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Angeln extrem?


Fliegenfischen mit Kick: Johann Wallner mit einer Regenbogenforelle aus der Lauterach.

Bungee-Jumping, Para-Gliding, Free-Climbing – ist auch Angeln eine ing-Sportart? Extrem-Fishing, Power-Angling – Johann Wallner aus Fürstenfeldbruck hat an unserem Hobby eine ganz neue Seite entdeckt.

By Von Johann Wallner

Ich behaupte, Angeln ist ein Extrem-Sport wie Eisklettern, Skydiving oder Canyoning! Zwar ist Angeln bei weitem nicht so gefährlich wie diese Fun-Sportarten. Aber glaubt man ihren Anhängern, dann macht nicht die potentielle Gefahr, sondern der sogenannte „Kick“ den besonderen Reiz ihrer Freizeitbeschäftigung aus.

Was genau sorgt für den Kick? Wenn fern der Zivilisation in ungezähmter Natur der Puls rast, der Blutdruck in die Höhe schnellt und jeder Muskel des Körpers vor Anspannung zu zerreißen droht, dann ist der Extrem-Sportler in seinem Element. Solche Empfindungen gibt es doch auch beim Angeln!

Skurrile Leidenschaft

Wenn man sich mit „normalen“ Menschen übers Angeln unterhält dann schaut der Angler meist in verdutzte Gesichter. Kürzlich musste ich mich wieder einmal in Gesellschaft als Angler „outen“. Als ein Mitglied jenes seltsamen Menschenschlages der jede Bewegung scheuend in meditativer Haltung stundenlang am Wasser ausharren kann. Es kam noch schlimmer: Ich bekannte mich als Fliegenfischer. Als Rutenwedler der mit eintönigen Armbewegungen die Oberfläche eines Baches mit einem farbigen Bindfaden auszumessen versucht.

Die erstaunten Bemerkungen meiner Zuhörer zeigten es mir – für Nicht-Angler ist unser Hobby extrem! Ich begann übers Angeln als Extrem-Sportart nachzudenken. Plötzlich erschienen mir im Vergleich zum Angeln Bungee-Jumping und Free-Climbing geradezu als langweilige Freizeitbeschäftigungen. Da hat Angeln doch mehr Kicks zu bieten:

Gefahren warten überall

Angeltage beginnen zu einer Zeit in der rechtschaffene Menschen noch ihrer wohlverdienten Nachtruhe frönen. Schon am Vorabend werden die Gerätschaften gewissenhaft im Hausflur zusammengestellt nur um in vollendeter Rücksichtnahme auf die liebe Familie im Morgengrauen darüber zu stolpern und sich die Kniescheiben zu zertrümmern . Mit schmerzenden Gliedern und einem kargen Frühstück im Magen schleicht der Angler dann aus dem Haus und begibt sich an das auserwählte Gewässer.

Der Wetterbericht war nicht übel und mit etwas Glück könnte es ein schöner und trockener Tag werden. Am See angekommen verstaut der Angler seine Utensilien im wackeligen Kahn. Er springt mit einem eleganten Satz hinein gleitet auf feuchten Planken aus und bricht sich im ungünstigsten Fall das Genick auf der Ruderbank.

Hat man es dann doch geschafft trotz aller Tücken und Gefahren den ausgesuchten Angelplatz zu erreichen steht der Ausübung der edlen Passion nichts mehr im Wege. Die Angel wird schnell mit einem fängigen Köder bestückt dessen messerscharfe Drillinge meist im Handballen landen.

Hobby mit Biss

Ein weiter kräftiger Wurf befördert den Köder hinaus in die Mitte des Sees und der Angler beginnt ihn langsam einzuholen. Meist sind es jedoch nur Wasserpflanzen die sich in den Drillingen verhaken und dem wackeren Angler immer wieder einen Anbiss vorgaukeln. Zudem beginnt es in der Regel entgegen aller Vorhersagen heftig zu regnen. Doch der Extremangler hält aus. Auch wenn das Wasser sich einen Weg durch die Kleidung vom Kragen bis in die Stiefel bahnt und die Kälte unter die Haut kriecht.

Immer wieder pflügt der Köder durchs Wasser in gespannter Erwartung auf den Anbiss. Plötzlich! Wie ein elektrischer Schlag fährt es durch die Rute in den Arm die Muskeln spannen sich und es folgt ein gewaltiger Anhieb. Schlagartig reißt es meterweise Schnur von der Rolle und die Bremse singt ihr schnarrendes Lied. Das ist ein Kapitaler! Die Welt um den Tapferen versinkt alle Sinne sind auf den Fisch gerichtet.

„Kann ich ihn halten?“ lautet die bange Frage. Das Tier stoppt seine Flucht. Jetzt gilt es Schnur zu gewinnen doch sogleich startet der Fisch einen erneuten Fluchtversuch. Der Brocken katapultiert sich dabei aus dem Wasser und versucht sich durch kräftiges Schütteln vom Haken zu befreien.

Die Rute beschreibt einen Halbkreis und die Schnur droht zu reißen. Langsam nur ganz langsam gelingt es dem Angler den Fisch zu ermüden und Meter für Meter an das Boot heranzubringen. Was für ein herrliches Tier! Ein wunderschöner Hecht von fast einem Meter Länge scheint sich in sein Schicksal zu fügen. Ich führe meinen Unterfangkescher unter den Fisch. Im Angesicht der Gefahr wirft er sich mit letzter Kraft durch einen mächtigen Schlag der Schwanzflosse herum befreit sich vom Köder und findet sein Heil in der Flucht.

Ist der Fisch der Kick?

Vor Nässe triefend den nackten Köder in den zittrigen Händen versucht der Angler das Geschehene zu verarbeiten. Langsam löst sich die Verkrampfung und ein wohliges Glücksgefühl breitet sich aus. Was für ein Kampf! Und ein würdiger Sieger. War das der „Kick“ von dem immer geredet wird? Ich glaube fast ja. Nur scheint mir dieses kleine englische Wort einem so wunderbaren Erlebnis nicht ganz gerecht zu werden.

Kurzum wer das Abenteuer sucht braucht nicht immer ins Hochgebirge oder gar in die Luft zu gehen. Und wer meint ein bisschen gefährlich dürfte es schon sein der sollte sich überlegen was bei der „Extrem-Sportart“ Angeln so alles passieren kann. Ein ausgeschlitzter Riesen-Hecht ist da noch das harmloseste Erlebnis!

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