Was ist erlaubt, was nicht, falls ein maßiger Fisch zurückgesetzt wird? Der Angler und Jurist Benjamin Ferger liefert eine Expertise und praktikable Handlungsanweisung für Vereine, auf die es dabei maßgeblich ankommt.
Vorneweg: Catch & Release, wo- runter das Fangen und Zurücksetzen von Fischen verstanden wird, ist weder ausdrücklich verboten noch erlaubt. Vielmehr kommt es auf den Einzelfall an, ob es erlaubt ist oder nicht. Die Thematik ist vielschichtig.
Nach § 1 S. 2 TierSchG (Tierschutz- gesetz) darf niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden hinzufügen. Als vernünftiger Grund ist etwa der Nahrungserwerb (durch Fischen, Jagen) schlechthin anerkannt. Allerdings gibt es weitere Fallgruppen, die in diese Kategorie gehören können.
Ohne große Diskussion muss zunächst einmal festgestellt werden, dass das Fangen eines Fisches alleine aus dem Grund der persönlichen Freude daran, das anschließende Wiegen und Posieren mit dem lebenden Fisch einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz darstellt. Die meisten Urteile zum Catch & Release handeln gerade von der oben geschilderten Praxis.
Aufgrund in solchen Fällen ergangener Urteile wird aber nur allzu schnell abgeleitet, dass Catch & Release grundsätzlich verboten wäre. Das ist mit Sicherheit nicht der Fall. Insbesondere muss Catch & Release in folgenden beiden Fällen erlaubt sein:
1. Zur Erfüllung eines Hegeziels, sei dies gesetzlich verankert oder vom Gewässerbewirtschafter festgelegt.
2. Im Spannungsfeld zwischen der allgemeinen Handlungsfreiheit, dem Erwerb und der Aufgabe von Eigentum und dem Tierschutzgesetz.
Zu Punkt 1: Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat in einer Stellungnahme klargestellt, dass auch in Bayern das Zurücksetzen maßiger Fische gerade zur Erfüllung des gesetzlichen Hegeziels erlaubt ist, wenngleich noch weitere Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen. Die Voraussetzungen für das Zurücksetzen von Fischen finden sich auch in einer alten Fassung des AVBayFiG vom 1. November 2014 mit Kommentierungen.
Diese Voraussetzungen sollen hier als Richtlinie dienen, denn sie erscheinen landesübergreifend sinnvoll für das erlaubte Zurücksetzen maßiger Fische. So müssen folgende Voraussetzungen nebeneinander erfüllt sein:
a) Das Zurücksetzen erfolgt zur Erfüllung eines gesetzlichen Hegeziels.
b) Das Hegeziel wurde durch den Fischereirechteinhaber festgelegt und dem Fischereiausübungsberechtigen (Angler) mitgeteilt.
c) Das Tierschutzgesetz ist beachtet, das heißt, der Fisch ist lebens- und überlebensfähig und wurde durch den Angel- und Anlandungsvorgang nicht so nachhaltig geschädigt, dass er in Folge verenden wird.
Es ist insbesondere zu Punkt c) anzumerken, dass dem Angler eine große eigene Verantwortung bei der Bewertung der Überlebensfähigkeit des gefangenen Fisches für ein Zurücksetzen zukommt. Nach dem hier Gesagten, muss in Abstimmung mit den jeweiligen Lan- desfischereigesetzen ein Zurücksetzen maßiger Fische erlaubt sein.
Praxis-Tipp: Angelvereine haben, wenn die Hegepflicht auf sie übertragen wurde, im Rahmen der Festlegung von Hegemaßnahmen großen Einfluss auf Catch & Release-Praktiken.
Auch Zurücksetzen kann Leiden beenden
Ergänzend zu Punkt 2 ist noch anzumerken, dass das Fischereiausübungsrecht ein Aneignungsrecht ist, welches auf den Erwerb des Eigentums an herrenlosen Sachen (Fischen) gerichtet ist.
Selbst wenn alleine die Ausrichtung auf die Verwendung zu Nahrungszwecken das Angeln im Allgemeinen legitimieren würde (Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03.07.2015 – 20 B 209/15, Rn 25.), so schließt das nicht aus, dass ein Zurücksetzen von geangelten Fischen grundsätzlich möglich ist und zwar, was die Gerichte nicht in Frage stellen, für gesetzlich geschützte Fischarten. Es muss hier gesehen werden, dass die Fälle sich nur dadurch unterscheiden, dass in dem einen Fall der Gesetzgeber ein Zurücksetzen anordnet (geschützte Fische), es also legitimiert, in dem anderen der Angler nicht selbst entscheiden können soll, welche Fische er zurücksetzt. Zwischen dem von den Gerichtsbarkeiten unterstellten Leiden besteht in beiden Fällen kein Unterschied.
