Beim Angeln mit Pose, Grundblei und Segelschwimmer sollte auf keinen Fall dasselbe Gerät benutzt werden. Thomas Kalweit weiß, wann es elegant und wann kompromisslos werden muss.
Ich erinnere mich noch gut daran: In meinen Kindertagen musste eine Hechtrute zum Angeln mit Köderfisch und Korkproppen ein richtiger „Knüppel“ sein. Nur damit ließen sich die grünen, bezahnten Monster im See überhaupt bezwingen, so hieß es jedenfalls. Ich erinnere mich noch an Angler, die mit ihren zweckentfremdeten Pilkruten problemlos in wenigen Stunden einen ganzen Eimer Karauschen verbrauchten, weil jeder zweite Köfi beim Wurf vom Haken flog. Seit dieser Zeit sind die Angler zum Glück schlauer geworden, Methoden und Gerät deutlich eleganter.
In der englischen Fachliteratur zum Deadbaiting werden angehenden Hechtanglern oft zweiteilige Karpfenruten empfohlen. Meist stammen diese Bücher aus den 1980er Jahren, damals waren diese Ruten noch weicher. Die heutigen zweiteiligen Karpfenruten, die viele Hechtangler zum Fischen mit totem Köderfisch einsetzen, sind beispielsweise zum speziellen Posenfischen viel zu hart. Will man mit so einem straffen Stecken den horizontal unter der Pose hängenden Köderfisch auf Weite bringen, dann schlitzt dieser oft aus. Das ist ärgerlich und beim Einsatz von Meeresfischen auch teuer. In den 1990er Jahren wurden deshalb spezielle, weichere Posenruten für die Hechtfischerei entwickelt. Berühmt wurde die Drennan „Pike Float“ mit einer Testkurve von nur 2 bis 2 1/4 lb. Hierbei handelt es sich quasi um eine schwere Matchrute zum Hechtangeln, die mit vielen kleinen Ringen bestückt ist. Diese Slow-Taper-Rute mit nur sehr geringer Verjüngung vom Handteil bis zur Spitze ist im vorderen Drittel sehr sensibel und weich, hat aber durch die damals hochwertigste Kohlefaser ein enormes Rückgrat. Ich habe mir die „Pike Float“ Anfang der 1990er Jahre als junger Student zugelegt, zwei Stück natürlich, für den sehr schmerzhaften Preis von jeweils deutlich über 300 Mark. Seinerzeit waren gute englische Ruten noch extrem teuer. Noch heute muss man für dieses sehr gesuchte Modell auf eBay mindestens 120 Euro hinlegen, auch im gut gebrauchten Zustand.
Ich fische mit diesen Traumruten immer noch, sie haben mir fast 30 Jahre gute Dienste geleistet. Ich kann gar nicht zählen, wie viele kapitale Hechte ich ihnen zu verdanken habe. Sie waren mit mir mehrfach in Irland, Schweden, Schottland und England. Leider gibt es solche weicheren Ruten, die perfekt für das Auswerfen von toten Köderfischen geeignet sind, heute kaum mehr. Mit der „Pike Float“ kann man eine butterweiche Sardine voll durchziehen, ohne dass sie gleich ausschlitzt. Auch kleine Rotaugen, die nur knapp unter der Rückenflosse eingehakt sind, gehen bei einem 40-Meter-Wurf nicht gleich flöten. Es gibt kaum ein Angelgerät, von dem ich so schwärmen kann. Leider wird die Rute seit Jahren schon nicht mehr produziert. Shimano hatte vor einigen Jahren zwei ebenfalls hervorragende Ruten zum Posenfischen auf Hecht im Angebot (Purist „Apex Predator“ und Purist „Deadbait Classic“). Diese von englischen Spezialisten entwickelten Ruten sind schön weich, richtige „Lämmerschwänze“, sie besitzen fast schon eine jeden Fehler ausbügelnde Aktion wie frühere Glas- und Komposit-Ruten. Ein Fachhändler hat mir einmal verraten, dass deutsche Angler heutzutage nur noch brettharte Ruten kaufen wollen, gleichgültig für welchen Einsatzzweck. Bewegt sich die Rute beim Probewippen im Angelladen, dann wird sie gleich angewidert in den Ständer zurückgestellt. Vielleicht hat Shimano deshalb die weichen Purist-Hechtruten nach wenigen Jahren vom Markt genommen.
