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Reinigen von alten Kunstködern

Sören Fietz setzt auf Blinkpaste und Isopropanol-Alkohol beim behutsamen Reinigen von alten Kunstködern.

Manchmal findet man alte Kunstköder in einem rechts unansehnlichen Zustand. Mit ein paar Tipps zum Reinigen und viel Sachverstand sowie Vorsicht lassen sich aus hässlichen Entlein wieder stolze Schwäne (oder auch Störche ?) machen.

Sören Fietz hat viele Erfahrungen mit der sehr vorsichtigen Reinigung von alten Kunstködern gemacht. Er lässt uns an seinen Erkenntnissen teilhaben:

„Moin Sammler, vorab: Dieser Artikel richtet sich an Sammler, die ihre Köder lieben und nicht an Händler, die ihre Margen optimieren wollen! Die im Folgenden präsentierten Prozesse sind sehr zeitintensiv und die in Aussicht gestellten Optimierungen sollten somit letztlich für Händler unattraktiv sein. Wer meint, mal eben kurz aktiv werden zu können, warne ich eindringlich vor einem Totalschaden!

Auch ich versuche einmal ein umstrittenes Thema unter Sammlern aufzugreifen: Sollte man sammelwürdige Köder reinigen? Thomas hat im Blog bereits mehrfach darüber berichtet. Ich selbst putze jeden Köder, der in meine Sammlung kommt, jedoch mit vielen unterschiedliche Techniken und stets lieber weniger als zu viel. Ich reinige nie in Tauchbädern!

Viele Verunreinigungen lassen sich einfach mit etwas Shampoo, Wasser und Wattestäbchen oder -pads entfernen.

Variante 1 (stets zuerst anzuwenden):

Köder anhauchen (funktioniert vor allem im Sommer häufig nur bedingt, da wird einem vom vielen Anhauchen schwindelig) und mit einem Wattestäbchen vorsichtig abwischen. Einige dünn versilberte Köder, z. B. der DAM Sjöhund, vertragen nicht einmal das! Diese Variante entfernt leichte Verschmutzungen.

Variante 2:

Wattestäbchen mit einer kleinen Menge dünner Seifenlauge (Wasser mit ein wenig Shampoo) oder Isopropanol tränken. Darauf achten, dass die Watte nicht tropfnass ist. Diese Variante eignet sich zur Entfernung von z. B. klebrigen oder verharzten Flüssigkeiten. Manche Harze lösen sich aber nur mittels eines trockenen nicht weichgemachten Wattestäbchens und Reibungswärme. Isopropanol kann schwarz angelaufenes Silber schonender und nicht so brutal wie Pasten aufhübschen.

Variante 3:

Manchmal sind Köder aber so stark verschmutzt und/oder korrodiert, sodass eine intensivere Reinigung unvermeidlich ist, um die ursprüngliche Schönheit bestmöglich wiederherzustellen. Ich habe eine effektive und gleichzeitig verhältnismäßig schonende Methode entwickelt, mit der bestimmte, jedoch nicht alle (!) – dazu später mehr – Köder gereinigt werden können. Grundsätzlich gilt für mich: Patina (also die gute Korrosion) erhalten und Verschmutzungen und starke Korrosion (z. B. rotbraune Rostflecken) entfernen!

Auch Alkohol leistet auf einem Wattestäbchen gute Dienste, um Harze und andere klebrige Anhaftungen zu entfernen.

Benötigtes Material für die Reinigung:

  • Dr. Humm´s Blinkpaste (mein Zaubermittel)
  • Isopropanol 70% (für pharmazeutische Zwecke, z. B. aus der Apotheke)
  • Wattestäbchen (zumeist empfehlenswert: Watteköpfchen zwischen zwei Fingern etwas weich machen)
  • Wattepads
  • kleines sauberes Gefäß, z. B. Schraubdeckel einer Flasche
  • kleines Stück Klarsichtfolie
  • Einmalhandschuhe
  • alter Nylonstrumpf oder Nylonstrumpfhose
Köder vor der Reinigung: Unschöne weiße Verkrustungen haben sich auf dem Lack abgelagert.
Die Innenseite des ungereinigten Köders.

