Auf ebay wollte sie keiner haben, deshalb habe ich mich erbarmt – und bin immer noch erstaunt, was für eine wunderschöne Rolle ich erworben habe.
In der Vergrößerung ist deutlich das grobporige, schlechte Aluminium der frühen Nachkriegszeit zu erkennen. Ab Werk wurde es aber schwarz eloxiert und mit einem Sprenkelmuster versehen. So eine Oberflächenbehandlung ist mir bei einer deutschen Rolle noch nie untergekommen. Betrachtet man die Sprenkel mit der Lupe, dann wurde damals wahrscheinlich die schwarze Beschichtung punktuell, etwa mit Säurespritzern entfernt. Wahrscheinlich mit Teesieb und Zahnbürste, wie bei der Spritztechnik im Kunstunterricht. Es könnten auch Spritzer mit silberner Farbe aufgebracht worden sein, das vermute ich aber nicht. Auch im Inneren der Fliegenrolle sieht man dieses hübsche Finish. Die Firma Hildebrand ist ja bekannt für aufwändig dekorierte Rollen, etwa für die Pfauenaugen-Marmorierung, die Wellenlinien-Verzierung oder eingeschliffene Drehrillen bei den Nachkriegs-Laufrollen.
Das Rollenmodell gleicht eindeutig der Simplex-Fliegenrolle von Hildebrand-Wieland (München), allerdings mit mehr Bohrungen auf der Front und mit zusätzlichem Spiralmuster auf der Frontplatte sowie mit Mutter und Kreismuster auf der Rückwand. Griffknauf und Schieber sind ziemlich eindeutig Hildebrand. Wer weiß mehr über die gesprenkelte Fliegenrolle?
Im 1937er Katalog wird die Befestigung der Spule auf der Achse bei der Simplex mit einer „gefederten Stahlkugel“ beschrieben. Die Spule konnte einfach mit etwas Kraft abgezogen werden. Bei meiner Rolle greift anscheinend nur noch die Schraube im Zentrum der Spule in eine Furche auf der Achse. Kann nur noch durch Lösen der Schraube in der Spule die Spule gewechselt werden? Das wäre natürlich blöd gelöst. Wenn beim Fischen Sand in die Rolle kommt, müsste man erst die ganze Schnur samt Backing abziehen, um an die Schraube zu gelangen…
Infos, Fragen und Anregungen bitte an thomas.kalweit@paulparey.de
Anmerkung vom 2. November 2023:
Gerhard Dee schrieb per Mail: „Hallo Thomas, wie Du selbst zu bedenken gibst, wäre ein Spulenwechsel bei Deiner gesprenkelten Hildebrand-Rolle äußerst umständlich. Ich glaube vielmehr, dass bei ihr die der Schraube üblicherweise vorgeschaltete Feder samt Kugel abhandengekommen ist. Danach hat jemand eine Schraube einfach soweit durchgeschraubt, bis sie anstelle der Kugel in die Nut an der Achse greift.
In den Beiträgen über die Behm-Rolle wurde bereits erwähnt, dass die federnd gelagerten Spulen bei gleichgroßen Rollen oft untereinander austauschbar sind. Vielleicht solltest Du mal probieren, ob sich eine Spule mit funktionierendem Feder-Mechanismus (von einer anderen Rolle), wie im 1937er Hildebrand-Katalog beschrieben, aufstecken und abziehen lässt? Beste Grüße, Gerhard“
Hallo Gerhard, das ist ein sehr guter Hinweis! Ich habe es jetzt mit etwas Gewalt probiert – die Spule lässt sich nun doch abziehen. Wahrscheinlich, weil ich die Rollenachse auch gestern ausgiebig geölt habe. Der Mechanismus saß anscheinend fest und hat sich durch das Öl gelöst. Die Kugel samt Feder ist also doch noch vorhanden! Ein weiterer Beweis, dass das Röllchen von Hildbrand ist. Beste Grüße und lieben Dank für den Tipp, Thomas