In eigener Sache Zukunftsmusik

Zukunftsmusik


Blick in die Glaskugel: Wie sehen die Angelgeräte der Zukunft aus? In der Mai-Ausgabe der FISCH & FANG bieten wir Ihnen einenmehrseitigen Schwerpunkt zum Thema.

Unter der Überschrift „Zukunftsmusik“ haben wir in der FISCH & FANG-Jubiläumsausgabe (Heft 5) einige Fragen und Antworten zum Thema „Gerät in der Zukunft“ veröffentlicht.

In der Mai-Ausgabe finden Sie den zugehörigen Artikel auf den Seiten 20-27.

Da aus Platzgründen nicht alle der interessanten Hersteller-Statements veröffentlicht werden konnten, haben wir uns entschlossen, weitere Antworten hier zu veröffentlichen. Viel Spaß beim Lesen! Die Mai-Ausgabe der FISCH & FANG ist 22. April 2015 im Handel erhältlich!

Rutenbestandteile

F&F: Wie sieht es mit Ruten-Bestandteilen in der Zukunft aus – Rollenhalter, EVA, Kork, Ringe. Wird es da sensationelle Änderungen bei Material oder Design geben?

Felix von Nolting, Verkaufsleiter bei Sportex.

F. v. Nolting/Sportex: Es gibt einen klaren Trend zu individuellen Komponenten hauptsächlich bei den Rollenhaltern und kleinen Anbauteilen. So lassen wir für bestimmte Rutenserien unsere Komponenten zum Beispiel von Fuji mit unserem exklusiven Design fertigen. Jedoch hat sich auch herausgestellt, dass viele Angler sehr gern auch traditionelle Rollenhalter oder Ringe mögen. So verwenden wir sinnvolle Komponenten, die besonders langjährig funktionieren, keinen unnötigen Service produzieren und die perfekte Eigenschaft für eine Rute garantieren.

Einen ordentlichen Kork zu bekommen wird immer schwieriger. Es ist ein nachwachsender Rohstoff, der begrenzt zu Verfügung steht. In den letzten Jahren gibt es weltweit eine stark zunehmende Weinproduktion, die Weinflaschen werden zum Teil mit genau diesem Kork verschlossen. Damit ist die Verfügbarkeit des Korks immer niedriger.

Ein ordentlicher, hochwertigen EVA-Griff (Moosgummi) steht in puncto Qualität und Komfort dem Kork in nichts nach. Nicht jeder Angler steht aber auf das Kunstmaterial, und vielfach wird Kork als hochwertiger angesehen, obwohl ein guter EVA-Griff annährend das gleiche kostet wie Kork. Wichtig ist uns bei den Komponenten, dass sie möglichst austauschbar und reparierbar sind. Was nützt es einem, top gestaltete Ringe an der Ruten zu haben, wenn man bei einem Schaden quasi die Rute wegschmeißen muss.

Stefan Meyenburg, Senior Marketing Manager bei Pure Fishing.

S. Meyenburg/Pure Fishing: Genau wie der Blank haben auch die Anbauteile Einfluss auf die Leistungsfähigkeit. Als Griffmaterial wird der klassische Kork immer seinen Platz haben, verschiedene Kunststoffe wie EVA lassen sich aber einfacher formen und färben. Die Rutenringe sind ein Faktor, den wir besonders im Auge haben. Bereits heute statten wir Spitzenmodelle mit Ringen aus sehr leichtem Titanium aus. Für bestimmte Disziplinen haben wir eigene Ringe entwickelt, weil wir mit den vorhandenen Komponenten nicht zufrieden waren. Mit Sicherheit wird sich insbesondere auf dem Gebiet der Rutenringe etwas tun.

Schnüre

F&F: Wird es eine Monofile komplett ohne Dehnung geben?

Walter Kummerow (rechts) von WAKU Stroft.

W. Kummerow/Waku: Ganz ohne Dehnung geht es leider nicht. Auch die Geflochtenen haben eine Bruchdehnung von etwa vier Prozent. Ob es einmal ein Monofil geben wird, das ein vergleichbar geringes Dehnungsverhalten aufweist und gleichzeitig auch die übrigen Anforderungen an eine gute Angelschnur erfüllt wie Knotenfestigkeit, Weichheit, geringes Memory und mehr, wage ich aus heutiger Sicht zu bezweifeln. Zumindest gibt es weltweit kein Material, aus welchem sich Monofile mit diesen Eigenschaften herstellen ließen. Aber vielleicht wird dieses Material ja noch erfunden? Bis dahin müssen wir uns mit den beiden Basismaterialien Polyamid und Fluorocarbon gedulden, aus denen heute die Monofilen hergestellt werden.