So gehe ich vor:

Anhand eines wunderschön bunt bemalten Blinkers, der vollständig von einer hartnäckigen weißgrauen Schicht (eventuell Kalk?) überzogen ist, teils Rostflecken sowie eine klebrige Substanz aufweist, erläutere ich die Reinigung.

ACHTUNG: Einige Farben können bei geringster Berührung mit Alkohol sofort beschädigt werden! Vor allem bemalte Bleikörper, wie z. B. beim Okima, sind absolut sensibel und vertragen allenfalls, angehaucht zu werden.

  1. Isopropanol in z. B. einen Schraubdeckel gießen und eine Seite eines Wattestäbchens in das Isopropanol tauchen und zunächst an einer geeigneten Stelle sehr vorsichtig testen, ob die Bemalung durch Alkohol gelöst wird oder nicht und ggf. sofort alle weiteren Schritte unterlassen! Hält die Farbe dem Alkohol stand, kann zunächst versucht werden, ob die Verschmutzungen ausschließlich mit dem Isopropanol zu entfernen sind. Im Falle meines Blinkers reicht dies nicht aus. ACHTUNG: Wird die Farbe milchig oder löst sie sich vom Trägermaterial, dann sofort aufhören und mit Anhauchen den Alkohol vorsichtig neutralisieren und mit einem trockenen Wattestäbchen abtragen!
  2. Nun eine etwa kirschgroße Menge Blinkpaste z. B. auf einem Stück Klarsichtfolie bereitlegen.
  3. Eine Seite eines frischen Wattestäbchens nun wieder in das Isopropanol tauchen und anschließend mit derselben Seite eine Menge Blinkpaste aufnehmen, die in etwa der Größe des Watteköpfchens entspricht. Der Alkohol vereinfacht das Auftragen und Verteilen der Paste.
  4. Die Paste mit dem Wattestäbchen zügig auf der einen Seite des Köders auftragen (Haken, Sprengringe und Wirbel lasse ich aus) und das Wattestäbchen anschließend mit sanftem Druck über die Oberfläche bewegen. Es empfiehlt sich, das Wattestäbchenköpfchen beim Putzen allmählich zu drehen, um immer wieder mit einem unverschmutzen Stück Watte zu reinigen.
  5. Gelegentlich prüfen, ob Farbfragmente abgetragen werden und ggf. über eine Fortführung der Reinigung nachdenken.
  6. Zwischendurch mit einem frischen und ggf. in Isopropanol getauchten Wattestäbchen Pastenreste vom Köder abtragen, um den bisherigen Reinigungserfolg beurteilen zu können. V. a. Rostflecken können weitere Durchgänge nach dem oben beschriebenen Verfahren notwendig machen. Bei meinem Blinker benötigte ich mehrere.
  7. Abschließend reinige ich den Köder mit Isopropanol und poliere mit einem alten, aber sauberen Nylonstrumpf oder Wattepad nach.
  8. Die Haken, Sprengringe und Wirbel können nach dem gleichen Verfahren gereinigt werden, jedoch dürfte in vielen Fällen auch eine Zahnbürste oder ein Wattestäbchen und Isopropanol ausreichen.

Bei diesem Blinker überraschte mich das Endergebnis dann doch selbst. Es erfolgten keine Verluste bei der Bemalung! Warum ist diese Farbe so widerstandsfähig? Die sehr unschönen Verschmutzungen konnten vollständig entfernt werden! Die ursprüngliche Bemalung konnte wieder strahlend zum Vorschein gebracht werden! Die Prozedur dauerte jedoch einige Stunden!

Weitere gute Ergebnisse mit der 3. Variante konnte ich bei verchromten, vernickelten und emaillierten Ködern, Perlmuttködern und sogar bei Holzwobblern der DAM erzielen. Die äußerste Lackschicht von DAM-Holzwobblern ist häufig, z. B. durch Papieranhaftungen oder durch Farbanhaftungen von anderen Gegenständen, verunreinigt. Einige andere Reinigungoptionen dürften im Lack Kratzer hinterlassen oder den Lack anlösen, sodass er z. B. stumpf wird. Mein Reinigungsprozedur kann unter Beibehaltung des Lackglanzes Anhaftungen minimieren oder gar ganz entfernen. Ein abschließendes Polieren mit einem Nylonstrumpf optimiert den Glanz nochmals. Vom Gebrauch eines Baumwolltuches rate ich bei Holzwobblern ab, da die Fasern ggf. mit dem Lack verkleben und dann sehr unschön dauerhaft darin verbleiben können.

