Zielfische Barbe Zielfisch Barbe: Faszination Centrepin

Zielfisch Barbe: Faszination Centrepin


Die gute alte Achs- oder Laufrolle kommt wieder! Vor allem in England setzen immer mehr Barben-Spezialisten auf das urtümlichste aller Rollenmodelle. Von Thomas Kalweit

Wenn man nicht weit werfen muss, etwa an kleinen Flüssen oder Teichen, dann hat die so genannte Centrepin oder Nottingham-Rolle nur Vorteile. Sie besitzt die beste denkbare Bremse: den Daumen des Anglers. Beim Drill spürt man die Kraft des Fisches in der Kurbel, kein störendes Getriebe verhindert den direkten Kontakt zum kampfstarken Gegner. Das Drillen macht mit der Centrepin einfach viel, viel mehr Spaß als mit der Stationär- oder Multirolle. Das ist der Grund, warum sie in England zum Barben- und Döbel-Trotting an kleinen Flüssen sehr häufig eingesetzt wird. Auch auf Karpfen an kleinen Teichen – etwa mit einer Teigkugel an der Pose, am besten in Kombination mit einer gespließten Rute – steigert die Achsrolle den Spaßfaktor ins Unendliche.

Seidenweicher Lauf

Nur mit der Centrepin kann man eine Pose in der Strömung leicht verzögert, aber trotzdem vollkommen gleichmäßig abtreiben lassen. Bei einer Stationärrolle würde die Leine ruckartig in einzelnen Klängen von der Spule springen. Der Strömungsdruck an der Pose bringt die Centrepin-Rolle von selbst in langsame Rotation. Durch die leichte Drift-Verzögerung wird die natürlichste Köderpräsentation erreicht, denn am Grund eines Fließgewässers ist die Strömung deutlich geringer als in der Nähe der Oberfläche. Für die feine englische Friedfisch-Angelei mit der Stick- oder der Avon-Pose ist die „Pin“ das beste denkbare Rollenmodell.

Werfen als Kunst

Weite Würfe sind mit diesen Rollen nicht möglich. Die Fischerei beschränkt sich auf den unmittelbaren Nahbereich an kleinen Flüssen und Teichen. Auswerfen lässt sich mit der Centrepin auf verschiedenste Weise: Der Angler kann ein paar Klänge von der Rolle abziehen und diese, bevor er auswirft, vor sich im Flachwasser ablegen. In der Regel wird direkt unter der Rutenspitze gefischt, und ein Schlenzer mit der Rute reicht vollkommen aus. Richtige Centrepin-Profis werfen mit dem „Wallis Cast“, einem komplizierten Wurfstil, bei dem die Rolle im Wurf mit einem kräftigen Zug an der Leine in Rotation gebracht wird. Eine Kunst, die nur wenige be-herrschen. Kurz vor dem Auftreffen auf die Wasseroberfläche bremst der Angler die Spule mit dem Zeigefinger ab, um Schnurperücken zu verhindern.

Bei höheren Ködergewichten ist der Side-Cast empfehlenswert. Hier fungiert der Daumen der linken Hand quasi als Schnurlaufröllchen. So kann die Schnur beim Wurf seitlich von der Spule ablaufen, wie bei einer geöffneten Stationärrolle. Das Problem: Der Wurf funktioniert nur mit trockenen Fingern, ein Zustand, der beim erfolgreichen Angeln nur selten vorkommt.

Dann wäre da noch der Loop-Cast: Hier zieht sich der Angler einige Klänge Schnur von der Rolle und hält diese vor dem Wurf locker in der Hand. Manche Angler ziehen auch zwischen den unteren Ringen mit der linken Hand jeweils eine Schnurschlaufe heraus, so haben sie einige Meter freie Schnur, die sie beim Wurf durch die Ringe schnellen lassen können.

Gebrauchte Modelle aus früheren Jahren sind im Internet oft schon recht preiswert zu bekommen.

