Zielfische Hecht Ab in die Binsen

Ab in die Binsen


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Selbst im knietiefen Wasser beißen große Räuber.

„Frühjahrshechte“ stehen meistens zwischen Schilf und Pflanzenwerk. Kein Problem, mit dem „Überflieger“ überlistet der Angler die Räuber selbst im dichten Ried. Was hinter diesem fängigen Verführer steckt, verrät Dietmar Isaiasch.

By Dietmar Isaiasch

Hänger! Mit lautem Knall reißt die Sehne, und wieder verabschiedet sich ein großer Löffelblinker. „Das war schon der zweite heute.“ Entnervt stiefelt Jan am Ufer entlang. Ich habe dieses Problem zum Glück nicht und werfe erneut eine verheißungsvolle Stelle zwischen den Schilfhalmen an. Ich fische nämlich mit dem „Überflieger“, einem flachlaufenden Schwimmwobbler.

Nach dem Einwurf liegt er noch wie ein Korken auf der Oberfläche. Erst wenn ich beginne, ihn langsam mit kurzen Rucken der Rutenspitze entlang der Schilfkante einzukurbeln, taucht er gerade eben unter. Dabei schaue ich konzentriert auf das Wasser und versuche, jede noch so kleine Regung zwischen den Halmen zu deuten.

Um einen lauernden Standhecht oder Nachläufer auszumachen, trage ich eine Polarisationsbrille. Dadurch habe ich den Wobbler auch unter Wasser im Auge und sehe den angreifenden Esox. So kann ich bei einer explosiven Attacke schnell genug reagieren und rasch den Anhieb setzen.

Da kommt auch schon „Leben in die Bude“: Plötzlich schießt ein Esox auf meinen Köder zu. Dann geht alles blitzschnell, kopfschüttelnd springt der gehakte Räuber in voller Länge aus dem Wasser. Im Nahkampf spritzt das Wasser auf, doch die Bremse ist gut eingestellt. Nach wenigen Minuten lande ich einen schönen Frühlingshecht per Hand.

Gerade in den ersten Wochen, direkt nach der Schonzeit, stehen selbst prächtige „Unterwasserkrokodile“ noch dicht an den Krautkanten vor dem Ufersaum, in den vielen flachen Buchten oder im Schilf. Hier fressen sie sich satt und genießen die ersten wärmenden Sonnenstrahlen, bevor sie mit steigender Wassertemperatur einige Wochen später in kühlere Tiefen ziehen. Dann patrouillieren sie nur noch nachts und am frühen Morgen an den Ufern.

Ran an das Ried

Zum Saisonstart bin ich stets mit dem Schwimmwobbler im pflanzenreichen Terrain unterwegs. Der Einsatz schwerer Blinker oder großer Spinner hat im flachen, leicht verkrauteten Uferbereich wenig Sinn. Jetzt sind vielmehr die Kunstköder fängig, die knapp unter oder sogar auf der Oberfläche schwimmen. Also „Wasserläufer“, die kein Kraut, sondern Fische fangen.

Hechte sind typische Augenjäger, die allzugern von unten nach oben zustoßen. Sie nehmen aufgrund ihres Gesichtsfeldes jegliche Beute und Beutebewegungen, die sich über ihnen im Wasser abspielen, genauestens wahr.

Bei sichtigem Wasser und klarem Himmel versuche ich, sie mit schlanken, einteiligen Schwimmwobblern mit leichten, natürlichen Bewegungen zu verführen. Ist das Wasser trüb oder der Himmel bedeckt, kommt jedoch nur ein richtiger Krachmacher mit einer ausgeprägten Wackelaktion in Frage, der mit seiner Geräuschkulisse für entsprechende Aufmerksamkeit sorgt und Fangerfolg verspricht. „Ausgeschlafene Hechtangler“ haben immer beide Modelle in unterschiedlichen Ausführungen in ihrer Box, so dass für jeden Räubergeschmack immer etwas dabei ist.

Eine Ladung Schrot

Bläst im Frühjahr einmal ein kalter Wind über das Wasser, stehen unsere Zielfische ein wenig tiefer in Bereichen zwischen zwei bis fünf Metern. Falls der gewählte Wobbler hier ein bisschen zu flach läuft, klemme ich einfach zwei oder drei Bleischrote auf das Stahlvorfach. Durch dieses höhere Wurfgewicht fliegt der Köder auch gleich ein wenig weiter.

Je nach Anordnung der Bleie auf dem Vorfach kann ich nicht nur ganz unterschiedliche Wasserschichten absuchen, sondern dem Wobbler sogar noch einen zusätzlichen Effekt verleihen. Befische ich beispielsweise eine Bucht ohne Hindernisse, so drücke ich so viel Bleischrote etwa einen Meter vor dem Kunstköder auf die Hauptschnur, dass er rasch zu Boden sinkt.

