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Verschlungene Wege zur Sargassosee


Wanderrouten des Europäischen Aals zur Sargassosee. Die Aussetzorte der mehr als 700 mit Datenrekordern ausgerüsteten Aale sind als grüne Kreise, aufgezeichnete Wanderrouten als schwarze Pfeile, mögliche Feinde auf ihrer Wanderung als Silhouetten, und das angenommene Lachgebiet durch die Aallarve und das Forschungsboot symbolisiert. Bild: Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft des Landes Brandenburg/IfB Potsdam

Zusammen mit Ichthyologen aus sechs EU-Staaten haben Forscher des Instituts für Binnenfischerei in Potsdam-Sacrow neue Erkenntnisse zum mysteriösen Lebenszyklus des Aals herausgefunden.

Die Forschungsergebnisse wurden in der Zeitschrift Science Advances publiziert (http://advances.sciencemag.org/content/2/10/e1501694). Sie stellen einige bisherige Hypothesen zur transatlantischen Wanderung der Tiere in Frage.

Der heimische Europäische Aal (Anguilla anguilla) ist eine Wanderfischart. Sein Laichgebiet ist die Sargassosee im Atlantik. Zweimal in ihrem Leben überqueren die Aale auf einer Reise von jeweils 6.000 Kilometern den Atlantik – als Jungtiere auf dem Weg zu den europäischen Küsten und als geschlechtsreife Aale, um ihr Laichgebiet in der Sargassosee zu erreichen.

Keine feste Wanderroute

Bei der Analyse zeigte sich, dass es nicht eine festgelegte Route für Aale von Europa in den Westatlantik gibt, sondern die Tiere auf verschiedenen und teilweise verschlungenen Wegen die Sargassosee ansteuern. Von den an der deutschen Nordseeküste ausgesetzten Aalen entschieden sich manche für einen westlichen Kurs zum Ärmelkanal. Andere durchschwammen zunächst die Nordsee bis zur norwegischen Küste. Hier kommen auch ihre Artgenossen aus der Ostsee und von der schwedischen Westküste entlang. Die mit Datenrekordern ausgerüsteten Aale legten im Durchschnitt im Meer 20 Kilometer pro Tag zurück – zu langsam, um das 5 bis10.000 Kilometer entfernt liegende Vermehrungsgebiet rechtzeitig zu Beginn der Vermehrungssaison zu erreichen. Letztere beginnt zudem noch früher im Jahr, als bisher vermutet. Wachstumsanalysen von Aallarven lassen vermuten, dass die Vermehrung Mitte Februar ihren Höhepunkt findet. Die Mehrzahl der im Herbst aus heimischen Seen und Flüssen abwandernden Aale bummelt zu dieser Zeit noch durch den Atlantik und erreicht wahrscheinlich erst die Hochzeitsparty im Folgejahr. Wenn überhaupt, denn die transatlantische Wanderung endet für viele Aale bereits vorher.

Viele Aale von Räubern gefressen

Nicht immer hilft es den Aalen, dass sie tagsüber bis zu 800 Meter tief abttauchen und nur nachts näher an der Wasseroberfläche schwimmen. Etwa die Hälfte der von den Wissenschaftlern mit speziellen Datenrekordern ausgerüsteten Aale fiel Räubern – vor allem Haie, Wale, Delfine, Thunfische und Seehunde – zum Opfer.

Der wirtschaftlich bedeutende Fisch, von dem jährlich im Land Brandenburg gut 100 Tonnen und damit rund 350.000 Stück gefangen werden, ist seit Jahren auf dem Rückzug. Vor 20 Jahren fingen die Fischer noch mehr als doppelt so viele Aale. Der Ertragsrückgang deckt sich mit dem drastischen Einbruch der Aalbestände in ganz Europa. Seit 2006 werden im Land die Besatzmaßnahmen in Brandenburg über das von der EU und dem Land geförderte Pilotprojekt koordiniert.

Ursachen für den Bestandsrückgang

Nach Einschätzung des Internationalen Rats zur Erforschung der Meere (ICES) befinden sich die Aalbestände „außerhalb sicherer biologischer Grenzen“. Deshalb hat die Europäische Union ihre Mitgliedstaaten verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um die Zahl abwandernder geschlechtsreifer Aale aus den Binnengewässern zu erhöhen und den Aalbestand zu stützen. So wurde in den letzten Jahren die Forschung zur Biologie des Aals intensiviert, um die Ursachen für den Bestandsrückgang zu klären und die noch vorhandenen großen Lücken im Lebenszyklus des Aals zu schließen.

Das Institut für Binnenfischerei untersucht seit mehreren Jahren die Dynamik des Aalbestands in deutschen Binnengewässern. Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem Verständnis der Ursachen für die seit drei Jahrzehnten beobachteten Bestandsrückgänge und der Erarbeitung erfolgversprechender Maßnahmen zur Bestandsstützung. Das dem hier vorgestellten Artikel zugrunde liegende Forschungsprojekt wurde mit finanziellen Mitteln der Länder Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern sowie der EU im Rahmen des Europäischen Fischereifonds (EFF) finanziert. Weitergehende Forschungen des Instituts zum Aal und zu vielen anderen fischereilichen sowie fisch- und gewässerökologischen Themen werden durch das Brandenburger Agrar- und Umweltministerium sowie weitere Mittelgeber finanziell gefördert.

-pm-

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