Hoch oben in den dichten Baumkronen versteckt wachsen auf der Naturerbefläche Ueckermünder Heide der Deutschen Bundesstifung Umwelt (DBU) junge Seeadler auf.
Um die weitere Entwicklung der einst fast ausgestorbenen Tiere besser nachzuvollziehen, hat ein Team um Revierleiter Fabian Maerkel vom Bundesforstbetrieb Vorpommern-Strelitz jetzt sechs Jungvögel beringt. „Wir haben acht Horste kontrolliert und insgesamt acht junge Adler gefunden, von denen wir sechs entsprechend markieren konnten“, erzählt Maerkel. Die Beringung am Fuß der Tiere zeigt den Geburtsort sowie das Geburtsjahr und hilft, den Bestandsverlauf und die Lebensräume nachzuvollziehen. Die Seeadler finden auf der DBU-Naturerbefläche zwischen Wald und Wasser geeignete Lebensräume, die das DBU Naturerbe, eine Tochtergesellschaft der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), erhält und weiterentwickelt.
Beringung der Seeadler ist Teamarbeit
Als Revierleiter ist Maerkel täglich auf der DBU-Naturerbefläche unterwegs. Doch für die Beringung junger Seeadler brauchte es ein ganzes Team. Ein Baumkletterer bestieg den Baum und ließ die Jungvögel hinunter. Unten kümmerten sich Horstbetreuer und Beringer um den Gesundheitscheck der Tiere: Sie wurden vermessen und gewogen. Zudem kontrollierten die Experten verbliebene Nahrungsüberreste im Horst, um Rückschlüsse auf die Versorgungssituation abzuleiten. Anschließend brachten sie je zwei Ringe an den Füßen der Adler an, die den Fundort sowie das Alter des Tieres exakt beschreiben. „Um die Tiere nur wenig zu stören, ist vorsichtige und zügige Zusammenarbeit nötig. Nach knapp 20 Minuten liegen die Jungtiere in der Regel wieder im Horst und werden trotz Beringung von den Alttieren wieder angenommen“, erklärt Maerkel. Horste, die nur schwer zugänglich sind, wurden mit einer Drohne beflogen. „Die Bäume zweier Adlerhorste waren zu instabil für den Kletterer. Doch die Drohnenbilder zeigten jeweils ein Jungtier pro Horst“, ergänzt Maerkel.
Wertvolles Lebensraum-Mosaik für Seeadler
Die rund 9.500 Hektar große DBU-Naturerbefläche Ueckermünder Heide erstreckt sich unmittelbar an der Grenze zu Polen von Altwarp bis Glashütte. In dem großen Waldgebiet nahe der Ostseeküste liegen auch zahlreiche Gewässer und Feuchtgebiete. „Gerade die Verzahnung von großflächigen Waldflächen als Brutrevier mit dem Vorkommen einer Vielzahl an Gewässern als Jagdrevier und die Ungestörtheit macht die Ueckermünder Heide für Seeadler so interessant“, erklärt Lena Fitzner, Offenlandmanagerin im DBU Naturerbe. So konnte Anfang des Jahres ein 28-jähriger Seeadler vom Wildtierfotograf Fernando Schmidt fotografiert werden. Das Beweisfoto entstand lediglich neun Kilometer vom Schlupfort entfernt. „Den mit bis zu zwei Metern Durchmesser großen Horst bauen die Adler in die Kronen stabiler Bäume, von denen die Greifvögel zur Jagd die umliegenden Wasserflächen ansteuern“, sagt Fitzner. Dabei macht es ihnen ein strukturreicher Mischwald besonders einfach: Bäume unterschiedlicher Altersstadien und viele verschiedene Baumarten bilden ein heterogenes Waldbild mit lichten Lücken und ausreichend Platz, aus denen der Seeadler mit einer Flügelspanne von bis zu zwei Metern schnell abheben kann. Ebenso sind die Jungtiere in den dichten Kronen alter Laubbäume gut geschützt. Ausreichend Nahrung finden die Greifvögel in der Ueckermünder Heide mit ihrer großflächigen Seen- und Flusslandschaft. Von der Wasseroberfläche packt der Vogel seine Beute mit den Fängen im Flug.
Mehr Wasser in der Landschaft
„Neben dem bestehenden Mosaik aus Gewässern, Feuchtgebieten und ausgedehnten Waldbereichen, wird sich der Lebensraum für Greifvögel in der Ueckermünder Heide noch potenziell vergrößern“, sagt Fitzner. In den kommenden Jahren sind verschiedene Maßnahmen zur Wiedervernässung und natürlichen Waldentwicklung geplant. Die Ueckermünder Heide gehört zu einem der größten geschlossenen Waldgebiete Mitteleuropas, das sich sowohl über die deutsche als auch über die polnische Seite erstreckt. Hier soll sich langfristig, in den von Kiefern dominierten Beständen, ein naturnaher Laubmischwald mit hoher Struktur- und Artenvielfalt entwickeln. Um heimische Bäume wie Buche und Eiche zu fördern, werden in Teilen Nadelhölzer entnommen. Die Feuchtgebiete auf der DBU-Naturerbefläche sollen dauerhaft mehr Wasser in der Landschaft halten. Indem Gräben verschlossen werden, können entwässerte Moore wiedervernässt werden.