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Vorschriften-Dschungel amüsant betrachtet


Vorschriften-Dschungel amüsant betrachtet

23.11.2015 22:54 von Matze Koch

 

Ein freundlicher holländischer Polizist kontrolliert mich. Kontrolle ist wichtig, um Frevler belangen zu können. Den Vorschriften-Urwald allerdings durchblicken manchmal auch die Kontrolleure kaum

…bis das Lachen im Hals verreckt

 

 

 

Je mehr Vorschriften, desto unübersichtlicher der Verordnungs-Dschungel. Man wünscht sich eine Machete, die kurzen Prozess macht mit manch hirnlosem Satzungs-Wildwuchs. „Je gerechter ein Steuersystem ist, umso komplizierter wird es!“ wollte mir meine Steuerberaterin kürzlich weismachen. Ich glaube kein Wort. Muss es erst unübersichtlich werden, um besser oder gerechter zu sein? Ich nehme das jetzt mal nicht zu ernst, sondern mache mich einfach mal nach Herzenslust über einige Regelungen lustig.

 

 

 

Entglittene Logik

 

Neue Vorschriften in der Angelei, in Vereins- und Gewässerordnungen, entstehen oft aus durchaus vernünftigen Gründen. Wenn Angler die drei erlaubten Ruten nutzen, aber zwei weitere hinten im Gras verstecken, leuchtet ein: Der Fischereiaufseher hat es nicht leicht, die zu überführen. Er muss sich auf die Suche machen. Aus diesem Grund aber die Vorschrift zu erlassen: „Alle Ruten sind im Winkel von mindestens 60 Grad aufzustellen!“ ist ein echter Kalauer. So geschehen in einem hiesigen Verein, zum Glück wieder rückgängig gemacht. Über den anglerischen Nutzen, oder besser „Nichtnutzen“ einer solchen Vorschrift hatte sich im Vorstand wohl keiner Gedanken gemacht. Anständigen Anglern, die eine sensible Bisserkennung erreichen wollen, wird das Leben damit zur Hölle gemacht. Karpfenangeln an einem flachen See mit hochaufgerichteten Ruten ist so ziemlich das Dümmste, was ich mir vorstellen kann.

 

 

 

Schikane oder Sinn?

 

In Holland rühmte man sich lange, ein einfaches Angelrecht zu haben. Seit einigen Jahren wird auch dies aber mit jeder Saison komplexer und konfuser. „Das Angeln von Brücken ist verboten!“ leuchtet ein, um die Brücke frei zu halten. Wenn ein Angler mit seiner Rute aber eine Brücke überquert, weil er nur links parken kann, aber rechts angeln möchte, und dafür allen Ernstes 80 Euro Strafe zahlen muss, kann das im Sinne des Erfinders sein? Auch das ist tatsächlich passiert.

 

Seit einigen Jahren kann man in Holland mit einem Sonderschein, für weitere 35 Euro jährlich, auch nachts und mit drei Ruten fischen. Eine kleine, unscheinbare „Nebenregel“, die kaum jemand wahrnimmt ist die, dass die beiden äußeren (!) Ruten nicht mehr als fünf Meter Abstand voneinander haben dürfen. Selbst beim Karpfenangeln wäre mir das zu wenig.Beim Hechtangeln verstoße ich laufend dagegen. Ich hoffe ich begegne nie einem Aufseher mit Maßband. Zusätzlich sollten die Schnüre möglichst „im rechten Winkel zum Ufer verlaufen“. Warum schreibt man nicht gleich, dass die drei Ruten nur Karpfenanglern erlaubt sind, denn darauf will man offensichtlich hinaus.

 

 

 

Nachwuchsförderung allein auf Friedfischbasis?

 

Richtig ist, dass es gut ist von der Pieke auf zu beginnen, und auch das Stippen zu erlernen, um einen anglerischen Burnout im Jugendalter zu vermeiden. Warum in einigen Vereinen Kinder (auch mit Begleitschein oder in Vorbereitung auf die Sportfischerprüfung!) nicht auf Raubfisch angeln dürfen konnte mir auch bis heute niemand schlüssig erklären. Was kann es Schöneres geben, als wenn ein Kind, dem man das Angeln nahebringen will, einen Kunstköder auswerfen darf. Das ist unterhaltsam und abwechslungsreich. Wir durften es auf meinen letzten Seminar in Barßel auch mit einem sechsjährigen Kind umsetzen.

 

„Ein Kind könnte von einem großen Hecht ins Wasser gezogen werden!“ diese Aussage machte mir kürzlich allen Ernstes ein Obmann meines Vereins. Ich bin ein humorvoller Mensch, aber das Lachen verendete dann doch als krächzender Rohrkrepierer in meiner Gurgel. Als hätten wir nicht schon genug Nachwuchsprobleme.

