eine lange Rute Gold wert. Und sei es nur, weil man die Brotflocke hinter ein Seerosenfeld schlenzen will. Daher setze ich auf eine 3,60 Meter lange Rute. Damit kann ich beim Anhieb auch prima dem zwangsläufig entstehenden Schnurbogen entgegenwirken. Zudem sollte die Rute recht weich sein, damit im Nahbereich entsprechender Puffer vorhanden ist. Die Rolle kann ruhig leicht sein. Modelle mit kleinem Spulendurchmesser sollten allerdings eine möglichst hohe Übersetzung haben. Ich persönlich fische jedoch auch beim Pirschen gern Rollen mit großer Spule. Als Schnur wähle ich Monofil, weil man damit den Köder unauffällig an der Oberfläche präsentieren kann. Außerdem unterstützt es die Pufferwirkung.

Dieser schöne Spiegler saugte sich ein Stück weiches Brötchen ein.
Dieser schöne Spiegler saugte sich ein Stück weiches Brötchen ein.

Ganz wichtig: Sie sollten immer Kontakt zum Köder haben. Wenn nur leichte Strömung vorhanden ist, und man ständig hochkonzentriert auf den Köder blickt, geschieht es allzu leicht, dass einem ein Schnurbogen entgeht. Das ist extrem ärgerlich, wenn endlich der langersehnte Biss erfolgt, der Anhieb aber im Bogen verhungert. Versuchen Sie nicht, den Schnurbogen zu straffen. Dadurch driftet der Köder unnatürlich, und die Karpfen schöpfen schnell Verdacht. Ich positioniere mich möglichst immer so, dass eine halbwegs gerade Linie zum Köder erhalten bleibt.

Ein herkömmlicher Karpfenkescher kommt beim Pirschen nicht infrage. Erstens ist der so handlich wie ein Wochenendhaus, und zweitens braucht man beim Fischen in hindernisreichen Abschnitten einen stabilen Rahmen, um den Fisch auch im Kraut sicher landen zu können. Daher verwende ich gern Raubfischkescher mit recht groben Maschen und Alubügel. Mit ausziehbaren Modellen kann man prima ufernahe Krautbänke überbrücken. Eine stabile Boilie-Gürteltasche nimmt sowohl die Köder als auch Kleinteile auf.

2. Die Montage

Sie besteht beim Oberflächenangeln eigentlich nur aus einem stabilen, vergleichsweise großen Haken, der direkt an die Hauptschnur gebunden wird. Unter Größe 4 sollte man nicht gehen, da ein großer Bogen deutlich besser fassen kann. Außerdem wirken bei den Drills im Nahbereich enorme Kräfte, da ist eine gewisse Stärke wichtig.

Stehen die Karpfen weiter entfernt vom Ufer, verwende ich einen Controller. Das ist eine vorgebleite Pose, bei der die Schnur nur durch eine Öse geführt wird, die sich auf ihrer Spitze befindet. Fixiert wird sie mit zwei Stoppern. Den Abstand zum Köder wählt man nach der Länge der Rute, denn das Ganze muss sich noch werfen lassen, ohne dass sich Perücken bilden. Wie ein Stehaufmännchen tariert sich die Pose von selber aus und zeigt den Biss dadurch an, dass sie kippt. Auf diese Weise kann man – je nach Modell und Wetterlage beziehungsweise Sicht- und Wellenverhältnissen – bis auf Distanzen von 30 Metern fischen.

Idealerweise lässt man beim Angeln mit Schwimmbrot den Haken möglichst weit rausschauen.

3. Die Köderfrage

Brot ist mein klarer Favorit fürs Oberflächenangeln. Doch täuscht man sich leicht, was die Haltbarkeit am Haken betrifft. Harte Brötchen halten absurderweise deutlich schlechter als weiche. Stellen Sie sich das so vor: Harte Brötchen haben große Lufteinschlüsse. Sobald diese sich mit Wasser vollsaugen, hängt nur noch Matsch am Haken. Weiche Sorten hingegen sind kompakter. Haben sie sich vollgesaugt, leidet ihre Zähigkeit kaum. Halten Sie sich aber keinesfalls stur an meinen Ratschlag, sondern experimentieren Sie selber. Das ist schon deshalb wichtig, weil jeder Bäcker anderes Brot fabriziert, und längst nicht jedes ist uneingeschränkt geeignet.

