Småland/Schweden: Auf tolle Tincas in der idyllischen Heimat von Astrid Lindgrens Michel. Von Florian Läufer
Seit Jahrzehnten schon zieht es Heerscharen von Petrijüngern in das skandinavische Schweden, um den Hechten und Barschen nachzustellen. Aber wussten Sie, dass es dort ebenfalls hervorragende Schleiengewässer mit sehr guten Beständen der grünen Schönheiten gibt? Ich hörte über einige Ecken von besonders guten Schleienfängen in der Provinz Smaland in Südschweden, und bereits nach kurzer Internet-Recherche stand fest: Da muss ich hin! Meinen Angelfreund Burkhard Wagner brauchte ich nicht lange zu bitten, und so machten wir uns im Mai 2007 das erste Mal auf den Weg in Richtung „Tinca-Gewässer“.
Dass Schleien launische Gesellen sind, ist weithin bekannt, deshalb wollten wir nichts dem Zufall überlassen und nahmen ausreichend Köder mit: 800 Rotwürmer, 100 Tauwürmer, zehn Liter Maden, 15 Kilogramm Miniboilies, 15 Kilo Partikelköder, 50 Dosen Gemüsemais, 25 Kilo Paniermehl sowie 25 Kilo Minipellets.
Die Ausrüstung gestaltete sich wie beim Karpfenangeln. Zelt, Liege, Schlafsack, Abhakmatte, elektronische Bissanzeiger … Die Ruten hatten Testkurven von 1,5 bis 1,75 lb. Kleine Baitrunnerrollen mit 0,25 Millimeter starker, monofiler Schnur ergänzten das Ganze.
Unser erster Anlaufpunkt war das Städtchen Vimmerby mit knapp 8.000 Einwohnern. Dort trafen wir einen hilfsbereiten einheimischen Angler, der uns jede Menge Tipps zum Schleienfang vor Ort mit auf den Weg gab. Bei Nachfrage in einem Angelgeschäft erhielten
wir weitere Informationen. Unbezahlbar, denn nicht in allen Gewässern Smalands tummeln sich Schleien.
Schließlich nahmen wir uns vor, in drei Revieren jeweils zwei Tage und zwei Nächte zu angeln. Am ersten See fütterten wir an der Schilfkante sowie vor Seerosen- und Krautfeldern an und versuchten unser Glück mit Miniboilies, Rotwürmern sowie Madenbündeln. Innerhalb einer Stunde jedoch war klar, dass wir die Rotwürmer und Madenbündel als Köder vergessen können. Unaufhörlich machten sich handlange Rotfedern darüber her.
Mit den Boilies dagegen hatten wir mehr Glück. Völlig unvermittelt erhielt ich an der Festbleimontage einen vehementen Biss, und schon drillte ich meine erste Schwedenschleie. Sie hatte eine Länge von 48 Zentimetern und begeisterte uns mit ihren rubinroten Augen. Nach einigen schnellen Erinnerungsfotos setzten wir sie schonend in ihr Element zurück.
Als die Schleien unsere Futterplätze gefunden hatten, ging es Schlag auf Schlag. Mal drillte Burkhard, mal ich. Und nach jedem erfolgreichen Drill klickte der Auslöser unseres Fotoapparates, denn fast alle Fische waren über 50 Zentimeter lang und hatten Gewichte von vier bis fünf Pfund. Eine 60 Zentimeter lange Tinca brachte sogar sechs Pfund auf die Waage. Erst nachdem wir 24 Fische erbeutet hatten, ließen die Bisse nach. Wir kamen uns vor, als wären wir im Schleienhimmel. So etwas hatten wir bis dato noch nicht erlebt.