Es kann mit einem solchen Material zwar keine Bruchdehnung von vier Prozent erreicht werden, aber durch eine entsprechende Änderung der Polyamid-Legierung und der Verstreckung kann zum Beispiel die Anhiebdehnung auf etwa neun Prozent reduziert werden, wie wir es an unserer gerade neu entwickelten Stroft LS zeigen. Das Kürzel „LS“ steht für „Low Stretch“, also „wenig Dehnung“. Und ganz nebenbei weist diese Schnur auch noch die höchsten Zugfestigkeitswerte auf, die bisher bei einem Monofil erreicht wurden.

S. Meyenburg/Pure Fishing: Bereits heute gibt es einige Schnüre mit wenig Dehnung. Viele Kunden schätzen dosierte Dehnung, die im Drill und beim Anbiss schließlich als Puffer dient. Wenn der Angler danach verlangt, monofile Schnüre ohne Dehnung zu kaufen, wird es sie sicher in Zukunft geben. Derzeit entwickeln wir jedoch eher Faktoren, wie Abriebfestigkeit, Knotenfestigkeit und verminderte Drallneigung weiter. Die Dämpfungsfunktion des Systems Rute/Rolle/Schnur lässt sich durch die Bremseinstellung der Rolle oder weichere Ruten beeinflussen. Die Knotenfestigkeit, den Abrieb oder Memoryeffekt bestimmt die Schnur allein. Hier kommen bereits in Kürze neue Highlights auf den Monofil-Markt.

Jan Willenbruch, Geschäftsführer bei Climax Ockert.

J. Willenbruch/Climax: Das ist eine gute Frage, deren Erläuterung fortgeschrittene Chemie-Kenntnis und viel Platz in Fisch & Fang voraussetzt. Climax hat bereits vor zwei Jahren mit der Maxmono eine monofile Schnur entwickelt und auf den Markt gebracht, die eine sehr geringe Dehnung von etwa 17 bis 19 Prozent aufweist. Normale Monos liegen bei etwa 26 bis 35 Prozent! Eine geringe Dehnung ist also machbar – die Frage hier lautet: zu welchem Preis. Das größte Problem ist die Steifigkeit der Schnur. Je steifer, desto geringer kann die Dehnung sein. Die meisten Angler wollen aber weiche Schnüre, weil diese weniger „Memory“ haben und viel leichter zu handhaben sind. Außerdem ist die Knotentragkraft besser, je weicher die Schnur. Ein schwieriges Thema, da die Dehnung nicht alleine steht und eine Schnur mit zwei Prozent Dehnung aber einer Knotentragkraft von nur 30 Prozent kein Angler braucht und will.

Ich will aber nicht ausschließen, dass es in der weiteren Zukunft neue Kunststoff-Materialien gibt, die Dehnung von Monos auf zehn Prozent reduzieren und dabei auch „benutzbar“ sind. Eher halte ich es aber für wahrscheinlich, dass eine Geflochtenen-ähnliche Schnur kommt, die fast monofil ist. Hier gab es in jüngster Vergangenheit mehrere Produkte auf dem Markt, die die Richtung aufzeigen, aber einfach noch zu viele Nachteile haben, um im Markt erfolgreich zu sein.

F&F: Wie sieht die Zukunft der Geflochtenen aus? Acht Stränge sind jetzt schon fast Standard, es gibt schon Schnüre mit 12 Strängen. Werden es noch mehr oder sind Verbesserungen eher über andere Parameter zu erreichen?

W. Kummerow/Waku: Die polyfile Schnur der Zukunft ist eine Geflochtene mit sehr glatter Oberfläche ohne Ummantelung und hoher Abriebfestigkeit. Sie gleitet geräuschlos durch die Ringe und weist eine Knotentragkraft aus, die nahe an der heutigen Lineartragkraft liegt, wodurch noch größere Wurfweiten ermöglicht werden. Dank größerer Nachfrage ist die Schnur in zehn Jahren vergleichsweise preiswerter als heute.

Rollen

F&F: Sehr wichtig ist die Bremse: Es gibt oder gab schon Heck-, Front-, Mittel-, und Kampfbremsen. Die Bremsscheiben sind heutzutage schon häufig aus ultrahitzebeständigem Material. Was wird sich zukünftig durchsetzen? Werden wir vielleicht Stationärrollen in 3.000er-Größe haben, die 20 Kilo Bremskraft entwickeln?

Ty Hasegawa, Rollenentwickler bei Daiwa Europe.

T. Hasegawa/Daiwa: Aktuell sehen wir in Deutschland und Österreich seit circa sieben bis acht Jahren einen starken Trend zur Frontbremse. Dieser Bremstyp setzt sich gerade klar durch und ist aus unserer Sicht auch technisch der Vorteilhafteste. Lag das Verhältnis von Frontbremse zur Heckbremse vor zehn Jahren in Deutschland noch bei etwa 50 zu 50, hat sich dies zu einem Verhältnis von rund 80 zu 20 für die Frontbremse entwickelt. Auch bei günstigen Rollen, die früher überwiegend mit Heckbremse ausgestattet waren, sehen wir eine klare Tendenz zur Frontbremse.