Im Angelgeschäft erhältliches Treibbrot ist nicht ganz billig, eignet sich aber natürlich auch. Es ist meist gefriergetrocknet, sehr kompakt und lässt sich prima in die Hosentasche stecken. Vor dem Anködern muss man es einweichen. Wegen seines faden Geschmacks peppe ich es auf, indem ich es mit Duftstoff tränke. Als Kostprobe ist Treibbrot daher nur bedingt geeignet.

4. Kostproben verteilen

Da das Vorfüttern an der Oberfläche nicht möglich ist, muss man sich mit Kostproben begnügen, denn nur fressende Karpfen kann man auch fangen. Besonders schwierig ist das, wenn die Fische weiter draußen stehen. Dann nehme ich mir ein ganzes Brötchen, weiche es gut ein und befördere es mit kräftigem Schwung so weit wie möglich hinaus. So kann man Weiten bis zu 20 Metern erreichen.

Jetzt gilt es, den Riesenhappen zu beobachten. Kleinfische wie Rotfedern finden meist zuerst Gefallen daran und lassen mden Brocken wippen. Sobald aber ein Karpfen seinen Teil will, gibt‘s gewaltige Bugwellen. Denn sie versuchen mit einem kräftigen Schwung, Häppchen herauszubrechen. Mit dem Fernglas kann man die ganze Sache besonders gut beobachten. Sobald ein Rüssler Interesse zeigt, landet mein Hakenköder direkt neben dem Brötchen. Der Karpfen wird ihn zuerst nehmen, weil er maulgerecht ist.

Ob Croissant, Toast, Hamburger-Brötchen, Schwimmbrot, Hundekuchen oder Dip: Der Fantasie sind bei der Köderwahl keine Grenzen gesetzt.

5. Verhalten am Wasser

Wenn man das Licht im Rücken hat, fällt logischerweise der Schatten aufs Wasser. Eigentlich ein klarer Nachteil. Ich fische trotzdem am liebsten so, da man die Fische auf diese Weise viel besser erkennen kann. Zudem nervt nichts mehr, als wenn man ständig gegen die Sonne blinzeln muss. Wenn Sie längere Zeit an einem Platz angeln wollen, postieren Sie sich so, dass Ihr Schatten möglichst mit anderen Schatten verschmilzt. Also stellen Sie sich zum Beispiel dicht an einen Baum. Verhalten Sie sich am Wasser auch möglichst unauffällig. Jeder Tritt dicht am Ufer sollte so erfolgen, als würden Sie auf rohen Eiern laufen.

6. Geduld ist alles

Werfen Sie nicht gleich das Handtuch, wenn der Karpfen nach zehn Minuten immer noch kein Interesse an dem Brot vor seiner Nase zeigt. Die Fische scheinen den Köder oftmals ganz bewusst mit aktivem Desinteresse zu strafen, indem sie sich nach einem Schnüffeltest ignorant wegdrehen. Ich habe jedenfalls schon erlebt, dass das Brot die Barteln berührte, und es dauerte dennoch geschlagene 15 Minuten, bis der Fisch den Köder dann wie aus heiterem Himmel hastig einsaugte.

Die Karpfen- Schwanzflosse inmitten der Seerosen ist auf den ersten Blick gar nicht so leicht zu erkennen.

