Aktuelle Meldungen Auf der Jagd nach Riesenhechten, Teil 8

Auf der Jagd nach Riesenhechten, Teil 8


Bild: Jan Eggers
Jan Eggers mit einem dicken 14,7-Kilo-Hecht, der einmal in der 12lbs-Schnurklasse als IGFA-Weltrekord anerkannt wurde. Bild: Jan Eggers
Dieser Magahecht, gefangen von Ewout Blom in den Niederlanden, geisterte weltweit durch das Internet. Wie schwer war er wirklich? Bild: Jan Eggers

Auch diesmal ist Hecht-Detektiv Jan Eggers im 8. Teil seiner Serie einem regelrechten Krimi auf der Spur, es geht um angebliche Weltrekordhechte, kapitale Totfunde und manipulierte Fangfotos.

Im letzten Teil dieser Serie habe ich darüber berichtet, wie ich zu Beginn meiner Jagd nach Informationen über Riesenhechte Fred Buller gefragt habe, wie schwer der 137,5 Zentimeter lange Rekordhecht aus den Niederlanden wohl gewesen sein könnte. Ich war ehrlich gesagt ziemlich überrascht von seiner Antwort, als Minimum und Maximum gab er 18 und 25 Kilo an.

Inzwischen, über 30 Jahre später, verstehe ich Freds Antwort viel besser. Ich habe in der Vergangenheit gelernt, dass es viele Faktoren gibt, die auf das Gewicht eines kapitalen Hechtes großen Einfluss haben. Ich will jetzt hier nicht den einen oder anderen dieser Faktoren näher erklären. Nicht nur die Wachstumsbedingungen, auch das Wissen der Angler über Großhechte variiert je nach Land und die Qualität der Angelmagazine sowie der Organisationen, die die Rekordlisten führen, spielen ebenfalls eine große Rolle.

Wir wollen beginnen mit der Frage, die ich stets von so vielen Hechtanglern, Angelredaktionen und Rekordorganisationen gestellt bekomme:

Wie viel wiegt dieser Großhecht ungefähr?

Vorab muss ich zugeben, dass ich mich unheimlich freue, über all diese Briefe, Mails und SMS mit dieser Frage. Das bedeutet, dass über diese Materie nachgedacht wird, und dass die Fragesteller wissen oder gehört haben, dass ich mir auf diesem Gebiet eine große praktische Erfahrung erworben habe.

Meine Erfahrungen zum Verhältnis von Gewicht und Länge bei meinem Freund Esox lucius habe ich in erster Linie durch die Tausenden Hechte gemacht, darunter 1.000 Meterhechte, die ich in 60 Jahren Hechtangeln selbst gefangen habe. Früher habe ich die Hechte, die ich gefangen habe, nur gemessen und das Gewicht geschätzt. Ich kann ehrlich zugeben, dass das Gewicht fast immer zu hoch geschätzt wurde. Dahinter kam ich 1987, als ich zum ersten Mal mit meinem guten Angelfreund Bill Tenney aus Minneapolis im Norden Kanadas auf Hecht fischte.

Bill war immer auf der Jagd nach einem IGFA-Schnurklassen-Hechtrekord, deshalb hatte er immer eine geeichte Federwaage in seinem übervollen Angelkoffer. Wer den schwersten Hecht eines Angeltages fing, gewann einen Dollar, der schwerste Fisch der Woche wurde mit fünf Dollar belohnt. Die schwersten Hechte wogen dann meistens zwischen 25 und 30lbs (englische Pfund). So lernte ich schnell, das richtige Gewicht zu schätzen. Ich fing nicht nur große, sondern auch vergleichsweise ziemlich schlanke Hechte, letztere vor allem im Großen Sklavensee in Kanada.

Der Schädel des 53lb schweren Hechtes von John Garvin aus dem Lough Conn, Irland, November 1920. Bild: Jan Eggers

Die Hechttouren zum Lough Mask und Lough Corrib in Irland, an die Broads in England, die Schären in Schweden und Finnland und nicht zu vergessen den Irrsee, Brennsee und Ossiachersee in Österreich lieferten mir reichlich Anhaltspunkte, wie ein wirklich kapitaler Hecht auszusehen hat. Eine geeichte Waage, ein Model von Kevin Nash, das bis 25 Kilo geht, ist nun seit mehr als 25 Jahren ein fester Bestandteil meiner Hechtausrüstung.

Für englische und amerikanische Hechtangler liegt die Traumgrenze beim Hecht bei 20lbs, wohingegen viele Angler Kontinentaleuropas von einem Meterhecht träumen. Ich weiß, dass ich als Angelguide viele Kunden enttäuscht habe, weil ich ihnen gesagt habe, dass ihr Hecht, den sie aus dem Polder gezogen haben, wirklich keine 100 Zentimeter lang oder 20 Pfund schwer war. Je größer und schwerer die Hechte sind, umso schlechter kann der Durchschnittsangler die richtige Länge oder das richtige Gewicht schätzen. Das Resultat sind dann oft vollkommen falsche Angaben. Meistens sind die Angler viel zu optimistisch und das Gewicht wird viel zu hoch geschätzt.

