Was tun, wenn die Karpfen nur auf große Distanz zu überlisten sind? MATZE KOCH hat da einige pfiffige Tricks auf Lager.
Keine 20 Zentimeter vom Ufer entfernt, fange ich normalerweise alles: dicke Karpfen, Aale, Schleien, Zander oder Hechte. Kein Wunder, denn die Fische finden unter überhängenden Bäumen oder im Schilfgürtel Nahrung in Hülle und Fülle. Doch es gibt auch Gewässer, an denen es besonders im Hinblick auf Karpfen weniger Sinn macht, in Ufernähe zu angeln. Dazu gehören zum Beispiel Reviere, an deren Ufern viel Trubel herrscht. Ich meine Parkteiche, Strände, Kiesgruben mit Baggerbetrieb oder breite Kanäle an viel befahrenen Straßen. Dort erschließen sich die Fische manchmal Bereiche, die nicht ganz so nahrungsreich sind, dafür aber ein ruhigeres Leben ermöglichen. Das gilt vor allem für die Zeit tagsüber, solange noch Unruhe herrscht. Hinzu kommt, dass „frische“ Sandentnahmestellen oft noch sehr viel weniger Ufervegetation aufweisen. Darum muss mauch ein „Dichtuferangler“ wie ich sich hin und wieder mit den Möglichkeiten auseinander setzen, die Montagen auf Weite zu bringen. Das kann beispielsweise auch dann der Fall sein, wenn man das gegenüberliegende Ufer nicht betreten darf, oder wenn Hot Spots wie Muschelbänke oder Inseln weit draußen liegen.
Prügel für Karpfen?
Eine knüppelharte Rute mit einer Testkurve von 3 lb und mehr ist ideal um weite Würfe zu machen, könnte man meinen. Aber ich hasse solche Besenstiele. Weich und gleichmäßig sollte die perfekte Drillaktion einer Karpfenrute sein. Ich fische selten mit Modellen von mehr als 2,5 lb. Mir ist es völlig unverständlich, warum der Trend zu schweren Ruten geht. Nehmen wir an, ein Angler bringt mit perfektem Gerät einen 130-Meter-Wurf zustande. Er wird eine Schlag- und eine recht dünne Hauptschnur verwenden müssen. Anders ist eine solch rekordverdächtige Entfernung nicht zu erreichen.
Kommt dann noch ein PVA-Sack zum Einsatz, ist definitiv Schluss mit Weite, denn der Luftwiderstand ist mit diesem Beifütterhilfsmittel schlichtweg zu hoch. Darum werde ich hier gar nicht weiter auf die Möglichkeit von Gewaltwürfen eingehen, zumal auch das gezielte Beifüttern auf Entfernungen von über 100 Meter kaum noch möglich ist.
Wathose im Flachen
Die einfachste aller Methoden ist es, den Köder zu Fuß auszubringen. Klar, das funktioniert nur, wenn der See eine gleichmäßig flache Struktur und einen recht festen Grund hat. In meiner Heimat Ostfriesland kommt es gar nicht mal so selten vor, dass man sich so manchen Meter mithilfe der Wathose erlaufen kann. Man muss aber gar nicht unbedingt bis auf den Futterplatz stiefeln können. Es genügt völlig, einige Meter zu Fuß zu überbrücken.
Nehmen wir an, Sie wollen die Montage 150 Meter weit draußen an einer Erhebung ablegen. Sie können jetzt zum Besenstiel greifen und lospfeffern, werden aber vermutlich scheitern. Oder Sie waten, je nach Möglichkeit, zum Beispiel 70 Meter weit ins Gewässer hinaus und erledigen den Rest per kräftigem Wurf mit der weichen Rute. Denn auch damit schaffe ich durchaus 80 Meter – jedenfalls, solange keine Anhängsel mit ausgebracht werden sollen. Aber auch wer nicht solch einen bequemen See vor der Haustür hat, sollte unbedingt über die Anschaffung einer Wathose nachdenken. Denn selbst wenn man dicht am Ufer fischt, kann man sich so manchen Meter erlaufen. Stellen Sie sich vor, Ihr Gewässer hat an einer Seite ein extrem dicht bewachsenes Ufer. Bäume und Büsche bilden eine schier undurchdringliche Barriere. Sie können sich nun vom Ende der Baumreihe oder mittels einer freigemachten Stelle beziehungsweise Lichtung mit der Wathose nach rechts und links Stellen erlaufen, die Ihnen bisher verwehrt blieben. Dicht vor den Bäumen entlang zu werfen, birgt nämlich die große Gefahr, dass man in versunkenen Ästen Hänger bekommt. Mit einer Wathose spürt man die Grundbeschaffenheit haargenau und kann die Montagen exakt da ablegen, wo die Fische fressen und wo dennoch keine Gefahren für Schnur und Haken lauern. Sogar Hindernisse wie große Äste lassen sich kurzerhand entfernen, um den Weg für einen sicheren Drill frei zu machen.