Es wird bei eingehender Beschäftigung mit der Thematik auch deutlich, dass für Außenstehende der Zielfisch des Anglers gar nicht immer ersichtlich sein kann. Dem Angler, der es zum Beispiel nur auf Forellen abgesehen hat, ist das von außen nicht anzusehen. Beißt nun ein anderer Fisch, so kann es ihm nicht verwehrt sein, diesen unter bestimmten Voraussetzungen zurückzusetzen. Es gliche einem Fischvernichtungsprogramm, wenn dieser Angler einen zufällig gefangenen Karpfen töten müsste. Vermeintliche Tierschützer, die den Forellenangler wegen eines unterstellt schonenden Zurücksetzens des Karpfens anzeigen und dessen Tötung verlangen, enttarnen sich selbst vielmehr als Ideologen, denen es um die Abschaffung der Angelfischerei als Ganzes geht.
Zudem käme dieser Angler in einen doppelten Konflikt mit dem Tierschutzgesetz. Zum einen verstößt er schon von vornherein für alle Nicht-Zielfischarten gegen § 1 S. 2 TierSchG, denn diese Fischarten will er nicht zu Nahrungszwecken verwenden. Zum anderen verstößt er mit der Tötung der Nicht-Zielfischarten gegen § 17 Nr. 1 TierSchG – da sich für die Tötung kein vernünftiger Grund finden lässt. Eine paradoxe Situation. Jedenfalls wird man kaum annehmen dürfen, dass die Tötung das Leiden des Fisches beendet und daher zu vollziehen ist. Ein schonendes und zügiges Zurücksetzen beendet genauso das Leiden des Fisches und erlaubt ihm dazu noch ein zukünftiges Leben.
Vorschläge für praxisgerechte Lösungen
Eine praxisgerechte Lösung und ein Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessengruppen muss herbeigeführt werden. Deshalb folgende Vorschläge:
- Ein Angler kann nicht zum Eigentumserwerb an einer unbestimmten Sache (Fischart X) gezwungen werden, beziehungsweise kann er das Eigentum an der Sache wieder aufgeben.
- Landet der Angler einen Fisch, der nicht sein Zielfisch ist und er nicht Eigentümer von diesem bleiben will, so muss das Zurücksetzen des Fisches und damit eine Eigentumsaufgabe erlaubt sein.
- Das Tierschutzgesetz ist beachtet, wenn der Fisch lebens- und überlebensfähig ist und durch den Angel- und Landevorgang nicht so nachhaltig geschädigt wurde, dass er in Folge verenden wird.
- In diesem Fall wird der Tierschutz sogar ganz praktisch ausgeübt, denn andernfalls müsste der Angler sinnloserweise einen Fisch töten, für den er keine Verwendung als Nahrungsmittel hat. Zudem würde er gegen § 17 Nr. 1 TierSchG verstoßen (Tötung eines Wirbeltieres ohne vernünftigen Grund). Eine solche Verfahrensweise wird mehr Tierleben retten als vernichten.
- Das unter diesen Punkten Dargestellte schließt solche Fälle kategorisch aus, in denen der Angler von vornherein die Absicht hat, jeden gefangenen Fisch zurückzusetzen und die Ausübung der Angelfischerei nicht grundsätzlich dem Nahrungserwerb dienen soll.
Praxis-Tipp: Auf welchen Zielfisch zum Nahrungserwerb es der Angler abgesehen hat, ist von außen nicht immer erkennbar. Das Zurücksetzen überlebensfähiger Fische jenseits der Zielfischarten muss dem Angler erlaubt sein. Eine solche Verfahrensweise ist praktisch angewendeter Tierschutz, der dem Erhalt von Tierleben dient. Das muss deutlich unterschieden werden von den Fällen, in denen das Angeln nicht primär dem Nahrungserwerb dienen soll, sondern der Befriedigung persönlicher Interessen. Letzteres ist mit der aktuellen Rechts- lage nicht in Einklang zu bringen.
Abschließend noch zwei konkrete Fallbeispiele zur Verdeutlichung:
1. Was macht zum Beispiel ein Forellenangler mit einem Beifang-Karpfen?
Antwort: Ist der Fisch überlebensfähig, muss es möglich sein, dass dieser umgehend schonend zurückgesetzt werden darf.
2. Was macht ein Angler, der wegen eines Zurücksetzens angezeigt werden soll?
Antwort: Ein Außenstehender kann den Zielfisch des Anglers nicht kennen. Wurde der Fisch beim Zurücksetzen schonend behandelt und war grundsätzlich überlebensfähig, kann der Angler der Anzeige gelassen entgegensehen. Es kommt aber auf den Einzelfall an. Ein mehrminütiges Posieren und Hältern des Fisches kann als Verstoß gegen das TierSchG gewertet werden.
Der Jurist und Angler Benjamin Ferger hat sich des Themas Catch & Release angenommen und liefert einen wichtigen Beitrag für praxisgerechte Lösungen vor Ort.
Bilder: B. Bokkers, M. Koch, B. Ferger, hs (2)