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Welttag des Wassers

Gewässer machen einfach Spaß, Freizeitnutzung kann aber auch ein Stressfaktor für aquatische Ökosysteme sein. Foto: F. Möllers/AVN/Leibniz Forschungsverbund Berlin

Heute ist Weltwassertag! Zu diesem Anlass nennen Forschende des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) ihre spontanen Assoziationen zum Thema Süßwasser – also Wasser, das uns in Flüssen, Seen und im Boden umgibt.

Binnengewässer bedecken nur etwa ein Prozent der Erdoberfläche, gehören aber zu den wichtigsten Ressourcen für die Produktion von Trinkwasser und Nahrung. Sie sind Hotspots der Artenvielfalt und wichtige Transportwege. Am IGB erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wie Gewässer im Zeitalter des Anthropozäns nachhaltig genutzt werden können.

„Wasser macht Spaß und hat Stress“, sagt Dr. Markus Venohr

#ambadesee: Bei schönem Wetter zieht es viele Menschen zum Baden, Boot fahren oder Angeln an Flüsse oder Seen. Diese Freizeitnutzung kann deren Ökologie stark verändern. Markus Venohr und sein Team entwickeln neue Methoden, um den individuellen „Belastungscocktail“ jedes Gewässers zu ermitteln – beispielsweise über georeferenzierte Daten von sozialen Medien wie Twitter. Daraus lässt sich ableiten, inwieweit Freizeitnutzung Gewässer stresst. Markus Venohr hat zusammen mit internationalen Forschenden ein frei verfügbares Szenario-Analysetool entwickelt, um verschiedene Stressoren für europäische Flüsse zu untersuchen und zu visualisieren. Demnach entscheiden maßgeblich sechs Stressindikatoren über den ökologischen Zustand der Flüsse in Europa, darunter die Konzentrationen der Nährstoffe Phosphor und Stickstoff, veränderte Abflussbedingungen sowie die Veränderung von Gewässerform und ihren Uferbereichen. Mit dieser Anwendung lassen sich Vorkommen und Kombinationen von Stressoren sowie ihr Einfluss auf den ökologischen Zustand visualisieren.

 „Wasser ist überall, aber oft viel zu wenig“, sagt Prof. Dr. Dörthe Tetzlaff

Die Dürre im Jahr 2018 hat die wärmeren und trockeneren Bedingungen vorgezeichnet, die im Rahmen des Klimawandels voraussichtlich in großen Teilen Nordeuropas im 21. Jahrhundert Standard werden könnten. Dörthe Tetzlaff und ihr internationales Team untersuchen den gesamten Kreislauf von Wasser in der Landschaft: im Boden, im Grundwasser und in Oberflächengewässern, aber auch in Pflanzen und der Atmosphäre. Pflanzen spielen beispielsweise eine aktive Rolle bei der Aufteilung, Speicherung und Nutzung von Wasser in unseren Landschaften. Durch die integrierte Erforschung aller Landschaftskomponenten schafft das Team die wissenschaftlichen Grundlagen für ein nachhaltiges Landnutzungsmanagement, welches die Widerstandsfähigkeit von Landschaften gegenüber Dürren erhöht und Wasserressourcen schützt.

„Wasser ist was für Winzlinge mit großer Wirkung“, sagt Prof. Dr. Hans-Peter Grossart

Hans-Peter Grossart und sein Team untersuchen die Mikroorganismen im Gewässer, kleinste Bakterien und Pilze. Diese tragen milliardenfach zur Selbstreinigungskapazität von Gewässern bei. Die Forschenden wollen wissen, wie Umweltbedingungen die Vielfalt von Mikroorganismen (Biodiversität) und die von ihnen durchgeführten Um- und Abbauprozesse von organischen Stoffen (Funktion) in Gewässern beeinflussen. Diese wirken sich u.a. auf die Bildung von Treibhausgasen aus, die unser Klima nachhaltig verändern können (globaler Klimawandel).

