Ölverschmutzungen auf Binnengewässern gefährden weltweit wichtige Ökosysteme und die Süßwasserversorgung. Rettung verspricht eine Idee der Universität Bonn: Textilien mit einer dem Schwimmfarn ähnlichen Oberfläche, die Öl vom Wasser trennen und in einen Sammelbehälter leiten.
Das Projekt wurde von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) fachlich und finanziell mit rund 365.000 Euro gefördert. Teamleiter Prof. Dr. Wilhelm Barthlott hat schon einmal auf seinen Erfindergeist aufmerksam gemacht: Vor mehr als 20 Jahren erhielt er den Deutschen Umweltpreis der DBU, damals für seine weltweit erfolgreichen Forschungen zum Lotuseffekt. Bei dem geht es ebenfalls um biologische Oberflächeneffekte und ihre technischen Anwendungen.
Öl verbreitet sich rasant auf der Wasseroberfläche
Sind Binnengewässer von einer Ölverschmutzung betroffen, ist die Reinigung oft mit einem hohen personellen und mechanischen Aufwand verbunden. „Schon geringe Öl-Verunreinigungen können Feuerwehr und Umweltbehörde tagelang in Atem halten“, sagt Franz-Peter Heidenreich, Leiter des DBU-Referats Wasser, Boden, Infrastruktur. Der Grund: Das Öl verbreitet sich als dünner, schmieriger Film rasant auf der Wasseroberfläche und belastet so rasch enorme Flächen – eine Gefährdung für Tiere, Pflanzen und Trinkwasserressourcen. Heidenreich: „Oftmals verdunstet zudem viel Öl, wodurch erhebliche Schadstoffmengen in die Luft gelangen.“
Schwimmfarn bringt Forschungsteam auf Idee
Ein Forschungsteam der Universität Bonn hat nun mit DBU-Mitteln unter Leitung von Umweltpreisträger Barthlott einen schwimmenden sogenannten Bionischen Öl-Adsorber entwickelt (Bionic Oil Adsorber, BOA). An der Oberfläche des BOA bleibt Öl von Gewässeroberflächen haften und wird so vom Wasser abgetrennt. Nach einem physikalischen Prinzip – ganz ohne Energieaufwand – wird es dann in einen Behälter weitergeleitet und gesammelt.
Von der Natur lernen
„Abgeschaut haben wir das Phänomen in der Natur“, sagt Barthlott. Grundlage waren nach der Entdeckung des Lotuseffektes seit 2008 Arbeiten zu effizienter Adsorption und schnellem passiven Transport von Öl auf biologischen Oberflächen. Barthlott: „Es fanden sich dabei vor allem Pflanzen wie der Schwimmfarn Salvinia molesta, der mit teilweise höchst komplexer Oberflächenstruktur optimal dazu in der Lage ist.“ Im DBU-geförderten Projekt gelang die Umsetzung in die Praxis.
Prototyp trennt bis zu drei Liter Öl pro Stunde
In Zusammenarbeit mit der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen und der Heimbach-Gruppe in Düren wurden geeignete Funktionstextilien identifiziert, die Diesel-, Heiz- oder Motoröl über sechs Zentimeter breite Streifen von einer Wasseroberfläche in einen Sammelbehälter transportieren. Barthlott: „Der kann dann entleert und das Öl gegebenenfalls sogar wiederverwendet werden.“ Nach den Worten des Wissenschaftlers ergaben die Tests, „dass ein vergleichsweise kleiner BOA-Prototyp bis zu drei Liter Öl pro Stunde von einer Gewässeroberfläche sammeln kann – ohne Energieaufwand“. Ein „umweltfreundliches und besonders effizientes“ Verfahren. Dabei sei das Tempo der Reinigung von der Viskosität des Öls abhängig. Barthlott: „Aufgrund der geringeren Zähflüssigkeit wird Diesel 50-mal schneller transportiert als Motoröl.“
Der Salvinia-Effekt
Die innovative Technik der Öl-Wasser-Trennung kann laut Umweltpreisträger vorwiegend in Binnengewässern eingesetzt werden. „Denkbar wäre aber auch der Einsatz im Bereich der Schifffahrt oder in industriellen Anlagen.“ Aufgrund der hohen Effizienz der ersten Prototypen rechnet er mit einer zeitnahen industriellen Produktion des Bionischen Öl-Adsorbers für die Öl-Wasser-Trennung.
1999: Deutscher Umweltpreis für die Entdeckung des Lotuseffekts
Barthlott wurde als Entdecker des sogenannten Lotuseffekts bekannt. Ihm und seinem Team gelang vor mehr als zwei Jahrzehnten der Nachweis, dass durch bestimmte raue Mikrostrukturen auf der Blattoberfläche der Lotusblume Wassertropfen sofort abperlen und die anhaftenden Schmutzpartikel mitreißen. Von der Natur lernen und die Erkenntnisse auf Alltagsgegenstände wie Fassadenfarben oder Polymeroberflächen zu übertragen, hilft Reinigungsmittel und Wasser einzusparen, was ein immenses Umweltentlastungspotenzial birgt. Barthlott ist dafür 1999 mit dem Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) ausgezeichnet worden.
-Pressemitteilung Deutsche Bundesstiftung Umwelt-