Das Phänomen Weltrekordhecht

Wenn ich in meinem Fotoarchiv mit kapitalen Hechten wühle, dann stoße ich immer wieder auf Esox-Großmütter, die ohne es zu wissen oder zu wollen, das Prädikat Weltrekordhecht erhalten haben. Das sind allesamt interessante Fälle für mich als “Hecht-Frettchen”, jeder einzelne Fisch hat es verdient, im Rampenlicht zu stehen. Normalerweise erhält ein Hecht nur den Titel Weltrekord, wenn er nach den Regeln der Organisation, die diese Rekorde anerkennt, gefangen wurde. Es gibt viele nationale Rekordfisch-Organisationen, Kunstköder-Hersteller, die eigene Rekordlisten führen, Angelmagazine, die Fang-Hitparaden durchführen. Eine Art übergeordnetes Organ ist da noch die IGFA, die International Game Fish Association, die Schnurklassen-Rekorde für Männer und Frauen, sowohl für Süß- und Salzwasser, und auch den All-Tackle-Rekord vergeben. Obwohl die Kriterien bei der IGFA strenger sind als bei anderen Organisationen, kommen doch auch dort fragwürdige Hechte auf den ersten Platz. Ein Beispiel ist der Nötzli-Hecht, über den ich im dritten Teil dieser Serie berichtet habe. Einige Jahre war ich selbst IGFA-Repräsentant. Ich habe aber damit aufgehört, als einem Hecht aus Deutschland nicht der Weltrekord in einer Schnurklasse verweigert wurde, nachdem bewiesen war, dass die Angaben manipuliert worden waren.

Arno Wilhelm mit seinem Weltrekordhecht von 30,5 Kilo. Bild: Jan Eggers

Ich bin noch immer froh, dass Fred Buller viele Jahrzehnte zurück beschlossen hat, dass nur das Gewicht des Hechtes für seine Liste zählt, und nicht, ob der Fisch mit einem Netz gefangen wurde, Tot gefunden, geschossen in der Laichzeit oder gewildert mit einer Legeangel. Ich bin absolut davon überzeugt, dass solange es Rekord-Organisationen mit sehr stringenten Regeln und Vorschriften gibt, wird es auch immer Angler geben, die diese Regeln umgehen. Es wird immer Angler geben, ohne das Wörtchen Sport davor, die die unglaublichsten Kapriolen veranstalten werden, um ihren Namen in einer Rekordliste zu sehen. Und da habe ich von bewusst falsch ausgefüllten Formularen, um tolle Preise oder Angelreisen zu Traumzielen zu gewinnen, noch gar nicht gesprochen.

Der präparierte Hechtkopf des 30,5-Kilo-Hechtes von Arno Wilhelm. Bild: Jan Eggers

Für mich ist der alleinige Weltrekordhecht immer noch der Kapitale von 30,5 Kilo von Arno Wilhelm. Viele Sportangler finden es eine schlimme Sache, dass dieser hochschwangere Hecht in der Schonzeit mit einem Stellnetz gefangen wurde. Natürlich, auch ich hätte diesen Kapitalen gerne mit der Angel gedrillt. Arno Wilhelm ist damals vor Gericht gekommen, ich habe die Unterlagen von diesem Fall, er wurde vom Richter in allen Punkten freigesprochen. Der riesige Schädel von diesem doch noch sehr jungen Hecht wurde präpariert. Ich selbst besitze noch einige Originalschuppen. Ich könnte noch viele Insider-Informationen über den größten Hecht aus unserer Liste geben, aber das tue ich nicht, weil sonst dieser Artikel viel zu lang wird.

Hechte, die nach dem Tod noch wachsen

Ich habe bereits früher darüber berichtet, dass der Englische Rekordhecht von Alfred Jardine ein paar Jahre nach dem Fang mit einem höheren Gewicht als ursprünglich angegeben in die Rekordliste kam. Der Grund soll der Ausgleich des Gewichtsverlustes durch Austrocknung nach dem Fang gewesen sein. Noch immer wird in England über diesen Fall diskutiert und meine persönliche Meinung ist, dass der angebliche Gewichtsverlust schwer übertrieben wurde.

Dieser Hecht mit einem Gewicht von 29 Kilo wurde im Längsee in Österreich tot gefunden. Bild: Jan Eggers

Es wurden auch Fälle von Hechten bekannt, die nach ihrem Tod wirklich schwerer wurden. Wenn ein toter Hecht einige Zeit im Wasser liegt, dann dringt, wie Fachleute wissen, durch Osmose Wasser in sein Gewebe ein und der Körper quillt auf. Es gibt diverse Totfunde auf der Big-Pike-Liste, darunter auch der erste englische Hecht über 50lbs, die alle eine Zeit lang im Wasser gelegen haben.

Mitunter ist ein toter Großhecht auch schon in einem so schlimmen Verwesungszustand, dass er nicht mehr in seiner Gänze gewogen werden kann. Dann gibt es aber immer noch die Knochen, vor allem jene des Schädels, die interessante Informationen über Länge, Wachstumsgeschwindigkeit und Alter geben können.