Nicht nur für Puristen

Viel Schnur muss auf eine Centrepin nicht aufgespult werden. Zum einen wirft man nicht sonderlich weit, mehr als 30 Meter lässt niemand abtreiben, und selbst der größte Fisch wird einem kaum mehr als 20 Meter Schnur von der Rolle ziehen. Gute 60 Meter reichen also vollkommen aus.

Wie man die Schnur auf die Achsrolle aufspult – Aufkurbeln mit oder gegen den Urzeigersinn – wird in erster Linie vom bevorzugten Wurfstil bestimmt. Beide Varianten sind möglich. Gerade am Anfang sollte die Schnur nicht zu dünn gewählt werden. Denn gerne weht der Wind die lockere Leine um den Rollenfuß.

Keine Übersetzung

Wer die Schnur wieder langsam einkurbeln will, benutzt ganz normal die Kurbelgriffe. Beim etwas schnelleren Aufspulen steckt man den Zeigefinger in eines der Löcher der Spule und holt so besonders zügig die Leine ein. Noch schneller Einkurbeln lässt sich die Schnur mit dem so genannten „batting the drum“. Beim diesem Schlagen der Trommel beschleunigt der Angler mit der flachen Hand den Spulenrand, bis die Pose einem nur so entgegensaust. Manche Centrepin-Modelle haben deshalb auch gar keine Kurbelgriffe mehr.

In der Regel werden fürs feinere Fischen mit dünnen Schnüren auf Flussrotaugen, Hasel oder Äschen Rollen mit größerem Durchmesser, aber schmalerer Spule eingesetzt. Hier muss man die abgetriebene Pose oft über größere Distanzen einholen, und ein größerer Spulendurchmesser holt pro Umdrehung mehr Schnur ein. Für die Specimen-Angelei auf kampfstarke Barben – etwa mit Grundblei und Käsewürfel -kommen breitere Spulen mit geringerem Durchmesser zum Einsatz. Der Vorteil einer breiteren Spule ist, dass hier die Schnur nicht so schnell seitlich abspringen kann. Bei den Engländern wird die Centrepin sogar für die Hechtangelei mit totem Köderfisch eingesetzt.

Spaß garantiert

Manche sagen: Wer noch nie mit einer Centrepin gefischt hat, der hat noch nie richtig geangelt! Da ist etwas Wahres dran. Nur mit der Handleine bekommt man mehr Kontakt zum Fisch. Für den Anfänger sind beim britischen Ableger des Internetauktionshauses ebay (ebay.co.uk) gebrauchte Centrepins schon für unter 50 Euro zu haben. Beim Kauf zu beachten: Mindestens für die Dauer eines Wurfes muss sich die Spule nach einmaligem Anstoßen absolut frei drehen. Centrepins sind nicht nur etwas für Puristen und Romantiker. Zugegeben, gerade am Anfang sind Nottingham-Rollen schrecklich unkomfortabel, nur nach längerem Üben lässt sich halbwegs vernünftig mit ihnen werfen. Vielleicht machen sie gerade deshalb ungeheuren Spaß!

König der Pins

 

Moderne Centrepins sind richtige Hightech-Geräte. So werden etwa die bekannten Kingpin-Achsrollen von der englischen Firma „KW Engineering“ hergestellt, die sonst nur Präzisions-Teile für den Flugzeugbau und die Rüstungsindustrie produziert. Die Spule läuft auf den besten Keramik-Kugellagern, die erhältlich sind. Der Preis für diese technischen Meisterwerke liegt zwischen stolzen 165 und 319 englischen Pfund (ca. 182 bzw. 352 Euro). Einmal angestoßen, laufen sie minutenlang weiter. Besonders praktisch: Die Ratsche kann während des An-gelns einfach mit dem Zeigefinger der rechten Hand zugeschaltet werden. Kingpin-Rollen werden neben England vor allem in die USA verkauft: Dort fischt man damit mit der Pose und Jigfliege auf Steelhead-Forellen und Lachse. Ein Drill, der unvergesslich sein muss!

Info: www.kingpinreels.com, Vertrieb über www.handmadefloats.co.uk, E-Mail: andy@handmadefloats.co.uk

Meisterwerk vom Flugzeugbauer: Für moderne Centrepins muss man ordentlich in die Tasche greifen.

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