ANZEIGE

Störe für die Elbe

1774


Bild: IGB
Dieser Jungstör mit Markierung schwimmt jetzt im Flussgebiet der Elbe. Bild: IGB

Zwischen 15. Oktober und 1. November 2011 wurden 1.500 Jungfische des Europäischen Störs (Acipenser sturio) in Gewässer des Elbeeinzugsgebietes (Oste, Stör, Havel, Mulde und Elbe) ausgesetzt.

Dies ist ein weiterer Schritt zur Wiederansiedelung des in Deutschland ausgestorbenen Europäischen Störs, eines lebenden Fossils – älter als die Dinosaurier. Die Besatzmaßnahmen wurden von der Gesellschaft zur Rettung des Störs e.V. gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), dem Landesanglerverband Sachsen-Anhalt im DAV und dem Institut für Binnenfischerei in Potsdam am Havelwehr Bahnitz, dem Stadtwehr Dessau und am Cracauer Elbwehr in Magdeburg durchgeführt. Diese Aktion ist Startschuss für Untersuchungen zur Effizienz des Besatzes mit verschiedenen Stör-Altersklassen. Die seltenen Fische wurden im Rahmen der deutsch-französischen Zusammenarbeit des IGB und der Cemagref (Französisches Zentrum für Landmaschinenwesen, Agrartechnik, Gewässer und Forstwesen) aus Vermehrungen in Frankreich zur Verfügung gestellt.

Fische aus Frankreich

Die Forscher wollen nun in enger Zusammenarbeit mit Berufsfischern das Wanderverhalten und die Entwicklung der Tiere untersuchen. Zu diesem Zweck wurden 20 Prozent der besetzten Fische mit Markierungen versehen. Das erleichtert die Identifikation beim Fang und verbessert den Schutz der Tiere – Verwechslungen mit illegal ausgesetzten, exotischen Stören können dadurch minimiert werden. Zudem sollen telemetrische Untersuchungen in den Flüssen des Elbeeinzugsgebiets helfen, weitere Grundlagen für eine Auswahl geeigneter Fließgewässer zur Wiederansiedlung des Europäischen Störs im Nordseeeinzugsgebiet zu erarbeiten.

Akut vom Aussterben bedroht

Der Europäische Stör ist ein anadromer Wanderfisch (er wandert vom Meer in die Flüsse, um dort zu laichen) und war einstmals eine weitverbreitete Störart. Bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert haben die Bestände der Art stark abgenommen. Heute ist der Europäische Stör eine der am stärksten gefährdeten Fischarten in Europa und akut vom Aussterben bedroht. Aktuell ist vom Europäischen Stör nur noch eine Reliktpopulation in der Gironde mit den Zuflüssen Garonne und Dordogne in Frankreich bekannt.

Historische Kinderstube

Die Mittelelbe um Magdeburg war bis in die 1920er Jahre ein wichtiges Laichgebiet für die Elbstöre. Auch in den Zuflüssen Saale und Mulde hatten Störe noch bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts ihre Laichgründe. Diese Areale stellen auch für die Wiederansiedlung potenziell bedeutende Lebensräume dar, da sie historisch von den Stören zur Vermehrung und als Kinderstube genutzt wurden. Ihre Eignung für die Wiederansiedlung soll im Rahmen der laufenden Arbeiten überprüft werden. Eine bedeutende Einschränkung für die mögliche Nutzung stellt derzeit die mangelnde Durchwanderbarkeit vieler Elbnebenflüsse dar, die mit Wehranlagen verbaut sind. Hier ist bei der Konzeption der Verbesserungs- oder Neubaumaßnahmen auf eine ausreichende Dimensionierung der Fischwanderhilfen zu achten, um großen Tieren, wie dem Stör, aber auch anderen Fischen den Auf- und den Abstieg zu ermöglichen.

Das Bundesamt für Naturschutz fördert mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt (BMU) seit Mitte der 1990er Jahre Projekte zum Wiederaufbau von Beständen des Europäischen und des Atlantischen Störs in deutschen Flüssen und Meeresgebieten der Nord- und Ostsee. Diese Projekte werden, unterstützt durch Fördermittel des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und des Landes Mecklenburg-Vorpommern, federführend von der Gesellschaft zur Rettung des Störs e.V. in Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und der französischen Cemagref seit 1996 durch den Austausch von Tieren und enge wissenschaftliche Zusammenarbeit realisiert. Das Projekt ist Bestandteil einer langfristigen Strategie zum Aufbau sich selbst erhaltender Bestände heimischer Störarten. Diese sollen in Zukunft als Leit- und Indikatorart für naturnahe Gewässer auch in anderen deutschen Flüssen und Meeresgebieten wieder aufgebaut werden. Maßnahmen zum Schutz der Störe werden auch anderen, weniger bekannten Wanderfischarten helfen, indem wichtige Lebensräume erhalten oder wiederhergestellt werden. Eine wesentliche Voraussetzung zum Schutz wandernder Fischarten bildet die Passierbarkeit der Flüsse sowie ein Netzwerk von Schutzgebieten zur Erhaltung der wichtigsten Lebensräume der Arten.

-pm-

ANZEIGE
Abo Fisch&Fang