Fragwürdige Gesetzeslage
Am letzten Wochenende war ich auf einer kleinen Hausmesse. Sage und schreibe sechs Väter sprachen mich an, und baten um anglerische Erklärungen, denn sie hätten gar keine Ahnung vom Angeln. Sie würden den Angelschein nur für ihre begeisterten Kinder machen.
Wenn ich mit Kindern Filme mache, stecke ich oft gleich in mehreren Dilemmas: Erstmal darf man in Deutschland erst mit 14 Jahren die Sportfischerprüfung machen. Die Vereine fanden eine Gesetzeslücke, und lassen Kinder mit „Begleitscheinen“ mitangeln. Im Juristendeutsch heißt das dann: „In Vorbereitung auf die Sportfischerprüfung!“
Kindgerechte Erklärungen am Hausmessetag – die interessierten Augen der Nichtanglerin (!) sprechen Bände.
An dieser Bemerkung seht ihr, dass die Vereine gar nicht diejenigen sind, die Kindern das Angeln schwer machen, sondern der Gesetzgeber. Angelvereine wären froh, könnten auch Zehnjährige Mitglieder werden. Das Problem liegt da, dass der Gesetzgeber im Tierschutzgesetz einem Kind erst ab 14 Jahren das Töten von Wirbeltieren gestattet, wenn es einen „Sachkundenachweis“ – sprich, die Sportfischerprüfung – erbracht hat. In §4 Absatz 1a heißt es großzügig, dass es genügt, wenn eine Aufsichtsperson diesen Sachkundenachweis erbringt. Da liegt die Lücke.
Allerdings wird von vielen Vereinen übers Ziel hinausgeschossen, und vielfach Kids beim „begleiteten Angeln“ das Raubfischangeln grundsätzlich untersagt. Eine klare Begründung dafür, die schlüssig und logisch ist, konnte mir noch keiner nennen.
Einigkeit unter Anglern?
Ich bin sicher, mit dem Anreißen dieser Thematik werden auch viele Angler sich streiten. Kann es in Ordnung sein, wenn ein Kind ein Wirbeltier tötet? Meine Haltung: Ja! Wenn es den „Sachkunde-Nachweis erbringt“, um mal beim Juristendeutsch zu bleiben, ein klares Ja. Denn es ist nicht so schwer, einem Kind von zehn Jahren genau zu zeigen, wie es geht.
Das Interesse vieler Kids ist ungewöhnlich groß. Naturverbundenheit im Hobby findet man heute nicht mehr so oft, scheint mir, und das weiß der Nachwuchs zu schätzen
Nachbarschaftsprinzipien
Fakt ist eines: Bei aller Berechtigung für Regeln zu sorgen, die Tiere vor falscher Behandlung schützen, in den Nachbarländern klappt es ausgezeichnet auch ohne dies Wirrwarr. Das ist doch merkwürdig, dass man nur hier in der BRD meint, alles bis ins Detail reglementieren zu müssen. Aber wir Deutsche scheinen das einfach zu brauchen. Die häufigsten Fragen die mich erreichen, gehen – nebenbei bemerkt – genau in diese Richtung: „Aber wie viel darf ich denn jetzt? Wie viele Fische darf ich mitnehmen? Wie viele Ruten darf ich nutzen?“ In vielen Ländern stellen sich Angler diese Frage nach Vorschrift gar nicht. Wenn man einen guten Hecht entnommen hat, ist es gut, und der Rest geht wieder rein. Deutsche wollen aber unbedingt wissen: „Darf ich jetzt drei oder vier Hechte mitnehmen? Und geht nicht doch auch fünf, weil wir ja zu zweit sind?“
„Erstens war es immer so…“
Das werden wir auch mit viel Geschrei nicht so schnell ändern. Dabei würde ich mir so sehr freuen, wenn man fürs Raubfischangeln mit Kindern nicht extra ins Nachbarland fahren muss. Und wenn man unserer Jugend tolle Hobbyperspektiven geben könnte, ohne das die nichtangelnden Väter ihren Angelschein nur für die Kids machen müssen. Aber der Weg wird nicht nur lang, sondern auch steinig bis felsig, denn zur Zeit ist der Gesetzgeber eher dran es uns schwerer zu machen, statt den Einstieg zu erleichtern.Dabei gibt es für Kinder kaum etwas Schöneres, als mit dem Angeln zu beginnen, denn es macht süchtig OHNE Nebenwirkungen. Es wird beklagt, dass jedes zweite deutsche Kind noch nie auf einen Baum geklettert ist, aber der Weg in die Natur wird mehr und mehr verbaut. In jeder Hinsicht.