Es klingt wie eine Utopie: Bergbau-Schlamm aus belasteten Gewässern verwandelt sich in wertvolle Metalle und neue Baustoffe.
In den vergangen drei Jahren haben Forscherinnen und Forscher der TU Bergakademie Freiberg in einer Pilotanlage diesen innovativen Prozess erfolgreich erprobt: Dem Team gelang es, aus Bergbau-Schlämmen und -abwässern Eisen und Zink zu gewinnen und die Reste zu einem Baustoff basierend auf der Geopolymertechnologie weiterzuverarbeiten. In das Ursprungsgewässer entlassen sie am Ende sauberes Wasser.
Dass der innovative Prozess funktioniert, bewiesen die Chemikerinnen und Chemiker am sogenannten Roten Graben bei Freiberg – das Verfahren wollen sie künftig mit regionalen Partnern weiterentwickeln. Die Recyclingtechnologie könnte auch Lösungsansätze für den Bergbau in anderen Regionen liefern.
Eisenhaltige Abwässer im „Roten Graben“
In dem ehemaligen Bergbau-Gebiet sickern eisenhaltige Wässer und mehr als 13.000 Kubikmeter Schlamm aus dem Freiberger Revier in einen künstlich angelegten Bach, den „Roten Graben“. Was bisher als Altlast angesehen und aufwendig ausbaggert und deponiert werden muss, wird im neuen Verfahren durch eine Filterpresse gepumpt und entwässert. „Mehrere Membranen filtern die festen Bestandteile ab und entfernen in einem weiteren Schritt enthaltene Schwermetalle“, erklärt Professor Martin Bertau vom Institut für Technische Chemie an der TU Bergakademie Freiberg. Es entsteht sauberes Wasser und ein Restschlamm.
Aus diesen Resten gewinnt das Team um Bertau die Wertmetalle Eisen und Zink. Dafür nutzen sie ein etabliertes Verfahren, damit der Gesamtprozess auch wirtschaftlich betrieben werden kann. „Das Material kann in einem Hüttenbetrieb eingesetzt werden, der daraus Eisen und Zink herstellt“, erklärt Projektmitarbeiter Dr. Michael Kraft. „In Freiberg wäre dies zum Beispiel die Befesa GmbH.“ Dabei sammeln sich die Schadstoffe Arsen, Blei und Cadmium im Elektrofilter und werden damit dauerhaft der Umwelt entzogen und sachgerecht entsorgt. Damit werden nicht nur die im Schlamm befindlichen Wertstoffe gewonnen, sondern auch ein echtes Umweltproblem gelöst. Selbst den verbleibenden mineralischen Rückstand verwerten die Chemiker. „Den können wir in sogenannte Geopolymerbaustoffe verwandeln, indem wir ihn mit gebranntem Ton und Natronlauge versetzen, das kennt man zu Hause als Abflussfrei“, erläutert Dr. Michael Kraft.
Klimafreundliche Zementalternative
Geopolymere sind Bindemittel, die in ihrer Zusammensetzung natürlichen Mineralien nachempfunden sind. Sie haben Eigenschaften, die Zement gleichkommen oder diesen sogar übertreffen. So lassen sich aus dem Grubenschlamm zum Beispiel stabile Ziegel herstellen, die sich unbegrenzt recyceln lassen. Ihr Verfahren haben die Forscher zum Patent angemeldet. Im Hinblick auf die EU-Wasserrahmenrichtlinie mit der Verpflichtung der Behandlung von Bergbauwässern kann so frühzeitig ein wesentlicher Beitrag geliefert werden, um behördliche Vorgaben zu erfüllen und die Natur von Schadstoffen zu entlasten. „Durch die Technologie zur Nutzung der Grubenschlämme werden nicht nur Deponieflächen geschont“, sagt Professor Martin Bertau. „Rund acht Prozent der weltweiten CO2-Emissionen gehen auf Zement zurück. Mit Geopolymeren lassen sie sich um 80 Prozent reduzieren – das ist ein echter Beitrag fürs Klima!“ resümiert Dr. Michael Kraft.
Großes Interesse an Pilotanlage
Für die Versuchscontainer haben bereits mehrere Standorte Interesse angemeldet. „Die Versuchsanlage wird über den Winter gereinigt und geht im Frühjahr an einen neuen Standort“, verraten die Chemiker. Denn die Freiberger Technologie wird im kommenden Jahr im Deutschen Pavillon auf der Weltausstellung 2025 in Osaka präsentiert.
-Pressemitteilung Technische Universität Bergakademie Freiberg/idw-