Hart ist nicht immer gut
Klar, zum Gummifischangeln auf Zander sollte eine Rute möglichst straff sein, um jeden Fisch- oder Grundkontakt zu spüren. Jahrelang haben Zeitschriften nur noch über solche brettharten Spinnruten geschrieben. Vielleicht ist deshalb bei Anglern der Eindruck entstanden, dass eine Rute mindestens so hart wie eine Kristallnadel sein muss und sich am besten überhaupt nicht mehr biegt. Dabei ist gerade die Weichheit und Biegsamkeit für viele Methoden extrem wichtig. Etwa beim Döbelangeln mit einem großen Würfel Frühstücksfleisch. Hierfür muss die Rute weich wie Pudding sein, damit der Döbel beim ausgiebigen Probieren des riesigen Köders nicht gleich den Widerstand der Rute spürt. Wabbelige Glasfaser aus den 1960ern ist für diese Angelart geradezu perfekt.
Beim Hechtangeln mit der Pose ist übermäßige Härte ebenfalls kontraproduktiv. Eine harte High-Tech-Karpfenrute modernster Bauart ist denkbar ungeeignet. Man wird am Wasser nur noch fluchen, weil jeder zweite Köfi im Wurf fliegen geht. Die perfekte Hecht-Posenrute muss also die Quadratur des Kreises ermöglichen: Der softe Spitzenbereich beschleunigt im Wurf Pose und Köfi gleichmäßig, selbst wenn der Angler voll durchzieht. Trotzdem braucht die Rute ein kräftiges Rückgrat, um den Anschlag auch auf 50 Metern Entfernung durchzubringen und um große Hechte sicher zu landen.
Mein Kollege Markus Heine und ich haben deshalb zusammen mit der Firma Sportex in den vergangenen beiden Jahren die perfekte Hecht-Posenrute ausgetüftelt. Im Grunde haben wir alle Vorteile einer eleganten Matchrute in eine Hechtrute übersetzt. Nach mehreren Prototypen, die wir ausgiebig getestet haben, auch zusammen mit Uwe Pinnau vom Deutschen Hechtangler-Club, hat Sportex für uns den perfekten Blank bauen können.
Herausgekommen ist kein grober Säbel, wie er sonst oft bei Hechtanglern der alten Schule im Einsatz ist. Wir haben uns für die feine Klinge entschieden, ein hochelegantes „Florett“ mit allen Vorteilen. Die Rute ist dreiteilig. Sie hat aber nicht drei gleich lange Teile, das würde die Aktion zu sehr beeinträchtigen. Zusätzlich ist das Handteil abziehbar. Die geringere Transportlänge macht Flugreisen und auch das Verstauen der montierten Rute im Kofferraum deutlich einfacher.
Die feine Klinge
Sind wir doch einmal ehrlich: Selbst größte Hechte sind keine ausdauernden Kämpfer wie etwa Karpfen. Nach wenigen Minuten ist der Drill oft vorbei. Es ist also in der Regel, wenn man nicht mitten im dichten Holz angelt, keine „Hochsprungstange“ erforderlich. Viel wichtiger für eine perfekte Hechtrute ist neben ausreichendem Rückgrat eine gewisse Pufferwirkung, um Kapriolen im Drill, etwa einen Sprung oder eine rasante Flucht kurz vor der Landung, sicher abzufangen. Eine hochgezüchtete, brettharte Karpfenrute mit 3 lb Testkurve kann das nicht so gut. Inspiriert hat mich auch mein Angelkumpel „Chmi“, alias Christian, der seit Jahren sehr erfolgreich mit Friedfischruten um die 2 lb mit der Pose auf Hecht angelt. Mit diesen Specimen-Ruten vom Typ „Avon“ wird normalerweise auf Barben oder auch Döbel gefischt.
Beim feinen Posenangeln auf Hecht vom Boot aus, bei dem meist nur Schwimmer bis maximal 20 Gramm Tragkraft zum Einsatz kommen, hatte er mit diesen leichten Ruten noch nie Probleme, im Gegenteil. Das Angeln macht doppelt so viel Spaß und ist ebenso erfolgreich! Vor allem bei der Handlandung im Boot zeigen sich die Vorteile einer etwas weicheren Rute mit spitzenbetonter Aktion: Man kann selbst den größten Fisch sicher per Kiemengriff landen, ohne dass die Gefahr von Schnurbruch oder Ausschlitzen besteht. Die federnde, zum Halbkreis gebogene Rute puffert selbst an kurzer Schnur Kopfschläge und verzweifelte Fluchten kurz vor der Landung ab. Mit einer harten 3-lb-Karpfenrute ist eine Handlandung im Boot fast schon lebensgefährlich. Sie biegt sich kurz vor der Landung kaum, Bewegungen des Fisches werden nicht mehr abgefedert, vor allem, wenn die Rute immer weiter nach hinten geführt wird, um den Hecht mit der Hand zu erreichen. Bei einer letzten unerwarteten Flucht schlitzen dann knapp sitzende Drillinge gerne aus und werden Richtung
Gesicht des Anglers geschleudert. Eine weiche Rute hingegen mit einer „forgiving action“, wie es die Engländer nennen, verzeiht jeden Fehler des Anglers, puffert alle Schläge ab.