Futterboot und Wurfrohr
Was ist eigentlich mit Futterbooten? Die sind doch nur was für Spezialisten, werden Sie jetzt sicher denken. Das mag nicht ganz falsch sein, doch die Kosten eines solchen Gefährts müssen nicht explodieren. Eigenbaukonstruktionen sind oft den persönlichen Erfordernissen besser angepasst als die besten im Handel erhältlichen Modelle. Ich sah am Wasser schon Bauten aus einfachen Kanalisationsrohren, die prima funktionierten. Besonders die oft fragliche Akkuleistung lässt sich so bestens anpassen.
Einer der Nachteile beim Ausbringen der Köder mit dem Futterboot liegt darin, dass die gesamte Ködermenge auf einem dicken Haufen landet, was in den wenigsten Fällen erwünscht ist. Man kann zwar mit dem Wurfrohr Boilies nachschießen, aber dem sind auch Grenzen gesetzt. Auch wenn manche Hersteller Angaben von weit über hundert Metern „Schussweite“ machen, entspricht das doch selten der Realität. Ein wenig Seitenwind, und schon kann oftmals von konzentriertem Füttern nicht mal mehr annähernd die Rede sein. Die Boilies müssen zudem alle exakt die gleiche Größe haben und steinhart sein. Ich bevorzuge aber weichere Kugeln, weil sie zweifellos attraktiver sind. Sie zerplatzen allerdings bei stark durchgezogenem Wurfrohr schnell in mehrere Einzelteile, weil sie die enorme Beschleunigung nicht verkraften. Darum ist für mich bei etwa 80 Metern endgültig Schluss beim Wurfrohr.
Segeltörn mit Boilie
Um eine schwere Karpfenbleimontage an eine Pose zu hängen, muss etwas ganz Rustikales her. Die Firma Fox bietet eine Segelpose namens „System Float“ an. Dieses Modell hat zwei unterschiedliche Körper im Gepäck. Zieht man nun beide Schaumstoffkörper auf den „Mast“, erhält man eine Pose von enormer Tragkraft, an die man problemlos eine Karpfenmontage hängen kann. Der Spann wird mittels eines Gummibands am Mast extrem flach eingestellt. So segelt die ganze Montage sicher auch über flachere Bereiche hinweg. Ist man am gewünschten Platz angekommen, setzt man einen harten Anschlag. Das Gummiband löst sich, und das Karpfenblei kann absinken. Eine geflochtene Hauptschnur ist Pflicht, weil man durch die fehlende Dehnung den Anschlag so sicherer durchbringt. Die Schnur darf mit der Segelpose nicht ganz so stark gestrafft werden, wie man das von der einfachen Festbleimontage kennt. Der Umlenkwinkel an der Pose könnte sonst bewirken, dass man die Montage versetzt.
Übrigens kann eine Segelpose auch dann Sinn machen, wenn man kürzere Distanzen überbrücken und beispielsweise über krautreichem oder besonders weichem Grund in flachem Wasser fischen möchte. Ein aus 80 Metern Entfernung eingeworfenes Blei würde tief im Kraut oder Schlamm versinken, während sich die Montage mithilfe der Segelpose vergleichsweise sanft ablegen lässt.
Die Nachteile dieser „Reisevariante“: Eine Segelpose lässt sich unmöglich punktgenau dirigieren. Selbst wenn der Wind perfekt steht, verläuft die Drift meistens doch deutlich anders, als man sich das vorgestellt hat. Strömungen und der entstehende Schnurbauch machen die Fahrt schwer kalkulierbar. Daher ist diese Methode am besten geeignet, um verheißungsvolle Zonen zu erreichen, die sich über eine große Strecke hinziehen. Dazu gehören zum Beispiel Schilfkanten am anderen Ufer, Scharkanten oder schlichtweg der großflächige, harte Bereich mit Muscheln, der aber weit draußen liegt.
Schlauchboot
Soweit erlaubt, machen sich viele Karpfenfreaks die Mühe, ein Schlauchboot mit ans Wasser zu schleppen. Mit einem kleinen Zweimann-Modell kann man mit der gesamten Ausrüstung einen See überqueren, um unzugängliche Stellen zu erreichen. (Achtung: Nie Schwimmweste vergessen!) Wenn man seine Köder mit dem Schlauchboot rausrudert, gibt es allerdings verschiedene Dinge zu beachten. In flachen Bereichen, die seltener beangelt werden, hat ein Schlauchboot natürlich eine gewisse Scheuchwirkung. Diese kann man aber minimieren, indem man sich einen vorsichtigen Ruderstil angewöhnt, besonders in der Nähe des Futterplatzes. Hat man das drauf, gibt es wohl keine bessere Form des Heranpirschens. Wir fuhren bei solchen Touren den Fischen schon fast auf die Köpfe. Meinen Kollegen Peter und Bernd passierte es, dass es schon beim Zurückrudern biss.
Der Köder sollte so gewählt werden, dass man Bisse, die nicht von unserem Zielfisch stammen, weitgehend ausschließen kann. Denn das ständige Hin und Her durch etwaige halbstündliche Brassenattacken kann die Karpfen verscheuchen.
Am einfachsten ist es, die Rute auf den Halter zu legen und mit der Montage an die Futterstelle zu rudern. Das mache ich aber nur dann, wenn die Angelstelle großflächig ausfällt und ein punktgenaues Ablegen nicht ganz so wichtig ist. Denn durch das Platzieren der Rute am Ufer ergeben sich gleich mehrere Nachteile: Man hat beim Ablegen der Montage zum Beispiel nur einen Versuch. Ein erneutes Ausbringen ist ohne Rute im Boot nicht möglich. Auch kann man den Grund nicht mehr ertasten, was ich mit der Montage grundsätzlich mache, bevor mein Köder endgültig zu liegen kommt. Dafür klinke ich übrigens den Haken kurz aus, damit er nicht stumpf werden kann, falls sich an der Stelle ein Hindernis im Wasser befindet. Landet der Köder beispielsweise in einem Schlammloch, könnte dies eine Schneidernacht bewirken. Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass sich die Montage schlecht platzieren lässt. Angenommen, man will in einer Lücke in den Seerosen fischen, müsste man direkt bis in den Pflanzendschungel hineinrudern, was große Unruhe zur Folge hätte. Mit der Rute im Boot ist das Ganze jedoch kein Problem. Im Extremfall kann man die letzten paar Meter auch einfach überwerfen.
Schnurbogen straffen
Bei allen Arten des Distanzfischens entsteht ein mehr oder weniger großer Schnurbogen, den man nach und nach straffen muss. Dazu gehört ein wenig Erfahrung, denn man darf dabei keinesfalls das Blei bewegen. Das Gewicht sollte deshalb griffig sein, sicher am Boden liegen und mindestens 100 Gramm wiegen. Sobald der Haken nämlich auch nur ein altes Blatt gefangen hat, ist der Selbsthakeffekt gefährdet.
Tipp für den Einsteiger: Wenn man die ungestraffte Schnur in den Swinger einhängt, wird er solange immer wieder durchsacken, bis die Schnur gestrafft ist. Es kann einige Minuten dauern, bis er ruhig bleibt und signalisiert, dass die Leine stramm ist. Mit etwas Übung kann man die Schnur von Hand langsam und gefühlvoll anziehen, bis der Bogen eingeholt ist. Das geht dann um einiges schneller, nur darf man nie zu ungeduldig werden.