ACHTUNG: Risse im Lack reichen in tiefere Lackschichten und verursachen dort manchmal milchige Trübungen, deshalb bei Holzwobblern eine Reinigung gut abwägen und bei Rissen lieber darauf verzichten!

Perlmuttblinker werden gelegentlich durch sehr hartnäckige Rostanhaftungen unschön, sie können aber vollständig, ohne dass das Perlmutt geschädigt wird, entfernt werden. Bei Ködern aus Perlmutt und einigen Kunststoffen (z. B. bei den allseits bekannten roten Zelluloid-Flossen) sowie bei verchromten, vernickelten und emaillierten Ködern funktioniert die oben geschilderte Prozedur nach meinen Erfahrungen in der Regel vollkommen problemlos.

ACHTUNG! Bei bestimmten Galvanisierungen ist diese Reinigungsmethode ungeeignet! Ich habe sie an einem geschwärzten, hauchdünn galvanisiertem DAM-Mausspinner (frühe Modellvariante) getestet, die Oberflächenveredelung wurde sehr leicht und schnell abgeputzt! Die späteren Modellvarianten des Mausspinners (z. B. die mit dem Hammerschlaglack) vertragen sie ohne Probleme. Wer dünn vergoldete oder versilberte, anderweitig dünn galvanisch behandelte Köder oder rohe Metalle mit attraktiver Patina nicht verhunzen und entwerten möchte, sollte auf diese Reinigungsmethode mit abrasiven Inhaltsstoffen DRINGEND VERZICHTEN!

Ich habe aktuell keinen Tipp für eine Konservierung, da diese in meinen Fällen bislang nicht notwendig war. Gruß Sören“

Nach der Reinigung erstrahlt der Lack in seinen vollen Farben.
Auch auf der Innenseite ist das positive Ergebnis gut zu sehen.
Vorher...
...und nachher.

Hallo Sören, besten Dank für Deine sehr interessanten Ausführungen, die von viel Erfahrung in dem spannenden Thema zeugen. Jeder Sammler hat sicher schon einmal versucht, einen unansehnlichen Köder mit ein paar Tricks zu retten. Jeder Sammler hat aber zweifellos auch schon einmal einen Köder bei der Restaurierung im Zustand verschlechtert. Fachleute für Antiquitäten geben deshalb immer den Rat, dass man möglichst nicht selbst Hand anlegen sollte. Aber leider gibt es keine professionellen Restauratoren für Kunstköder. Deshalb ist es gut, dass Du Erfahrungen auf diesem Gebiet sammelst! Ich muss zugeben, dass ich selbst schon vergilbte Ölgemälde extrem vorsichtig mit pH-neutraler Olivenseife gereinigt habe. Das funktioniert sehr gut. Da braucht man nicht immer einen teuren Restaurator. Mit etwas Sachverstand, handwerklichem Geschick und Youtube kann man sich auch selber helfen. Du weißt, ich bin selbst ein Verfechter der „altersgemäßen Patina“. Für mich muss ein Köder nicht ladenneu und glänzend sein, man darf ihm seine lange Geschichte ruhig ansehen. Aber auch ich habe wirklich unansehnliche Köder mit Lösungsmitteln von hässlichen Überlackierungen befreit oder sie in einem Oxalsäure-Bad entrostet. Das ging meistens gut, aber in seltenen Fällen auch schon entsetzlich schief. Eine Tube Blinkpaste habe ich mir auf jeden Fall gerade bestellt ? Liebe Grüße Thomas

Infos, Fragen und Anregungen bitte an thomas.kalweit@paulparey.de

Mit Blinkpaste lassen sich vernickelte Oberflächen gut aufhübschen.
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