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Die Haken bei der Sache

Da muss der Fisch schon beißen wollen: Feuersteinhaken der amerikanischen Ureinwohner.

Der Angelhaken gehört zu den ältesten Werkzeugen der Menschheit. In verschiedenen Kulturen und Zeiten wurden ganz verschiedenen Lösungen für den Fischfang mit Schnur und Haken entwickelt. Gerhard Dee zeigt uns seine beeindruckende Angelhaken-Sammlung:

Hallo Thomas, wenn etwas einen Haken hat, ist das für die Betroffenen oft unangenehm. Nicht so beim Angeln, zumindest, wenn man sich am richtigen Ende der Angelrute befindet. Mal abgesehen vom Pöddern auf Aale, sind bei den meisten Angelarten Haken unverzichtbar. Zahlreiche alte Funde belegen, dass das schon seit vielen Tausend Jahren so ist.

Wer zuerst die Idee hatte, Fische mit Angelhaken zu fangen, bleibt wohl für immer im Dunkel der Geschichte verborgen. Wer weiß, vielleicht ist zu Urzeiten mal ein Insekt auf einem Zweig herumgekrabbelt. Vielleicht hatte dieser Zweig Dornen und hing über einem Gewässer. Vielleicht hat ein Fisch nach dem Insekt geschnappt und ist an einem Dorn hängen geblieben. Und vielleicht hat das jemand beobachtet und die richtigen Schlüsse gezogen. Als dann mal keine Dornenzweige da oder sie zu schwach für große Fische waren, wurde halt auch mit anderen Materialien experimentiert.

Anfangs wurden Haken aus natürlichen Materialien wie Holz, Knochen, Feuerstein, Muscheln oder Perlmutt angefertigt. Solche Haken werden in manchen Gegenden der Erde sogar heute noch verwendet. Einen großen Fortschritt brachte später der Einsatz von Metallen. Zuerst mit Bronze, dann auch mit Eisen und Stahl konnten im Laufe der Geschichte immer mehr und bessere Exemplare entwickelt werden.

Die Beispielbilder zeigen Feuersteinhaken nordamerikanischer Ureinwohner, Muschel- und Perlmutthaken aus Polynesien und von den Maori aus Neuseeland, Holzhaken vom Sepik in Guinea und mittelalterliche Haken aus Knochen und Bein. Aus der Römerzeit stammen Exemplare aus Bronze und Eisen. Sie wurden laut Vorbesitzer in der Siedlung Colonia Ulpia Traiana auf dem heutigen Gebiet von Xanten am Niederrhein gefunden. Bronze-Pfeilspitzen mit Widerhaken kamen beim Bogenfischen zum Einsatz. Die beiden 4 und 5,5 cm langen römischen Bronze-Fischchen könnten Lockköder gewesen sein. Wahrscheinlich handelt es sich aber eher um kleine Schmuckanhänger oder Amulette, wie sie damals sehr verbreitet waren.

Beeindruckend sind der 10 cm lange Zwilling und der ebenso große Drilling der „etwas anderen Art“ aus dem Mittelmeerraum. Bei beiden sind die Spitzen nicht – wie bei modernen Exemplaren – neben sondern übereinander angeordnet. Zwei chinesische Bronzehaken weisen eine kleine Besonderheit auf, die sie von anderen Haken unterscheidet. Sie haben kein Öhr oder Plättchen am oberen Ende. Bei ihnen soll eine kleine Einkerbung die Schnur auf dem Schaft halten. Das Haken-Konvolut mit den V-förmigen Hakenbögen kommt aus dem Baltikum. Es wurde in einer alten Wikinger-Siedlung entdeckt. Bemerkenswert ist der kleine Blinker mit dem aus dem Material herausgearbeiteten Haken (auf dem Bild ganz rechts). Wenn der echt ist, ist das aktuell mein ältester Kunstköder.

Herzliche Grüße, Gerhard

P.S.: Auf dem Antiquitätenmarkt sind bekanntermaßen viele Fälschungen unterwegs. Selbst ausgewiesene Experten können oft nicht zwischen echt und gut nachgemacht unterscheiden. Als absoluter Laie wäre ich überrascht, wenn alle vorgestellten Haken wirklich authentisch wären. Aber ich habe mich mit diesem Wissen arrangiert und bin auch zufrieden, wenn so ein Haken zumindest echt aussieht.

Muschel- und Perlmutthaken aus Polynesien und von den Maori aus Neuseeland
Muschel- und Perlmutthaken aus Polynesien und von den Maori aus Neuseeland.
Holzhaken vom Sepik-Fluss in Neuguinea.
Mittelalterliche Haken aus Knochen und Bein.
Eisener Angelhaken aus der Römerzeit. Dazu eine Bronze-Pfeilspitze mit Widerhaken zum Bogenfischen.
Diese beiden römischen Bronze-Fischchen waren wahrscheinlich Schmuckanhänger oder Amulette. Der Fisch ist ein sehr frühes christliches Symbol.
Zwilling und Drilling aus dem Mittelmeerraum.
Chinesische Bronzehaken, um die Kerbe am Schenkel wird die Schnur geknotet.
V-förmige Wikinger-Haken aus dem Baltikum, rechts ein kleiner Kunstköder aus dieser Zeit.

Hallo Gerhard, auf mich üben diese urtümlichen Gerätschaften auch eine große Faszination aus. Ich habe damals aus der Sammlung Huber einige antike Angelhaken erwerben können, darunter auch Knebelhaken. Vor ein paar Jahren konnte ich auch Angelhaken der Wikinger aus Osteuropa ersteigern. Eine interessante Geschichte am Rande: Jean Brink vom berühmten Bonner Angelgerätegeschäft Brink war ambitionierter Hobby-Archäologie, er führte sogar eigene Ausgrabungen durch. 1904 grub er auf der rechten Rheinseite gegenüber Bonn ein fränkisches Gräberfeld aus dem 5. bis 7. Jahrhundert aus. Neben Grabbeigaben entdeckte er dabei auch einen fränkischen Bronze-Angelhaken. Der rund 1.500 Jahre alte Haken hatte die gleiche Limerick-Form, die Brink damals bevorzugt an die Rheinfischer verkaufte. Leider ist der berühmte Haken heute in Bonn unauffindbar. Beste Grüße Thomas

Infos, Fragen und Anregungen bitte an thomas.kalweit@paulparey.de

Fränkischer Angelhaken, den Angelgerätehändler Jean Brink 1904 bei Bonn ausgrub.
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