7. Risikobereit sein

Das, was man beim Ansitz nur ungern riskiert, ist beim Oberflächenkrimi Pflicht, denn die Fische stehen meist mitten in den Seerosen. Genau dort muss der Köder hin. Da braucht man eine möglichst steife, starke und schwimmende Geflochtene im Durchmesser von 0,25 bis 0,30 Millimetern. Sonst kann‘s beim Drillen eng werden. Zudem laufen solche Schnüre recht geradlinig über die Stängel hinweg. Die Schwimmeigenschaften unterstützen das Ganze. Hat ein Fisch den Köder genommen und prescht durchs Kraut, schneidet nur ein Geflecht die Pflanzenteile gut durch. Die Bremse stelle ich extrem straff ein, um keinen Meter Schnur mehr als nötig zu geben. Im Falle einer erforderlichen Notbremse halte ich einfach die Spule fest. Risikobereit sein bedeutet für mich aber auch, notfalls einen Satz ins Wasser zu machen, wenn ich dadurch einen besseren Winkel zum Fisch erreichen kann, oder sich die festsitzende Schnur so von Hand lösen lässt. Schließlich will ich auch unter schwierigen Bedingungen einen Karpfen landen und nicht um jeden Preis mit trockenen Klamotten dastehen.

8. Nach Wetterlage angeln

Meist macht erst die Kombination aus brütender Hitze und wie Blei da liegendem Wasser das Oberflächenangeln erst möglich. Wenn im Sommer ein kräftiger Gewitterschauer niedergegangen ist, beißen die Fische beim Grundangeln meist hervorragend. An der Oberfläche ist‘s dann jedoch schlagartig vorbei. Manchmal tagelang, obwohl das Wetter wieder ideal zu sein scheint. Ohnehin glaube ich nicht, dass Karpfen sich bei Bruthitze oben aufhalten, um ein Sonnenbad zu nehmen, wie oft behauptet wird. Oben gibt‘s nun schlichtweg  en meisten Sauerstoff. Hat ein Sommerunwetter die Wassersäule richtig durchgemischt, tauchen die Fische dahin ab, wo sie sich am wohlsten fühlen: zum  Gewässergrund.

Auch diesen 22-Pfünder hat Matze Koch im dichten Unterwasserdschungel überlistet.

9. Das richtige Outfit

Leichte, unauffällige Kleidung, am besten in Verbindung mit Unterwäsche, die Schweiß aufnimmt, damit die oberen Schichten nicht an der Haut kleben, eignet sich perfekt. Bedenken Sie, dass Sie vielleicht stundenlang in der prallen Sonne ausharren müssen. Eine Polbrille mit UV-Schutz gehört auch dazu. Sie nimmt die störenden Reflexe von der Oberfläche, und man bekommt tiefe Einblicke in die Unterwasserwelt statt Kopfschmerzen. Eine Schirmmütze ist Gold wert, besonders wenn man gegen die Sonne blicken muss. Tragen Sie ruhig lange Hosen und Hemden. Die halten nicht nur Bremsen und anderen Plagegeister ab, sondern Sie können so weitgehend auf Sonnenöl verzichten. Wenn davon nämlich etwas auf den Köder gelangt, verderben Sie den Fischen garantiert den Appetit.

Wer mitten im Kraut fischen will, der braucht kräftiges Gerät.

10. Fische schonend behandeln

Beim Oberflächenangeln ist eine leichte Ausrüstung Trumpf. Aber man kann einen Fisch auch dann schonend behandeln, wenn man keine riesige Abhakmatte dabei hat. Ein Karpfensack beispielsweise lässt sich klein zusammenrollen und findet in der Boilie-Gürteltasche oder in der Hosentasche Platz. Ordentlich befeuchtet und auf Moos oder weichem Gras abgelegt, schützt das schleimschonende Material den Karpfen nicht viel schlechter als eine Profi-Abhakmatte.

Beim Oberflächenangeln muss man unbedingt beachten, dass Wasservögel den Hakenköder nicht zu packen kriegen.

Geräte-Check

Rute, hart: Greys Prodigy in 2,5 lb
Rute, weich: Chub Snooper in 2,5 lb
Rolle: Daiwa Emblem 4500 XT oder Shimano Baitrunner 5000 GTE
Monofile Hauptschnur: Nash Bullet XT in 0,35 mm
Geflochtene Hauptschnur: grüne Climax Spinline in 0,25 mm
Haken: Drennan Continental Boilie Hook, mindestens Größe 4

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