„Wasser braucht Süßwasser-Pandas“, sagt Dr. Sonja Jähnig

Die biologische Vielfalt in Binnengewässern erfährt dramatische Änderungen. Der „Living Planet Index“ des WWF für ausgewählte Wirbeltierpopulationen dokumentiert beispielsweise einen etwa zwei Mal höheren Verlust verglichen zu Meer- oder Landökosystemen. Sonja Jähnig erforscht die geographische Verteilung und die zeitlichen Veränderungen dieser Verluste und untersucht, wie etablierte Schutzkonzepte für Meeres- und Landtiere für den Artenschutz in Binnengewässern genutzt werden können. Ein Beispiel sind sogenannte Flaggschiff-Arten mit hoher charismatischer Ausstrahlung (ähnlich dem Panda als Landtier) oder „Schirmarten“, durch deren Schutz viele andere Arten mitgeschützt werden. Sonja Jähnig hat in einem internationalen Team mehr als 60 potenzielle „Süßwasser-Pandas“ identifiziert. Sonja Jähnig ist außerdem Mitbegründerin des Netzwerks „Alliance for Freshwater Life“, das sich dafür einsetzt, das Thema Süßwasser-Biodiversität auf die gesellschaftliche und politische Agenda zu heben.

„Wasser wird wärmer“, sagt Prof. Dr. Rita Adrian

Das Oberflächenwasser von Seen im Sommer ist seit den 1980er-Jahren im globalen Durchschnitt um 0,34 Grad Celsius pro Dekade wärmer geworden. Das heißt, viele Seen sind innerhalb der letzten 40 Jahre bereits um 2 Grad Celsius wärmer geworden. Das beeinflusst die thermische Struktur, die Nährstoffdynamik und den Gesamtstoffhaushalt eines Sees. Hohe Wassertemperaturen und erhöhte Einträge von organischem Kohlenstoff aus dem Umland können dazu beitragen, dass die Rolle von Seen als CO2-Quelle für die Atmosphäre zunimmt. Dies würde zu einer Verstärkung der Erwärmung beitragen. Binnengewässer fungieren auch als „Wärmepuffer“ und haben beispielsweise eine wichtige Funktion für das lokale Mikroklima. Wir müssen viel stärker den inhärenten Wert aquatischer Ökosysteme und deren Schutz ins Bewusstsein bringen.

„Wasser ist belastet“, sagt Prof. Dr. Werner Kloas

Pharmaka und andere anthropogene Substanzen werden in Kläranlagen häufig nicht vollständig abgebaut und gelangen in Flüsse und Seen. Dort können sie beispielsweise den Hormonstoffwechsel von Fischen und Amphibien beeinträchtigen – und damit auf Wachstum und Fortpflanzung Einfluss haben. Auch Mikroplastik wirkt auf Organismen in Gewässern. Selbst Biozide wie Dipel ES – eigentlich als umweltfreundliche Alternative zur klassischen Schädlingsbekämpfung gedacht – können negative Auswirkungen auf die Biodiversität und auf chemische und biologische Umsetzungsprozesse im Gewässer haben.

„Wasser ist essenziell“, sagt Prof. Dr. Mark Gessner

Für das Mengen- und Qualitätsmanagement von Wasser unternehmen wir in industrialisierten Ländern wie Deutschland beträchtliche Anstrengungen. Daraus erwächst große Sicherheit in der Wasserversorgung. Süßwasser ist aber nicht nur eine Ressource für vielfältige Nutzungen, sondern auch essenziell als Medium für intakte Gewässer in ihrer Funktion als Lebensräume und Ökosysteme. Hier bestehen erhebliche Defizite, die es durch intelligente, neue integrierende Ansätze zu beseitigen gilt.

Über das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB):

Das Leibniz-IGB ist das bundesweit größte Forschungszentrum für Binnengewässer. Es verbindet Grundlagen- und Vorsorgeforschung, bildet den wissenschaftlichen Nachwuchs aus und berät Politik und Gesellschaft in Fragen des nachhaltigen Gewässermanagements. Forschungsschwerpunkte sind u.a. die Langzeitentwicklung von Seen, Flüssen und Feuchtgebieten angesichts sich rasch ändernder Umweltbedingungen, die Renaturierung von Ökosystemen, die Biodiversität aquatischer Lebensräume sowie Technologien für eine ressourcenschonende Aquakultur. Die Arbeiten erfolgen in enger Kooperation mit den Universitäten und Forschungsinstitutionen der Region Berlin-Brandenburg und weltweit. Das Leibniz-IGB gehört zum Forschungsverbund Berlin e. V., einem Zusammenschluss von acht natur-, lebens- und umweltwissenschaftlichen Instituten in Berlin. Die vielfach ausgezeichneten Einrichtungen sind Mitglieder der Leibniz-Gemeinschaft. Info: www.igb-berlin.de

-pm-

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