Kupferstich eines Hechtschädels: Der Kenmure Hecht aus dem Jahr 1798 soll angeblich 72lb schwer gewesen sein. Bild: Jan Eggers

Von einigen Großhechten, die vor 1900 gefangen wurden, ist nicht nur der Schädel erhalten, auch genaue Zeichnungen mit exakten Maßen. Bekannt ist der Kupferstich aus dem Jahr 1798, der den 72lbs schweren Hecht von John Murray zeigt, den er 1774 im Loch Ken in Schottland gefangen haben soll. Nach einer langen Spurensuche fand ein Freund Fred Bullers um 1952 den Unter- und Oberkiefer dieses berühmten Hechtes. Eine Analyse der alten und neuen Big-Pike-Liste zeigt mir, dass mehr als 20 Riesenhechte tot gefunden worden sind, davon waren neun schwerer als 50lbs.

Großhechte fliegen dank Internet über die ganze Welt

Bill Palmer mit dem ersten offiziellen englischen 50-Pfünder, das präzise Gewicht lag bei 50lb 12oz. Der Fisch wurde tot im Fluss Warren gefunden. Bild: Jan Eggers

Wir kennen alle die Fotos, auf denen der glückliche Fänger seinen Fang mit weit gestreckten Armen in die Kamera hält. Durch die dann viel zu dicken Finger und andere Indizien erkennt man schnell, dass an dem angegebenen Gewicht etwas nicht stimmt. Fotos, auf denen der Hecht an einem Pfahl oder Seil hängt und der Fänger dann einen oder mehrere Meter zurück steht, geben uns auch ein verkehrtes Bild von der Fischgröße und sind ein Indikator dafür, dass geschummelt wurde.

Ewout Blom mit seinem unglaublichen Hecht von 127 Zentimetern und 19,5 Kilo, der angeblich in verschiedenen kanadischen Seen gefangen wurde. Bild: Jan Eggers

Durch die genaue wissenschaftliche Analyse von Fangfotos sind in der Vergangenheit die meisten Rekorde von Muskies aus Kanada und den USA für ungültig erklärt worden. Vielleicht werde ich darüber demnächst einen interessanten Artikel schreiben, Fotos und Informationen besitze ich dank meiner Bekanntschaft zum Musky-Detektiv Larry Ramsell jede Menge. Mittlerweile erhalte ich die neuen Kapitalen ohne Ausnahme über den schnellen digitalen Weg. Es gibt Webseiten auf denen man tolle Hechte sieht, manchmal kommen mir die Fotos sehr bekannt vor. Ich möchte dafür mal ein Beispiel anführen: Der große Mann von Mepps, mein guter Freund Mike Sheldon, schickte mir vor einigen Jahren eine E-Mail mit dem neuen Kanadischen Rekordhecht, der im Rainy Lake (Provinz Ontario) gefangen worden sein soll. Die Körpermaße dieser hochschwangeren Hechtdame lagen bei 56 Inch Länge und 55lbs Gewicht, das sind umgerechnet 142 Zentimeter und 25 Kilo. Mike Sheldon hatte noch nie einen so korpulenten Hecht aus Kanada gesehen, deshalb kamen ihm einige Zweifel. Zu Recht, denn der Angler auf dem Foto war der Niederländer Ewout Blom, der diesen Hecht im März 2006 beim Trolling mit einem Rapala Super Shad Rap am Rand von Rotterdam gefangen hatte. Und wie waren die wirklichen Abmessungen? Ich verrate es: 127 Zentimeter bei 19,5 Kilo.

Kurz zuvor hatte ich eine Mail von der Redaktion des “Esox Angler” bekommen, die von mir zusätzliche Informationen über einen über 50lbs schweren Hecht aus dem Lake Nipigon haben wollten. Sie fanden die Quelle nicht besonders vertrauenswürdig, deshalb fragten sie mich. Auf dem Foto war wieder ein sehr zufriedener Ewout Blom zu sehen. Ich habe eben die Wörter “Rainy Lake” und “big pike” in Google eingegeben, zu meinem Erstaunen findet man immer noch verschiedene Fotos von Ewout Blom mit seiner schönen Hechtdame auf diversen Internetseiten.

Ich vermute, dass inzwischen auch viele Hechtfotos mit Bildbearbeitungsprogrammen “interessanter” gemacht werden. Jetzt muss man noch mehr aufpassen, wenn es um einen möglichen neuen Weltrekord geht. Ich habe schon eine Menge Bewerber für diese Kategorie bekommen. Auch habe ich noch Fotos von Superhechten, von denen mir das Gewicht nicht bekannt ist und ich die Hilfe der Leser brauche. Genügend Material für den nächsten Teil habe ich jedenfalls, nur noch etwas Geduld.

Jan Eggers

Der Autor Jan Eggers sucht ständig weitere Informationen über Großhechte über 18 Kilo. Alle Infos per Mail an: the.pike.ferret@hetnet.nl

Hier geht es zum 7. Teil der Serie…

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