Naturköderangeln auf Zander ist keine einfache Angelegenheit. Wer allerdings etwas Geduld, den Riecher für die richtigen Plätze und das Gespür für die passenden Montagen mitbringt, wird mit einer faszinierenden Fischerei belohnt. Von Henning Stühring
Die Platzwahl
Die richtige Angelstelle für die jeweilige Zielfischart zu finden, ist immer wichtig. Eine Binsenweisheit, die natürlich für jede Fangmethode gilt. Aber während der mobile Spinnfischer mehr oder minder viel Strecke machen kann, ist der Ansitzer ungleich stärker an einen Platz gebunden, sein Einsatzradius somit sehr eingeschränkt. Während es in der warmen Jahreszeit noch reicht, einigermaßen dicht an einer heißen Zone zu sein, muss der Köderfisch im Winter – je kälter, desto mehr – punktgenau locken. Denn bei niedrigen Wassertemperaturen fallen die Fresszeiten an den meisten Gewässern kurz aus und die Jagdwege der Zander ebenso. Eine gute Gewässerkenntnis ist deshalb schon die halbe Miete auf dem Weg zum erfolgreichen Ansitz. Bedeutet für die Zander: Die glasäugigen Räuber stehen und lauern dicht bei den Futterfischen. Und zur kalten Jahreszeit wird das ziemlich oft im tieferen Wasser der Fall sein. Zum Beispiel an Scharkanten und Löchern. Ebenso können Häfen eine gute Wahl, manchmal sogar eine Bank sein, wenn man dort große Mengen Kleinfisch ausmachen kann. Nur wer sicher ist, dass auch Zander am Platz sind, kann beim Ansitzen der Taktik des Aussitzens vertrauen, nach dem Motto: Irgendwann wird es schon beißen.
Andernfalls sind früher oder später, wenn eben Bisse über längere Zeiträume ausbleiben, Platzwechsel angesagt. Das kostet zwar Arbeit und Nerven, spart letztlich aber wertvolle Zeit und verschafft Klarheit. Für Uferangler ist es immer ein guter Tipp, Ausschau nach erfolgreichen Stippern und Haubentauchern zu halten. Wo die gefiedertern Fischjäger Beute machen, gibt es zumindest auch für die Zander etwas zum Fressen. Noch besser und nicht verboten freilich ist es, einfach dort anzusitzen, wo andere Angler gerade fangen – natürlich ohne den Kollegen den Platz streitig zu machen! Viele erfolgreiche Petrijünger haben aber eines gemein: Sie erarbeiten sich ihre Hotspots selbst. Gerade zum Ansitzangeln braucht man ja ein bisschen Platz, um sich entsprechend ausbreiten zu können – und ebenso ein wenig Ruhe vor allzu vielen kreuz und quer werfenden Spinnfischern, die unsere Montagen einsammeln…
Die Grundmontage
Fragt man einen Zanderangler, welche Montage er empfiehlt, nennt er in neun von zehn Fällen die Grundmontage. Kein Wunder, denn diese simple Variante kann überall eingesetzt werden. Dazu passt man einfach das Blei der Wurfweite und Stömung an. Für Stillgewässer reichen mitunter fünf bis zehn Gramm aus, während es am Fluss auch schon mal 50 Gramm und mehr sein dürfen.
Oberstes Gebot ist, dass der Räuber beim Biss keinen Widerstand spürt, denn sonst lässt er seine Beute sofort wieder los. Um das zu verhindern, muss die Schnur reibungslos durch das Blei laufen. Dies erreicht man durch einen Running-Boom (Schnurgleiter), in den man das Birnenblei einklinkt. Ist der Untergrund schlammig, kann es sinnvoll sein, ein sogenanntes Tiroler Hölzl zu verwenden. Das ist ein mit Luft gefüllter Gummischlauch, an dessen unterem Ende das Gewicht angebracht ist. Oben wird er an dem Running-Boom befestigt. Auch wenn das Blei im Morast versinkt, schaut die Spitze des Tiroler Hölzls noch heraus und sorgt für freien Schnurabzug. Noch besser allerdings ist ein sinkender Sbirolino, der abziehenden Zandern wirklich null Widerstand bietet. FISCH & FANG-Autor Sebastian Hänel schwört auf diese Montage, vor allem bei sensiblen Stillwasserzandern.
