Zielfische Sonstige Graskarpfen: So angelt man sich einen Vegetarier

Graskarpfen: So angelt man sich einen Vegetarier


Benjamin Gründer über die Faszination Graskarpfenfischen.

Sie sind wahre Fressmaschinen und vertilgen bei optimalen Bedingungen so viel Grünzeug, wie sie selbst wiegen. Und das Tag für Tag! Als reine Vegetarier können sie problemlos ein ganzes Gewässer krautfrei fressen. Die Rede ist von Graskarpfen. Sie brauchen diese enorme Futtermenge, weil sie die pflanzliche Kost nur zu einem geringen Teil verdauen können. Das Ganze ist jedoch gerade im Stillwasser stark abhängig von Faktoren wie Sauerstoffgehalt, Tiefe oder Temperatur des Wassers sowie von der Fischdichte.

Sinkt der Sauerstoffgehalt, fressen die Graskarpfen entsprechend weniger, und wir können trotz scheinbar guter Witterungsbedingungen keinen an den Haken locken. Dies muss der Angler beispielsweise beim Anfüttern berücksichtigen. Es bringt nichts, während einer Hitzeperiode kiloweise Köder im See zu versenken. Dazu später mehr.

Passen Sie Wetterumschwünge ab, um fischen zu gehen. Nach einem erfrischenden Gewitterguss werden die Graser meist mobil, und Sie können wahre Sternstunden erleben. Anders die Situation im Fluss: Dort gelangt durch die Strömung stets genügend Sauerstoff ins Wasser, so dass auch bei hohen Temperaturen tolle Fänge möglich sind. Dies aber nur am Rande. Eine sehr gute Zeit, um in Seen gezielt auf Graskarpfen zu fischen, sind die Monate Mai und Juni, wenn die „normalen“ Karpfen mit dem Laichen beschäftigt sind. Die Wassertemperatur liegt nun meist bei 18 bis 22 Grad, und es ist genug Sauerstoff vorhanden. Zu dieser Zeit des Jahres finden wir die Graser vor allem in flacheren Uferbereichen mit starkem Pflanzenwuchs. Die frischen Triebe vom Schilf sind eine Delikatesse für unsere Zielfische. Lassen Sie aber auch die ein bis zwei Meter tiefen Bereiche nicht außer Acht.

Im Sommer und Herbst halten sich die Graskarpfen tagsüber gerne an schattigen Plätzen auf. Hot Spots sind jetzt überhängende Bäume oder Seerosen.

Auftreibende Köder

Wenn man sich das Maul des Graskarpfens ansieht, ahnt man schon, dass dieser Fisch – anders als der gewöhnliche Karpfen – nur ungern am Grund rumwühlt. Diese Tatsache sollten Sie bei der Montage berücksichtigen. Schwimmende Köder wie Pop-Ups, auftreibender Mais oder Brot kommen den Grasern sehr entgegen. Des Weiteren sind sie Leckermäuler und lieben süße Sachen. Deshalb greife ich gerne auf Boilies in den Geschmacksrichtungen Scopex oder Tutti Frutti zurück. Alternativ benutze ich Hartmais, den ich als Kette präsentiere. Mit einem Stück Pop-Up-Foam (spezieller Schaumstoff) verleihe ich dem Ganzen den entsprechenden Auftrieb.

 

Schwimmende Köder wie Pop-Up-Boilies (oben.) oder Mais mit einem Stück Auftriebsschaum (unten.) sind beim Fischen auf Graskarpfen von Vorteil.

Sehr scharfe, dünndrahtige Haken wie der Line Alinger von Quantum in der Größe 6 oder 4 sind für das Fischen auf Graskarpfen prima geeignet. Da das Maul der Torpedos sehr hart ist, benutze ich ein schweres Grundblei mit einem Gewicht von 120 bis 160 Gramm. Auf diese Weise kann der Haken schneller und besser ins Maul eindringen, und es kommt zu weniger Fehlbissen.

Ich fische eine simple Festbleimontage, wie man sie beim normalen Karpfenangeln auch verwendet. Das geflochtene Vorfach (Soft Carp Braid) ist etwa 25 Zentimeter lang und mit einem 4er Haken bestückt, wenn ich einen 20er Boilie oder eine Maiskette anbiete. Der Haken wird als Line Aligner gebunden. Soll heißen: Ein schräg abgeschnittenes Stück Schrumpfschlauch sitzt über dem Öhr, das Vorfach tritt seitlich aus dem Schlauch aus. So dreht sich der Haken besser ins Maul hinein.

Die Ruhe vor dem Sturm

Die Attacken kommen oftmals nur sehr zaghaft, daher ist ein fein justierbarer Bissanzeiger von Vorteil. Da die Graser nach der Köderaufnahme häufig auf den Angler zugeschwommen kommen, empfiehlt sich zudem ein Swinger. Er wird in die Schnur eingehängt und zeigt Fallbisse zuverlässig an. Ich schlage sofort an, wenn der Swinger kurz durchsackt.