Harte Grundruten
Bisher haben wir ausschließlich über spezielle Hecht-Posenruten gesprochen. An größeren Gewässern wird jedoch auch mit toten Köderfischen ohne Schwimmer auf Grund gefischt. Die Ruten werden dabei wie beim Karpfenangeln auf einem Rodpod mit Bissanzeigern abgelegt. Hierfür sind spezielle Weitwurfmodelle erforderlich, die große Köderfische und zusätzlich noch um die 50 Gramm Blei bewältigen können. Für diesen speziellen Einsatzzweck sind stramme Karpfenruten mit 2,75 bis 3 lb Testkurve ideal. Damit kann man auch mit einer halben Makrele voll durchziehen.
Zum Einsatz bei dieser Weitwurfangelei kommen stabile, zähe Köderfische, wie Hering oder Makrele, die nicht quer wie beim Posenfischen, sondern mit dem Kopf voran am Doppeldrillingssystem montiert werden. Der obere Haken wird durch die harte Schwanzwurzel des Köderfischs gesteckt, der untere sitzt in der Flanke. Diese Montage ist äußerst aerodynamisch und hält auch Gewaltwürfe aus, vor allem, wenn die Köfis noch gefroren sind.
Beim Posenangeln liegt die Sache anders: Hier wird der Köderfisch, oft ein Rotauge, auch quer montiert – der obere Drilling sitzt dicht unter der Rückenflosse, der untere unter der Kehle. Dadurch schwebt er in natürlicher Schwimmlage im Wasser. Der Nachteil: Der Bereich unter der Rückenflosse ist bei Weitem nicht so knorpelig wie die Schwanzwurzel. Der Haken schlitzt also extrem leicht aus, zumal diese Quermontierung beim Wurf auch einen sehr hohen Luftwiderstand bietet. Deshalb ist fürs Posenfischen eine deutlich weichere Rute ideal.
Extremfall Segelschwimmer
Es handelt sich zwar irgendwie auch ums Posenangeln, trotzdem liegt die Sache beim Hechtfischen mit dem Segelschwimmer ganz anders. Bei dieser Methode lässt der Angler an schwimmender Geflochtener eine unterarmlange Segelpose durchaus mehr als 100 Meter hinaustreiben. Das leuchtend rote Plastiksegel wird beim Hinausdriften mit einem Feldstecher auf jede Regung hin beobachtet. Bei einem Biss ist dann grobe Gewalt angesagt. Um den Anschlag auf diese Distanz durchzubringen, muss erst die Schnur gestrafft werden, bis man den Hecht in der Spitze spürt. Dann wird angesemmelt, gerne mehrfach. Oft laufen Profis bei dieser Methode am Ufer auch einige Meter zurück, wenn sie nicht gleich die Gegenwehr des Hechtes in der Rute spüren.
Für diese Spezialmethode sind mindestens 13 Fuß lange Karpfenruten von 3 bis 3,5 lb erforderlich, alleine nur, um den Anschlag auf extreme Distanz überhaupt durchzubringen. Der Köderfisch an der Segelpose wird ja nur ins Wasser geschlenzt, nicht wirklich geworfen. Deshalb ist Weichheit nicht erforderlich. Den Rest besorgt der Wind, der hoffentlich kräftig aus der richtigen Richtung weht. Der Drill macht an solch einer Bohnenstange natürlich keinen Spaß, mit einem Zehnpfünder kann man Wasserski fahren.
Sie sehen: Es gibt nicht „DIE“ Hechtrute fürs Deadbaiting. Wie beim Spinnfischen erfordert jede Methode und jeder Köder ein angepasstes Werkzeug, damit die Sache erfolgreich ist und Spaß macht. Fürs feine Posenfischen auf Hecht darf es gerne ein filigranes Florett sein, wohingegen beim Grundangeln ohne Schwimmer durchaus ein robuster Säbel angesagt ist, um vom Langschwert fürs Segelschwimmerangeln gar nicht zu sprechen.