ANZEIGE

Unterwasserlärm: Die unsichtbare Gefahr

1385
Viele Geräte des Tiefseebergbaus erzeugen Unterwasserlärm, der etwa große Meeressäuger wie Wale stark beeinträchtigen kann. Bild: OceanCare

Die Umweltschutz-Organisation „OceanCare“ veröffentlicht die erste eingehende Analyse zu Lärmemissionen aus Tiefseebergbau-Aktivitäten.

Der Bericht mit dem Titel „Deep-Sea Mining: A noisy affair“ befasst sich mit den Lärmemissionen der Abbauaktivitäten in der Tiefsee und deren möglichen Auswirkungen auf Meereslebewesen. Er enthält auch konkrete Empfehlungen. Hauptautor ist Cyrill Martin, Jurist und Experte bei OceanCare. Seine Co-Autoren sind die Meeresbiologin und Expertin für marinen Unterwasserlärm Dr. Lindy Weilgart, Dr. Diva Amon, eine Tiefseeexpertin, und Dr. Johannes Müller, Experte bei OceanCare.

Tiefseebergbau erzeugt Unterwasserlärm

Während sich die Debatte um DSM (Tiefseebergbau, englisch „deep-sea mining“ oder DSM) in erster Linie auf die Zerstörung des Meeresbodens und auf die Trübung durch Sedimentfahnen konzentriert hat, ist eine andere wichtige und schädliche Auswirkung des Tiefseebergbaus erst vor kurzem deutlicher in den Fokus gerückt: der Unterwasserlärm.

„Unterwasserlärm bedroht das Leben im Meer“, sagt Cyrill Martin. „Wenn der Tiefseebergbau ohne weitere Forschung und Regulierung zugelassen wird, würden über Jahrzehnte hinweg konstant hohe Lärmpegel emittiert“, fügt er hinzu. Die Lärmverschmutzung unter Wasser ist eines der zentralen Themen von OceanCare. OceanCare hat seit fast zwei Jahrzehnten Fachwissen über die Lärmverschmutzung unter Wasser aufgebaut und sich mit Kampagnen und gezielter politischer Arbeit gegen Unterwasserlärm eingesetzt.

Unterwasserlärm wird in allen Phasen des Tiefseebergbaus erzeugt. Die Darstellung zeigt die wichtigsten Quellen, von denen einige nur vorübergehend auftreten, während andere über Jahre bis zu Jahrzehnten hinweg nahezu konstant sind.

Wasser leitet Schall schneller und weiter

Lärm breitet sich unter Wasser schnell und sehr effizient aus, fast mit der fünffachen Geschwindigkeit des Schalls in der Luft. Niedrige Frequenzen können unter bestimmten Bedingungen über Tausende von Kilometern im Ozean gehört werden. In einer Tiefe von etwa 800 bis 1000 Metern in den gemäßigten Zonen kann sich der Schall über den SOFAR-Kanal („Sound Fixing and Ranging“-Zwischenschicht) fast ungehindert ausbreiten – ähnlich wie Licht, das durch ein Glasfaserkabel geleitet wird.

Durch die kommerzielle Schifffahrt, die Öl- und Gasexploration, militärische Aktivitäten und die Bautätigkeit hat der Lärmpegel im Meer zugenommen. „Seit den 1960er Jahren hat sich der vom Menschen verursachte Lärmpegel in einigen Regionen in jedem Jahrzehnt verdoppelt“, sagt Cyrill Martin. „Der Tiefseebergbau würde die Lärmbelastung auf ein ganz neues Niveau heben, da in der gesamten, sehr tiefen Wassersäule dann starke Lärmquellen existieren und die Lärmemissionen sehr lange anhalten.“

Lärm stellt ernsthafte Bedrohung dar

Doch wie laut ist der Tiefseebergbau eigentlich? Zwar ist es aufgrund der unterschiedlichen Dichte von Luft und Wasser schwierig, die Lärmpegel und ihre potenziellen Auswirkungen an Land und unter Wasser zu vergleichen, aber einige grobe Vergleiche zeigen, wie laut die Schallemissionen des Tiefseebergbaus sein würden. Umgerechnet in Dezibel in der Luft sind viele Quellen des Tiefseebergbaus, wie Sonare, Schiffe, Baggern und Bohrungen, mehrere hundert Mal lauter als der Start einer Weltraumrakete. Auch wenn der Vergleich nicht zu 100% stimmt, ist klar, dass der Lärm des Tiefseebergbaus eine ernsthafte Bedrohung darstellt.

„Rund 150 Meeresarten sind nachweislich durch Lärm beeinträchtigt, so dass kein Zweifel mehr daran besteht, dass Unterwasserlärm eine schädliche und ernstzunehmende Verschmutzung darstellt“ erklärt Lindy Weilgart, Meeresbiologin an der Dalhousie University, Kanada. „Es wäre absolut unverantwortlich, eine weitere Quelle von konstantem und starkem Lärm hinzuzufügen, ohne die Auswirkungen weiter zu erforschen und ohne erhebliche Anstrengungen zur Reduzierung des Lärms zu unternehmen.“

Wir wissen weniger über die Tiefsee als über die Oberfläche des Mondes. Wenn wir dieses empfindliche Ökosystem zerstören, bevor wir seinen vollen Wert verstehen, könnten wir das noch Jahrzehnte später bereuen.

Empfehlungen der Fachleute

1) OceanCare empfiehlt, bei der Schaffung von Regularien das Vorsorgeprinzip zu befolgen und Lärmemissionen zu beschränken, bis eine solide wissenschaftliche Grundlage vorliegt, die zeigt, dass die Lärmemissionen aus dem Tiefseebergbau die Meere und Lebewesen nicht wesentlich schädigen.

2) Es muss eine solide wissenschaftliche Grundlage geschaffen werden, die alle relevanten Aspekte und potenziell schädlichen Auswirkungen der Lärmverschmutzung durch den Tiefseebergbau abdeckt.

3) Politische Maßnahmen sollen verabschiedet werden, einschließlich eines Moratoriums bei der Ausarbeitung des Mining Code und der Umweltschutzvorschriften und Leitlinien durch die Internationale Meeresbodenbehörde (ISA), die Regulierungsbehörde für den internationalen Meeresboden, bis zuverlässige Daten über die Lärmemissionen des Tiefseebergbaus vorliegen. In den Vorschriften sollte unter anderem festgelegt werden, dass der Unterwasserlärm in den Bergbaugebieten und ihrer Umgebung auf einem Niveau liegen sollte, das die Meeresumwelt nachweislich nicht beeinträchtigt.

OceanCare ist eine Schweizer Non-Profit-Organisation und setzt sich seit 1989 weltweit für die Meerestiere und Ozeane ein. Seit Juli 2011 ist OceanCare von dem Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen als Sonderberaterin für den Meeresschutz anerkannt.

-Pressemitteilung OceanCare-

ANZEIGE
Abo Fisch&Fang