In eigener Sache Politik unter Wasser

Politik unter Wasser


Nicht nur menschliche Politiker treffen sich alljährlich Anfang Januar zum Dreikönigstreffen. Markus Heine hat für uns am Wasser die Ohren gespitzt!

Lästermaul Markus Heine ist beim Eisangeln am 6. Januar Unglaubliches zu Ohren gekommen: Er belauschte das Unterwasser-Parlament beim jährlichen „Dreikantmuscheltreffen“.

Unter Wasser herrschen offenbar ähnliche Probleme wie auf dem Trockenen! Unter den Rednern:

– Streber Guido, liberaler Biotopsaußenminister
– Schlammpeitzger Thilo, ehem. Biotopsspalter und Buchautor
– Frauennerfling Lothar, Rekordbiotopsspieler, sieht sich als zukünftiger Biotopstrainer
– Sumpfschildkröte Helmut, hanseatischer Biotopskanzler a. D.

Streber Guido (springt mit erhobener Brustflosse auf): Lassen sie mich das erste Wort haben, liebe Mitschwimmerinnen und Mitschwimmer. Ich möchte mich zunächst einmal bedanken, dass ich vor so vielen Schwärmen zu Wort kommen darf. Ich begrüße auch unsere Zugeschwommenen aus dem Ausland. Herzlich Willkommen. Bestimmt wissen sie schon, dass wir hier in deutschen Gewässern deutsch sprechen. Natürlich…

Schlammpeitzger Thilo (streicht seinen Schnauzbart glatt und lugt durch seine dicke Brille): Pah, bevor sie die ganzen Zugeschwommenen so herzlich begrüßen, sollten sie sich mal lieber um deren Integration kümmern. Mit den Regenbogenforellen ist das vor Jahren zwar gut gegangen, aber da waren sie ja noch grün hinter den Ohren, werter Herr Biotopsaußenminister. Aber die Schwarzmeergrundeln, die machen uns aktuell gehörige Probleme. Kennen Sie deren Vermehrungsquoten? Da müssen Sie mal genauer hinsehen!

Streber Guido (mit ernster Miene): Das sind die großen Herausforderungen, vor denen wir stehen.

Markus Heine hat ganz genau hingehört und die Fischarten Streber, Frauennerfling und Schlammpeitzger beim Disput mit einer knorrigen Sumpfschildkröte belauscht.

Frauennerfling Lothar: Ja gut, ähm, nun ja, eher nein. Wie jeder weiß, war ich dieses Jahr bei der Weltmeisterschaft in Südafrika, sozusagen als Ko-Kommentator in Spe. Meine Ex-Rognerin war übrigens mit von der Partie, der hatte ich ja vorher das Abitur bezahlt. Nun gut, ich habe zumindest festgestellt, dass die dort unten am Schwarzen Meer überhaupt keine Probleme mit den Grundeln haben.

Sumpfschildkröte Helmut (zündet sich eine Zigarette an, während die zweite noch im Ascher glimmt): Dazu sage ich besser nichts. Das ist Kleinkrams, man muss das Große sehen. Schon vor zehn Jahren habe ich auf die drohende Kormoran-Krise hingewiesen…

Streber Guido (aufgeregt): Ganz genau, verehrter Herr Biotopskanzler, der Schwarze Vogel hat vielerorts ganze Bäche leer gefressen. Dass die Angler die Äsche zum Fisch des Jahres ernannt haben, kommt da schon fast einem Nachruf gleich. Das muss doch mal gesagt werden.

Schlammpeitzger Thilo (verzieht keine Miene): Sag‘ ich doch, auch so ein Migrant, dieser Kormoran. Rotkehlchen oder Zaunkönige würden sich hüten, so aufzutreten. Die benehmen sich friedlich, biotopskonform und -nützlich. Dagegen hat eine große Zahl an Kormoranen und Schwarzmeergrundeln keine produktive Funktion, und sie werden vermutlich auch keine Perspektive entwickeln.

Frauennerfling Lothar: Papalapap, ihr blödes Gerede über Migranten. Schauen Sie sich doch mal unsere Biotops-Mannschaft an. Das ist eine gut intrigierte Multi-Kulti-Truppe und bestes Beispiel dafür, dass Zugeschwommene und Heimatschwimmer hervorragend miteinander zurecht kommen. Darauf lässt sich doch aufbauen. Wir dürfen jetzt nur nicht den Sand in den Kopf stecken!

Der Biotopskanzler a.D. nickt ein, raucht aber weiter. Als seine Zigarette abgebrannt ist, wacht er auf und steckt sich eine neue an: „Ein weiteres Problem ist diese Kunstköderplage. Ich flitze diesem neumodischen Krams zwar nicht mehr hinterher, aber unsere Brut- und Jungfische sind in großer Gefahr! Die Zukunft unseres ganzen Biotops steht auf dem Spiel!

Streber Guido (unruhig auf der Schwanzflosse balancierend): Mein Reden, liebe Mitschwimmerinnen und Mitschwimmer. Wir müssen uns mehr um die jungen Fische kümmern. Sie sind die Zukunft unseres Biotops. Dazu gehört auch, Brut und Jungfische zu entlasten, die dürfen nicht mehr so viele Schuppen lassen. Schwimmen muss sich wieder lohnen! Generationengerechtigkeit – das ist meine Vision.

Sumpfschildkröte Helmut (qualmt, zeigt keine Regung): Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen. Kümmern Sie sich lieber darum, dass nicht mehr so viele Kunstköder aus Amerika in unsere Lebensräume dringen. Diese Anglerzeitschriften schreiben ja über nichts anderes mehr.

Streber Guido (krampfhaft jovial): Die Zeitschriften übertreiben da, so schlimm ist es in Wirklichkeit nicht. Wie ich schon auf unserem Schwarmtreffen im letzten Jahr sagte (zehn Sekunden verstreichen): ‚The published opinion is not always the public opinion.‘

Frauennerfling Lothar: Ja gut, man darf sich halt nicht täuschen lassen von diesen ganzen Kunstködern. Manchmal braucht man aber auch das nötige Quäntchen Glück, um von diesen High-Tech-Waffen nicht erwischt zu werden. Zwar bin ich immer sehr selbstkritisch, auch mir selbst gegenüber, aber was ich damals in Amerika bei den Metrostars sagte, das stimmt auch heute noch: „I hope, we have a little bit lucky.“

Streber Guido (strahlt über beide Kiemen): „That‘s English!“

Kopf schüttelnd nimmt Sumpfschildkröte Helmut mehrere Prisen Schnupftabak und zündet sich zwei Zigaretten an. Dann schließt er die Augen und legt noch eine Prise nach. Schlammpeitzger Thilo zeigt keine Regung, verlässt dann aber die Scharkante, um sich mit den Schwarzmeergrundeln zu verbrüdern.

Haben Sie auch schon unsere Wasserbewohner belauscht? Nutzen Sie die Kommentarfunktion!

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