Technisch wäre es jetzt schon möglich, kleine Spinnrollen mit einer Bremskraft von nahezu 20 Kilogramm zu konstruieren – aber vom Einsatzzweck macht dies keinen Sinn. Rollen in dieser Größenordnung werden ja überwiegend für die „normale“ Angelei auf Hecht, Zander, Meerforelle, Dorsch, Wolfsbarsch, etc. eingesetzt. Und hier macht eine extrem hohe Bremskraft gar keinen Sinn, da man diese Belastung ja niemals ausüben wird. Selbst beim Big Game-Fischen auf Tun und Marlin wird selten eine Bremskraft über 20 Kilogramm verwendet! Gerade bei Spinnrollen ist man ja durch die Schnurstärke sowie die Rute klar limitiert – hier werden nur die wenigsten Angler tatsächliche Bremskräfte über fünf Kilogramm benötigen!

Viel wichtiger als eine extrem hohe Bremskraft ist vielmehr eine gleichmäßig anlaufende, ruckfreie Bremsleistung bei Belastung – das verhindert die Gefahr von Aussteigern im Drill und hilft dem Angler deutlich mehr in der Praxis, als eine hohe Bremskraft. Dies ist auch das Ziel des Daiwa UTD Tournament-Bremssystems – eine sehr gleichmäßige Kraftentwicklung ohne einen höheren Anlaufwiderstand zu konstruieren. Nur so kann man mit perfekt abgestimmten Gerät an die Leistungsgrenzen gehen!

Spezielle Materialien bei Bremsscheiben machen eigentlich nur dann Sinn, wenn die Bremse auch extrem stark oder oft belastet wird – und das sind in der Regel überwiegend die Warmwasser Meeresfische sowie Wels, Karpfen und Exoten, die überhaupt diese extremen Belastungen ausüben können. Hier macht der Einsatz von Teflon oder Kohlefaser als Material Sinn, da die Hitze deutlich besser abgeleitet werden kann und das Material widerstandsfähiger ist. Natürlich ist auch für jeden ambitionierten Angler, der sehr häufig beim Fischen ist und sein Gerät perfekt abstimmt, der Einsatz von neuartigen Materialen von Vorteil, da die Lebensdauer der Bremse erhöht wird und die Belastbarkeit und Zuverlässigkeit in Extremsituation steigt.

F&F: Im Meeresbereich gibt es ja schon länger Elektrorollen. Wird es zukünftig so etwas auch für Süßwasser-Einsätze geben?

T. Hasegawa/Daiwa: Im asiatischen Markt ist der Einsatz von kleinen Elektrorollen der 300er-Größe im Salzwasserbereich Gang und Gäbe. In Europa ist die Nachfrage nach diesen kleinen Rollen bisher verschwindend gering – es gibt in der Schweiz und Österreich bereits ein paar Angler, die Elektrorollen für die Tiefseeschleppfischerei in Alpenseen vom Boot aus einsetzen – allerdings sind dies sehr spezielle Einsatzzwecke. Im Süßwasser wird der Köder ja überwiegend geworfen und der Anteil der Bootsangler ist verschwindend gering – und zum Werfen eignen sich Elektrorollen nun mal überhaupt nicht. Deswegen rechnen wir nicht mit einer steigenden Nachfrage in diesem Bereich.

F&F: Wird es vielleicht zukünftig einen völlig neuen Rollentyp geben, also keine Stationär-, Multi- oder Laufrollen?

T. Hasegawa/Daiwa: Grundsätzlich bietet jede Rollenart spezifische Vor- und Nachteile. Aktuell gibt es ja schon gewisse Mischformen, zum Beispiel Stationär-Rollen mit zwei unterschiedlichen Getriebeübersetzungen. Allerdings sehen wir das aktuell als Nischenprodukt. Die große, vollkommen andersartige Neuheit, die sich auch technisch durchsetzt, wird es kurz- bis mittelfristig nicht geben. Vielmehr wird auch in Zukunft durch kontinuierliche Verbesserungsprozesse die Durchschnittsqualität der Rollen (Spinn, Multi und Baitcast) bezüglich Laufruhe, Gewicht und Belastbarkeit, weiterhin erhöht werden.

F&F: Das Design ist für viele Kunden mitentscheidend beim Rollenkauf. Gibt es Studien, wie die Rolle der Zukunft äußerlich aussehen könnte?

T. Hasegawa/Daiwa: Das Design gibt einer Rolle und ihrem Hersteller die Identität. Natürlich gibt es hier von unseren Designern in Japan zahlreiche Studien, wie eine Rolle zukünftig aussehen könnte – da gerade das Design ein sehr wichtiges Kriterium für den Angler ist, können wir hier leider nicht viel über die Zukunft verraten.

Den kompletten Heft-Schwerpunkt zum Thema „Zukunft des Angelns“ lesen Sie in der Jubiläumsausgabe „55 Jahre FISCH & FANG“ – ab 22. April am Kiosk! Hier geht es zur Heftvorschau…

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