 

Gefangen vom Kind, Hilfestellung vom erwachsenen Sportfischer. Ist daran etwas gefährlich? Zum Glück hat der Hecht es nicht ins Wasser gezogen und lebendig verspeist…

 

 

 

 

Ein bisschen Spaß muss sein

 

Ähnlich lustig sind die Vorschriften zum Übernachten. Ist das Zelt für den Angler nun erlaubt oder nicht? Die Statuten reichen von „muss vorne offen sein“, über „nur ohne Boden“ bis hin zu Gaskocherverboten, weil man Angler, die länger als sechs Stunden am Wasser sind, in Wahrheit gar nicht haben will.

 

 

Besonders spaßig präsentiert sich diese holländische Vorschrift zum Zelten:

 

 

„Ausschließlich Inhaber einer Nachtangelerlaubnis, die aktiv angeln, dürfen sich in oder in der Nähe des Angelzelts befinden.“

 

 

Huuuch, als Tagangler muss ich Abstand von Zelten halten, sonst komme ich ins Gefängnis? Wie man sieht, schießen Holländer wie Deutsche gleichermaßen gerne mal in bester Absicht über das Ziel hinaus.

 

 

Rasend komisch auch diese Vorschrift:

 

 

„Wegen möglicher Ungleichbehandlung mit anderen Nutzern des Terrains, müssen die Angler ihr Tageszelt abends abbrechen.“

 

Wie man das zu verstehen hat? Ich weiß es nicht.Ich vermute eher eine Übersetzungspanne.

 

Eine Vorschrift in Holland lautet: Man darf nicht mehr als 15 Fische in seinem Besitz haben. Sie soll der maßlosen Barschentnahme vorbeugen. Aber gilt das jetzt auch für Köder? Ich habe meist sehr viel mehr dabei.

 

 

 

Alle machen sich strafbar!

 

Interessant, dass fast alle Karpfenangler in Holland gegen die Vorschriften verstoßen, denn Rutenhalter aus Metall sind da verboten. Der Grund dafür klingt vernünftig. Die Mähmaschinen werden oft beschädigt, weil Metallrutenhalter im Boden vergessen wurden. Doch welcher Karpfenangler besitzt Kunststoffbanksticks?

 

 

Auch interessant ist der Umgang vieler Vereine mit Mindestmaßen der Köderfische. Wenn ein Rotauge ein Mindestmaß von 15cm hat, darf ich dann keine 10cm Köderfische für Zander verwenden?

 

 

 

Beim Landesrecht wird es ernst!

 

Aufhören tut der Spaß, wenn man die Landesfischereirechte untersucht. Kürzlich erklärte mir ein Anwalt, er sei der Meinung, das bayrische Fischereireicht verstoße gegen anderes geltendes Recht und sei damit unwirksam. Im Speziellen ging es um das rechtmäßige Zurücksetzen von Fischen. In Bayern ist (als einzigem Bundesland) laut Fischereigesetz das Zurücksetzen maßiger Fische ausdrücklich verboten, ähnlich wie schon in der Schweiz. Das verstößt hierzulande aber gegen das Tierschutzgesetz. Denn ein Angler kann schnell in eine zweifelhafte Lage kommen, wenn er z.B, einen Fisch fängt, den er gar nicht fangen wollte. (Beispielhaft nannte der Anwalt den Campingurlauber der auf Aal angelt, aber einen Wels fängt!). Was bitte soll er damit anfangen? Die Frage stellt sich unweigerlich. Schreibt der Gesetzgeber jetzt vor, den Fisch zu töten, weil er das Mindestmaß erreicht hat, dann verstößt er damit eindeutig gegen das geltende Tierschutzrecht, in dem festgehalten ist, dass IM ZWEIFELSFALL dem LEBEN immer der Vorzug zu geben ist.Bei Anglern gibt es laut bayrischem Gesetz diesen Zweifelsfall offenbar nicht. Es scheint immer glasklar zu sein was ein Aalangler macht, wenn er zwanzig Brassen fängt.

 

 

 

Nicht ganz so Ernst genommen…

 

Das gute, das positive Fazit am Ende lautet, (abgesehen vom letzten Beispiel) dass nicht alles so heiß gegessen wird, wie man es kocht, denn meist sind Aufseher und Polizei sehr freundlich, und sehen auch über kleinere „Mängel“ weg, wenn man alle Papiere vorweisen kann. Aus meiner Zeit als Guide stammt die Geschichte, bei der ich mit acht Guidinggästen auf einer Brücke stand. Die Hechtruten lagen alle unten am Kanal. Die Polizei kontrollierte alle Tageskarten (die in Holland übrigens damals streng genommen nur für Friedfisch galten!), und wies höflich darauf hin: „Weil sie Deutsche sind und das nicht wissen können, weisen wir darauf hin, dass sie nicht auf der Brücke stehen dürfen wenn sie angeln!“ Ich musste damals lachen, weil ich mich fragte was gemeint ist mit „weil sie Deutsche sind“? Weil wir ein bißchen doofer sind?

 

 

 

Jedenfalls war es nett gemeint und bezog sich vermutlich auf die Sprachbarriere.

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