Meist lässt sich der Graskarpfen zunächst wie ein nasser Sack ranpumpen. Aber Vorsicht – vor dem Kescher explodiert er regelrecht! Daher muss das Gerät den brachialen Fluchten unbedingt gewachsen sein. Ideal sind 3,60 Meter lange Karpfenruten mit einer Testkurve von 2,5 lb. Die robuste Stationärrolle sollte mit 0,30er oder 0,35er Monofil bespult werden und über eine ruckfreie Bremse verfügen.

Richtig füttern

Kommen wir zum Futter. In erster Linie setze ich auf Hartmais, den ich gerne mit Hanf mische. Beim Aufquellen füge ich dem Wasser etwas Flavour hinzu. Daumenregel: Auf zwei Kilo Hartmais kommen zirka 50 Milliliter Scopex- oder Tutti-Frutti-Flavour. Den Mais lasse ich einen Tag einweichen, koche dann das Ganze eine halbe Stunde und lasse es anschließend noch einen Tag stehen. Der auf diese Weise behandelte Hartmais ist dann gleichzeitig auch mein Hakenköder.

Benjamin Gründer setzt auf einen Grundfuttermix, kombiniert mit Hartmais sowie Hanf.

Um eine besonders hohe Lockwirkung zu erzielen, füttere ich zusätzlich mit Grundfutter, beispielsweise mit Big Fish oder River von Browning. Ersteres ist angenehm süß, River bindet sehr gut. Dadurch kann ich dem Grundfutter auch größere Mengen Partikel zufügen. Außerdem halten die Ballen länger, wenn man sie mithilfe einer Wurfschaufel ausbringen möchte.

Ein Schuss Flavour verleiht der Partikelmischung das gewisse Etwas.

Meine Taktik sieht folgendermaßen aus: Ich füttere zweimal vor dem Angeln vor. Dazu knete ich fünf Kilo Trockenfutter zu Tennisball großen Bällen, in die ich zirka zwei Kilo Mais mische. Pro Anfüttertag kommt davon jeweils die Hälfte ins Wasser. Zusätzlich werfe ich je 2,5 Kilo 20er Boilies ein. Durch die Verwendung von Grundfutter und Mais sind zuerst die Weißfische auf dem Platz. Das stört mich aber überhaupt nicht. Im Gegenteil, denn die vielen kleineren Fische machen die Graskarpfen neugierig und lassen sie schneller auf unseren Futterplatz stoßen. Haben sie den Gabentisch erst einmal ausfindig gemacht, vertreiben sie alle anderen Konkurrenten – selbst große Spiegel- und Schuppenkarpfen. Daher sind die Graser bei reinen Karpfenanglern nicht sonderlich beliebt, denn sie verlassen den Futterplatz erst wieder, wenn er leer ist. Aber wer es gezielt auf die kampfstarken Asiaten abgesehen hat, der freut sich natürlich über deren Eigenheit.

Beim Angeln selbst füttere ich jeweils nur mit der halben Menge an. Ist der erste Graskarpfen gefangen, werfe ich ein bis zwei Kilo Boilies nach.

Oben auf

Wie eingangs erwähnt, kann auch Brot ein guter Köder sein. Genau wie Pop-Up-Boilies kann man es direkt an der Oberfläche präsentieren. Bei dieser Angelei muss man sich jedoch äußerst vorsichtig verhalten. Kleidung in unauffälligen Farben ist Pflicht. Stehen die Fische im Uferbereich, fische ich mit freier Leine – der Haken wird also direkt an die Hauptschnur geknotet. Letztere sollte gut gefettet sein, damit sie besser schwimmt. Kurz vor dem Auswerfen tauche ich das Brot ins Wasser, damit es sich vollsaugen kann. Somit haben wir etwas Gewicht, um Distanzen von fünf bis zehn Metern überbrücken zu können. Die Hakenspitze sollte verdeckt sein, damit die Fische beim Einschlürfen keinen Verdacht schöpfen.

Hot Spot: Hier sieht man sehr schön, wie der Hakenköder direkt zwischen den Seerosen platziert wird.

Tummeln sich die Graser etwas weiter vom Ufer entfernt, schlägt die Stunde der Wasserkugel, mit der man größere Wurfweiten erzielt. In diesem Fall neh-me ich auch gerne Boilies am Haar. Das Vorfach besteht hierbei allerdings aus Monofil, das etwas dünner als die Hauptschnur sein sollte.

Graser im Fluss

FISCH & FANG-Autor Stephan Höferer fischt gerne in Flüssen wie Oder, Havel oder Spree auf Graskarpfen. Er sagt: „Wichtig ist, dass eine entsprechende Strömung vorhanden ist, dann kann man auch im Hochsommer sehr gut fangen. Im Frühjahr konzentriere ich mich auf die flachen Bereiche und Innenkurven. Die Köder lege ich direkt vor meinen Füßen, also ganz nah am Ufer ab. Im Herbst sind die Graser eher in den tieferen Gumpen anzutreffen.“

Ansitz am Fluss: Die Montagen sind ausgebracht, das Warten auf den Biss beginnt.
„Türmchen“, ein Angelkumpel von Stephan Höferer, war im Dunkeln erfolgreich, wie das Foto beweist.

Die mobile Version verlassen