Nach zwei ausgesprochen erfolgreichen Tagen und Nächten steuerten wir das nächste Gewässer an. Dort fingen wir wiederum neun Fische gleicher Größenordnung. Danach hielten wir Kriegsrat. Während Burkhard das dritte Gewässer testen wollte, zog ich es vor, den vorherigen Platz noch einmal zu befischen. Gesagt, getan. Es zahlte sich aus, denn sowohl Burkhard als auch ich überlisteten etliche schöne Schleien. Was für eine Fischwaid! Was für Tage! Wir waren absolut begeistert.
Im Mai 2008 fuhren wir zum zweiten Mal nach Schweden, um die Fangerfolge vom Vorjahr zu wiederholen. Wir angelten in unterschiedlichen Gewässern, und wieder konnten wir tolle Schleien überlisten. Fast alle hatten Längen von mehr als 50 Zentimetern. Als beste Köder stellten sich wiederum Miniboilies heraus, aber auch mit Würmern waren wir erfolgreich.
Eigentlich gestaltete sich die gesamte Fischerei wie das moderne Karpfenangeln. Lediglich in einer feineren Variante. Ideale Fangstellen waren die Ränder von Seerosenfeldern und Schilfgürteln. In den von uns befischten Gewässern existieren weder Karpfen noch Brassen. Das muss jedoch nicht überall so sein. Sicher haben die verschiedenen Seen und ihre Bewohner ihre Eigenarten, weshalb man Pioniergeist und Experimentierfreude an den Tag legen sollte, wenn man den Schleien in Schweden nachstellt.
Köder und Gerät
Die besten Fänge erzielten wir mit 10 bis 14 Millimeter großen, aufgepoppten Miniboilies mit fruchtigem Geschmack. Drei Finger breit über Grund angeboten war perfekt. Direkt am Grund liegende Boilies dagegen brachten erheblich weniger Bisse. Als Vorfachmaterial verwendeten wir 0,25 Millimeter starke, monofile Schnur. Ein 6er Haken sowie 60 bis 70 Gramm schwere Festbleie rundeten die Montagen ab. Wir fütterten vorsichtig, aber regelmäßig mit Boilies in 14 Millimetern Größe an und fingen auf al-len Futterplätzen regelmäßig unsere Schleien.
Ein Schlauchboot war beim Drillen der kampfstarken Tincas ausgesprochen nützlich, weil sich einige Fische im Grünzeug verhedderten. Abrissbleie, die wir mit 0,17 Millimeter starker Schnur in den Wirbel knoteten, waren zwar hilfreich, allerdings bedeutete auch fast jeder gefangene Fisch den Verlust eines Bleis. Die beste Zeit, den Schleien nachzustellen, ist das Frühjahr. Dann, wenn die Seerosen und das Kraut zu wachsen beginnen.
Reise-Check
Informationen: Um mit dem Auto nach Schweden zu gelangen, muss man die Fähre benutzen. Wir buchten unsere Tickets im Vorwege und zahlten für die Verbindungen Puttgarden-Rödby sowie Helsingör-Helsingborg für zwei Personen plus PKW 180 Euro. Andere Fährverbindungen sind möglich.
Erste Anlaufpunkte in Smaland waren die Ortschaften Vimmerby oder Eksjö. In Vimmerby sind Angelkarten im Touristenbüro Vimmerby, Radhuset 1, 59837 Vimmerby zu bekommen. Tel. ab Deutschland: 0046/492/31 065. Die Tageskarten kosten umgerechnet etwa 5 Euro, Wochenkarten 10 Euro. Im Angelgeschäft „AT-Outdoor“, Magasinsgatan 4, Vimmerby, Tel. 0046/492/10360, erhalten Sie Informationen zu den entsprechenden Gewässern.
Auch im Touristenbüro Eksjö, Norra Storgatan 29, 57580 Eksjö, Tel. 0046/381/36170, ist man Anglern gern behilflich. Eine weitere hervorragende Adresse ist „Bergets Sportfiske & Camping“, Hagersyd Berget (Solbergavägen), Tel. 0046/ 381/83043, das sich nur wenige Kilometer nordwestlich von Eksjö befindet. Dort stehen Anglern professionelle Guides zur Verfügung.