Inwieweit sich künstliches Licht bei Nacht auf marine Lebewesen auswirkt, erforscht das Ausbildungsprogramm „Globaler Ansatz durch Modulare Experimente“ (GAME), koordiniert durch das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, bereits im dritten Jahr in Folge.
In diesem Jahr liegt der Fokus auf Organismen, die Oberflächen im Meer besiedeln, wie beispielsweise Muscheln und Seepocken. Die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen, ob sich das Siedlungsverhalten dieser Tiere unter dem Einfluss von nächtlichem Kunstlicht verändert. Binationale Zweierteams sammeln dazu Daten in zehn verschiedenen Ländern und werten diese in Deutschland für ihre Masterarbeiten aus.
Auswirkungen von nächtlichem Kunstlicht
Bereits zum 21. Mal begibt sich das Forschungs- und Ausbildungsprogramm „Globaler Ansatz durch Modulare Experimente“ (GAME) des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel auf internationale Pfade. In diesem Jahr untersuchen 19 deutsche und internationale Master-Studentinnen und Studenten in Finnland, Island, Israel, Japan, Kroatien, Chile, Malaysia, Portugal, Spanien und Cabo Verde für ihren Abschluss die Frage, ob Lichtverschmutzung das Siedlungsverhalten der Larven benthischer Invertebraten beeinflusst. Dazu gehören auch solche Organismen, die feste Oberflächen, zum Beispiel Steine, Kaimauern oder Schiffsrümpfe, besiedeln, wie beispielsweise Muscheln, Seepocken, Seescheiden, Moostierchen oder auch Nesseltiere. Das Programm hat jetzt seine Experimente in allen Ländern aufgenommen.
Verändert Licht das Verhalten der Larven?
Viele bodenlebende Wirbellose sind in ihrem Erwachsenenstadium sesshaft. Um sich fortzupflanzen, haben sie Larvenstadien, die sich im Wasser verbreiten und dann wiederum andernorts ansässig werden. Das Besiedeln von Oberflächen ist für diesen Zyklus ein wichtiger Prozess. Die wissenschaftlich bisher noch wenig untersuchte Frage ist, ob und inwieweit sich das Siedlungsverhalten der Larven verändert, wenn Flächen nachts von künstlichem Licht beschienen werden. Das Programm GAME möchte nun zum ersten Mal genau diese Prozesse im globalen Vergleich untersuchen. Die Arten, um die es geht, sind weit verbreitet und für die Vielfalt und Zusammensetzung von marinen Gemeinschaften von Bedeutung. Teilweise handelt es sich um Filtrierer, die die Wassersäule von Schadstoffen reinigen.
Hat gelbes Licht weniger Auswirkungen?
Für die Experimente werden PVC-Platten ins Meer gehängt, so dass sich lokal vorkommende Arten darauf ansiedeln können. Ein Teil der Platten wird dann nachts mit Kunstlicht beschienen, während ein weiterer Teil der Platten im Dunklen verbleibt. An jedem Standort gibt es zwei Experimente dieser Art, wobei in einem davon weißes LED-Licht und im anderen gelbes LED-Licht verwendet wird. Das soll klären, ob eventuell gelbes Licht, das einen kleineren Teil des Spektrums umfasst, möglicherweise weniger Auswirkungen auf das Verhalten der Larven hat.
Seeigel und Miesmuscheln werden beeinträchtigt
Bereits in den Jahren 2021 und 2022 erforschte GAME die Auswirkungen von Lichtverschmutzung auf marine Weidegänger wie Seeigel und Schnecken sowie auf Miesmuscheln, die wichtige Filtrierer sind. „In diesen Projekten zeigte sich, dass nächtliches Kunstlicht durchaus die Fraßraten der Seeigel verändern und die Filtrationsleistung sowie die Fähigkeit Byssusfäden zu bilden bei Miesmuscheln beeinträchtigen kann. In diesem Jahr geht es nun zum ersten Mal um die Auswirkungen von Kunstlicht auf ganze Gemeinschaften, denn wenn sich das Siedlungsverhalten der Larven verändern sollte, wird sich auch die Struktur der entstehenden Gemeinschaften verändern. Die Bedeutung dieser Prozesse wollen wir nun nachvollziehen“, betont Dr. Mark Lenz, mariner Ökologe am GEOMAR und Koordinator des Programms GAME. In 2024 wird dann noch eine Untersuchung zu den Auswirkungen von Licht auf Makroalgen, einer weiteren wichtigen Komponente von Küstenökosystemen, folgen.
-GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel-