Aktuelle Meldungen Wenn für die Fischerei der Platz knapp wird

Wenn für die Fischerei der Platz knapp wird

Immer mehr Windparks in der Nordsee. Für die Fischerei wird der Platz knapp. Bild: Nicole Stollberg/Thünen-Institut

Durch den Ausbau der Offshore-Windkraft wird es eng für die Fischerei in vielen Bereichen der europäischen Meere.

Ein Blick auf die Planungsskizzen für die Ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ) der Mitgliedsländer, also der Bereiche jenseits der 12-Meilen-Zone, in denen die jeweiligen Staaten Hoheitsrechte genießen, macht deutlich, dass in den kommenden Jahren vor allem die Offshore-Windkraft einen beachtlichen Gebietszuwachs verzeichnen wird. Sie ist eine der zentralen Säulen für eine Reduktion der Treibhausgase um 55 % bis 2030 (gegenüber 1990), wie sie im Pariser Klimaabkommen von 2015 festgeschrieben ist. Mit einem Anteil von 32 % sollen die Anlagen zu den geplanten Einsparungen beitragen. Das wird besonders in Nord- und Ostsee die räumlichen Konflikte weiter verschärfen.

Entwurf des Raumordnungsplans für die deutsche Allgemeine Wirtschaftszone (AWZ), der Kartenteil für die Nordsee. Bild: BSH/Thünen Institut

Dr. Vanessa Stelzenmüller und Dr. Antje Gimpel vom Thünen-Institut für Seefischerei in Bremerhaven haben gemeinsam mit ihren Kollegen im Auftrag des Fischereiausschusses (PECH) des Europäischen Parlaments nun eine umfassende Studie zu den Auswirkungen der Offshore-Windkraft und anderer erneuerbarer Energien, wie Wellen- und Gezeitenkraftwerke, im marinen Bereich auf die europäische Fischerei erarbeitet. Ziel war es, dem Ausschuss erstmalig eine umfassende Darstellung des aktuellen Wissensstandes zu präsentieren sowie Möglichkeiten einer Koexistenz zwischen Energiegewinnung und Fischerei aufzuzeigen und entsprechende Empfehlungen an die europäische Politik zu formulieren. Dafür hat das Forschungsteam eine Vielzahl an Daten und aktueller Fachliteratur ausgewertet. Am 27. Oktober 2020 haben Vanessa Stelzenmüller und Antje Gimpel die Studie dem Fischereikomitee des EU-Parlaments vorgestellt.

Fanggebiete gehen verloren

Ihre Ergebnisse zeigen, dass mit dem verstärkten Bau von Offshore-Anlagen vor allem für die Schleppnetzfischerei in der Nord- und Ostsee sowie der Keltischen See Fanggebiete in großem Umfang verlorengehen. Neben tiefgreifenden wirtschaftlichen Folgen für den Sektor wird dies potenziell auch sozio-kulturelle Auswirkungen für lokale Gemeinschaften und Küstenregionen haben. Bisher ist das Verständnis direkter und indirekter Kosten von Fanggebietsverlusten allerdings noch gering. Hier müsse dringend eine EU-weite Strategie der Erforschung und Überwachung entwickelt werden, so die Wissenschaftlerinnen. Auf deren Basis können dann die kumulativen Folgen des Ausbaus erneuerbarer Energien auf See für Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft besser erkannt und bewertet werden.

„Wenn wir neben Naturschutz und Erhalt von Ökosystemen auf lange Sicht auch die nachhaltige Nutzung entsprechender mariner Räume anstreben, dann brauchen wir Managementlösungen, die Konflikte reduzieren und Kooperationen ermöglichen“, stellt Vanessa Stelzenmüller fest. „Hier müssen Politik, Wissenschaft und Interessenvertreter eng zusammenarbeiten und vor allem offen sein für neue Lösungen.“

Ansätze zur Entschärfung räumlicher Konflikte durch eine gemeinsame Nutzung gibt es bereits in einigen EU-Ländern, darunter Großbritannien, den Niederlanden, Dänemark und Deutschland. Dazu gehört z.B. die passive Fischerei mit Fangkörben für Taschenkrebse innerhalb der Windparks, wie sie im Vereinigten Königreich oder auch in Dänemark erlaubt ist. In Deutschland werden Möglichkeiten einer Fischerei innerhalb der Sicherheitszonen geprüft, die den Betrieb der Anlagen nicht beeinträchtigen.

Koexistenz ermöglichen

Aus den bisher gemachten Praxiserfahrungen lassen sich Schlüsse ziehen, worauf es in Zukunft ankommt. Die frühzeitige Einbindung der verschiedenen Interessengruppen sowie das Hinzuziehen unabhängiger Dritter in Prozesse der marinen Raumplanung spielen dabei ebenso eine Rolle wie die gezielte Förderung von Zusammenarbeit. Um Koexistenz zu ermöglichen und weiter voranzubringen, sind verlässliche EU-weite Leitlinien und Best-Practice-Beispiele eine wichtige Voraussetzung.

Die komplette Studie zum Download…

-pm-

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