Da man oft abends und nachts auf Zander ansitzt, empfiehlt sich ein elektronischer Bissanzeiger. Am Fluss ist eine Baitrunner-Rolle sinnvoll. Den Freilauf stellt man so ein, dass der Köder gerade eben liegen bleibt. Am Stillgewässer reicht eine normale Stationärrolle. Was den richtigen Zeitpunkt zum Anhieb betrifft, gilt im Allgemeinen, dass Flusszander weniger vorsichtig beißen als ihre Artgenossen im See. Meist nimmt der Räuber den Köder und zieht ein paar Meter ab. Danach hält er an, um die Beute zu schlucken. Wenn dann wieder die Schnur läuft, kann man anschlagen. Doch nicht immer halten sich Zander an dieses Drehbuch. An Stillgewässern hat der Räuber alle Zeit der Welt, seine Beute zu begutachten. Da kann es bis zum Schlucken schon mal länger dauern. Dann heißt es, Geduld bewahren und nicht die Nerven verlieren.
Auf keinen Fall sollte man einen „Kontrollanhieb“ setzen, wenn die Schnur nicht läuft. Lieber warten, ob der Fisch nicht doch noch mal abzieht. Passiert das nicht, hat der Stachelritter leider wieder losgelassen.
Die Auftriebsmontage
Thomas Kalweit, Ansitz-Experte aus der FISCH & FANG-Redaktion, setzt gerade zur kalten Jahreszeit gern Auftriebsmontagen ein. Dazu drückt er zum Beispiel ein Stück Styropor oder Kork ins Maul des Köderfisches. Der Einzelhaken wird, um eine aufrechte Schwimmposition des Köderfischs zu gewährleisten, über der Afterflosse im Schwanzbereich der Köderfischs eingejakt. So ein kurz über den Boden schwebender Happen wird von den Zandern noch besser wahrgenommen. Bei dieser Grundmontage wird ein sogenannter „Run-Ring“ ins Wirbelblei geklickt. Der Ring ist extra-groß und ermöglicht dadurch dem beißenden Zander einen reibungslosen Schnurabzug.
Die Posenmontage
Luc Coppens, der belgische Profi und Seriensieger diverser Raubfisch-Meisterschaften, schwört auf diese Variante. „Meine Posenausrüstung habe ich immer dabei“, sagt er. „Mit ihr habe ich schon etliche Turniere gewonnen.“ Wenn der Luftdruck oder die Temperatur fällt, werden die Zander träge. Sie ziehen nicht mehr herum und jagen nicht mehr aktiv. „Mit bewegten Ködern wie Gummifisch oder auch Fischchen am System sind die Räuber dann kaum zu überlisten“, erklärt Luc. „Wenn man ihnen dann aber einen saftigen Happen direkt vor die Nase legt, können sie kaum widerstehen.“ Die Tiefe des Schwimmers stellt der Belgier so ein, dass er leicht schräg steht. „Dann weiß ich, dass das unterste Schrot auf Grund aufliegt“, sagt er. Bei einem Biss spürt der Zander so gut wie keinen Widerstand. Erst wenn der Fisch kontinuierlich Schnur nimmt, setzt Luc den Anschlag. Das kann an manchen Tagen mehrere Minuten dauern. „Da ich mit einem Einzelhaken fische, den ich durchs Maul des Köderfisches steche, warte ich lieber etwas länger“, erklärt der Experte. Sind die Bedingungen so schwierig, wie oben beschrieben, muss man die Standplätze der Stachelritter genau kennen. Erst, wenn man ihnen die Köder direkt vors Maul legt, werden sie zuschnappen. Aber natürlich funktioniert die Montage auch dann, wenn die Zander umherziehen.