Diese Bleischrotkette schleift beim langsamen Einkurbeln über den Gewässergrund, während der Oberflächenwobbler gut 70 Zentimeter über dem Boden wackelt. Ein Trick, den ich immer dann einsetze, wenn ich das Beuteimitat vom Ufer aus vom tiefen ins flache Wasser langsam hochführen will.

Neben dem passenden Köder und der fängigen Köderführung ist auch die richtige Taktik entscheidend. Systematisches Abwobbeln und Ausfischen einer verheißungsvollen Angelstrecke sind das A und O, fächerförmiges Auskämmen bringt mehr Bisse als einfach nur auf das Geradewohl auszuwerfen.

Dabei ist es ganz besonders wichtig, vorausschauend zu fischen und keine bereits kurz zuvor mit Angelbooten befahrene Wasser- oder begangene Uferlinie zu beangeln. Denn wenn die Räuber im Seichten stehen, sind sie schnell vergrämt.

Schleichend am Schilfgürtel

Für den Bootsangler heißt dies: Schleichfahrt entlang vielversprechender Schilfgürtel und Flachwasserzonen, und dann systematisch vom Flachen ins Tiefe wobbeln. Da das zentimetergenaue Abfischen zwischen Ried- und bewachsenen Uferkanten sehr risikoreich sein kann, fische ich mit gefärbter Dyneema-Schnur.

Eine abschreckende Wirkung auf Flachwasserhechte konnte ich bislang mit solchen bunten High-Tech-Schnüren nicht feststellen. Ganz im Gegenteil: Sie gewähren ein traumhaft direktes Ködergefühl und haben den großen Vorteil, dass ich die Laufrichtung meines Köders deutlich vor Augen habe und rechtzeitig auf Hindernisse reagieren kann. Elegant umkurve ich so die Binsenbüschel, wo die Frühjahrshechte auf fette Beute lauern.

Ruckend zum Räuber

Das Spinnfischen mit Schwimmwobblern bietet viele Möglichkeiten der Köderführung. Entweder wird der Wobbler ganz langsam durchs Wasser gezogen, so dass er eine Bugwelle vor sich herschiebt und wie ein angeschlagener Fisch oder Frosch taumelt, oder man zupft ihn: Nach dem Auftreffen des Wobblers auf der Wasseroberfläche wird zunächst die Schnur gestrafft und der Oberflächenwobbler unter kurzen, ruckartigen Bewegungen der Rutenspitze nach unten eingeholt. Durch den „Ruck“ taucht der Köder in die Tiefe. In der folgenden Ruhephase beim Anheben der Rute und Einkurbeln der Schnur, steigt das Beuteimitat langsam auf. Dann folgt der nächste Zupfer.

Dieses Bewegungsspiel ahmt ein verletztes Fischchen perfekt nach und wirkt ausgesprochen verführerisch auf die Räuber.

Die Schwingungen des Wobblers beim raschen Abtauchen sind – wenn man es richtig macht – deutlich in der Rutenspitze zu spüren. Sollte dies einmal nicht der Fall sein, kann auch ein Blatt oder etwas Kraut hängen.

An Tagen, an denen Esox an der Oberfläche jagt, zupfe ich den Wobbler zügig ein und lasse ihn nur ganz kurz auf dem Wasser liegen. Mein Köder sieht nun aus wie ein flüchtender Beutefisch und wird sehr schnell entdeckt. Sind die grünen Räuber hingegen nicht so aktiv, ist das Wasser klar und die Oberfläche spiegelglatt, dann fängt ein Köder, der langsam und gleichmäßig auf dem Wasser „läuft“.

In stark getrübtem Wasser oder in der Dämmerung macht der Wobbler durch kräftiges Rucken mit Rute richtig „Krach“ an der Oberfläche. Dabei darf er zwischendurch ruhig einige Sekunden regungslos auf der Wasseroberfläche verweilen. Auf diese Weise hat ein neugieriger Hecht genügend Zeit, den Köder zu orten, bevor er zupackt. Die Anbisse gibt’s meist dann, wenn der Köder nach dem Zupfen aufsteigt.

Die Frühjahrshechtwobbler

Alle flach laufenden Wobbler mit der Aufschrift „Floating“ (schwimmend), die mit einer kurzen, relativ steil gestellten Tauchschaufel ausgestattet sind, eignen sich für die Frühjahrsangelei auf Esox. Aber aufgepasst: Floating-Modelle mit riesigen, flachen Tauchschaufeln tauchen hingegen tief – bis teilweise neun Meter und mehr – und sind ungeeignet für unsere Zwecke.

Zusätzlich bevorzuge ich Geräuschwobbler mit dem „Hallo-Wach-Prinzip“. Kleine Stahlkugeln im Innern des Köders senden schon bei kleinstem Zug reizvolle Schallwellen und Schwingungen aus, denen kein Hecht widerstehen kann.

Foto: Bilder: M. Courtois

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