Im Stork-Katalog von 1926 ist die legendäre Oku-Rolle aufgeführt. Im Katalog und auf den Fotos hier ist die erste Version dieser Rolle zu sehen, die Nachfolgeversion besaß eine noch leichtere Spule mit Speichen.
Die „Oku“ ist eine Präzisionsrolle aus Hartaluminium mit einer „doppelten“ stillen Regulierungshemmung, die mit einem Hebel am Rand der Rolle eingestellt werden kann. Zudem besaß sie laut Beschreibung ein Kugellager.
Die Oku-Rolle wurde vom Feinmechaniker Theodor Julius Markwardt (geboren 1889 in Hamburg-Altona, verstorben 1945 in Waldneukirchen) entwickelt und gebaut. 1921 meldete er in Waldneukirchen im Bezirk Steyr-Land (Traunviertel, Österreich) eine Feinmechaniker-Werkstatt an. Anfänglich baute er dort vor allem seine Angelrollen, später dann lieferte er Bauteile an die Steyr-Fahrzeugwerke.
Goldmedaille für die Oku in Eger
Markwardt war von St. Andrä-Wördern bei Wien nach Waldneukirchen gekommen, weil er nur dort ein Gebäude mit Stromanschluss kaufen konnte, das ehemalige Kurhaus in Eggmair. Stromanschluss für ein Gewerbe war damals offenbar nicht überall zu haben. Strom benötigte er unbedingt für seine Maschinen und die Oberösterreichische Kraftwerke AG hatte ihm ein halbes Kilowatt Strom (pro Tag?) zugesagt.
Bei der Handwerkermesse 1923 in Eger wurden Markwardts Oku-Rollen mit Kugellager und Hebelregulierung mit der Goldmedaille ausgezeichnet.
Zusammenarbeit mit Dr. Winter
Der berühmte Angelautor Dr. August Winter (Standardwerk „Angelsport“) war ein guter Freund des Feinmechanikers, er war Gemeindearzt in Waldneukirchen und von 1938-40 dort sogar Bürgermeister. Im 3. Teil „Flugangeln“ seines Angelklassikers stellt Dr. Winter die Oku vor. Es heißt dort im Vergleich zu englischen Fliegenrollen: „Ich habe deshalb mit unserem heimischen Rollenerzeuger eine Rolle konstruiert, welche stille Hemmung besitzt, präzise zu regulieren ist und trotzdem im Preise erschwinglich ist.“ Winter hatte bei der Oku also auch die Finger mit im Spiel. In seinem Buch abgebildet ist die Oku in einer ungewöhnlichen Version, nämlich mit Rim Cut, mit ausgeschnittenem Rand, um mit dem Daumen direkt an der Spule bremsen zu können.
Was der Name „Oku“ bedeutet, hat sich mir noch nicht erschlossen, „-ku“ könnte auf das verbaute Kugellager hinweisen. Vielleicht habt ihr eine bessere Idee!?
Weitere Informationen über Markwardt und die Oku-Rolle im Stadtmagazin von Waldneukirchen (auf Seite 10)…
Infos, Fragen und Anregungen bitte an thomas.kalweit@paulparey.de
Anmerkung vom 31. Oktober 2023:
Gerhard Dee ergänzte per Mail: „Hallo Thomas, anbei Bilder von einem Besucher-Abzeichen zur Ausstellung in Eger 1923 und die Gold-Medaille, mit der die OKU-Rolle dort damals prämiert worden ist. Die Abkürzung „v.m.“ auf der Textseite der Medaille bedeutet „verbunden mit“. Die Signatur des Medailleurs neben dem rechten Oberschenkel der Figur lautet wohl „FD“. Dabei könnte es sich möglicherweise um Franz Dorrenbach (1870-1943) handeln. Das war ein deutscher Bildhauer, der auch im Medailleur-Verzeichnis genannt wird. Der Zeitraum könnte stimmen, aber belegt ist das bisher noch nicht. Herzliche Grüße, Gerhard“
Weitere Anmerkung vom 31. Oktober 2023:
Markus Schober hat die Oku in der späteren Speichenversion in seiner Sammlung. Es soll die Rolle in zwei Größen gegeben haben, die Rollen wurden auch von Spohn, der Angelgeräte GmbH in Berlin und von Müller & Fliege in Coburg verkauft.