Die Ausrüstung
Die ideale Rute für den Naturköderansitz auf Zander verfügt über ein starkes Rückgrat für den Anhieb und geht unter Spannung schnell in eine parabolische Aktion über, um die Stöße abzupuffern. Wurfgewichte von 15 bis 40 Gramm reichen aus, die Länge zum Uferangeln ist mit drei bis 3,30 Metern ideal. Dazu passen Stationärrollen der Größe 2.000 bis 3.000 perfekt. Für das Angeln im Strom sind Freilaufrollen ideal. Wichtig ist, dass sie über einen sehr sensiblen Freilauf verfügen. Was das Vorfach betrifft, schwören viele Spezialisten auf Fluorocarbon. Andere wiederum verlassen sich lieber auf Stahl, vor allem, wenn auch Hechtbisse zu erwarten sind, darunter FISCH & FANG-Autor Uwe Pinnau. Für ihn ist ein weiches, 49-fädiges Material mit einer Tragkraft von acht bis zwölf Kilo genau richtig. Und wie beim Hechtansitz leistet ihm auch beim Naturköderangeln auf Zander das klassische Schnellanschlagsystem mit 2 Drillingshaken gute Dienste. Diese kommen bei Uwe in den Größen 6 und 8 zum Einsatz, und zwar ausschließlich Qualitätsware (zum Beispiel von Partridge, Greys, Fox oder auch gern die UV-Drillinge von MB Fishing). Wichtig ist, dass die Haken nicht zu dünndrähtig, aber dennoch scharf genug sind. Bei Uwe beträgt die Vorfachlänge ungefähr einen halben Meter, sie darf aber auf keinen Fall kürzer als 40 Zentimeter sein. Für das Schleppen mit dem Köderfisch – auch das funktioniert bei Zandern – schaltet der Dortmunder den zwei Drillingen gern noch einen Einzelhaken (Karpfenhaken Größe 4 oder auch Partridge VB) vor, der den Köfi sicher in der Lippe hält.
Die Köderfische
Kleine, schlanke Fischchen von sieben bis zwölf Zentimetern passen am besten ins Beuteschema der Zander. Plötzen, Lauben und, wo erlaubt, Kaulbarsche, Mini-Rapfen und Gründlinge sind ideal. Wer die Möglichkeit hat, mit Stinten zu fischen, hat den wohl besten Zanderköder. In Holland angeln die Spezialisten fast ausschließlich mit ihm.
Was die Köderfischgrößen betrifft, sei noch erwähnt, dass es auch einige mutige beziehungsweise optimistische Ansitzer wie Uwe Pinnau gibt, die gezielt mit handlangen Rotaugen erfolgreich sind. Beim Zanderangeln mit großen Köderfischen orientieren sie sich an den klassischen Hechtmontagen. Statt einer schlanken Antennenpose kommt dann natürlich ein von der Tragkraft her stärkerer „Hechtproppen“ zum Einsatz.
Ja, es ist schon verrückt und verflixt mit den Zandern: In Holland, am Haringvliet, habe ich in einigen hundert Metern Abstand Ansitzangler erlebt, die völlig unterschiedlich vorgingen – und fingen. Die einen schleuderten ihre schweren Grundbleimontagen, bestückt mit teils handgroßen Rotaugen, an regelrechten Brandungsruten ins weite, offene Wasser vor der Hafeneinfahrt. Sie wissen: Hier herrscht Strömung, und die Zander stören sich weit weniger am groben Zeug, haken sich beim Biss meist selbst.
Im ruhigeren Hafen selbst beziehungsweise dem Zulauf dorthin wird dagegen viel feiner gefischt, eben mit schlanken, sensiblen, penibel austarierten Posen und fingerlangen Köderfischen. Sie wissen: Mit schwerem Brandungszeug wäre im Stillwasser nichts zu holen. In diesem Sinne, lesen Sie Ihr Zandergewässer richtig, im Winter anders als im Sommer, und treffen danach Ihre Entscheidungen.
Zeichnungen: U. Koch