Aktuelle Meldungen Geplatzter Traum vom deutschen Schwarzbarsch-Eldorado

Geplatzter Traum vom deutschen Schwarzbarsch-Eldorado

Der Forellenbarsch aus Nordamerika: Heute in Deutschland als invasive Art gefürchtet, früher als Bereicherung für Fliegenfischer herbeigesehnt. Bilder: M. Bötefür

Seit Kurzem schüren in der Havel aufgetauchte Forellenbarsche Angst vor neuen Invasoren. Die Fische, die man heute fürchtet, waren einst herzlich willkommen.

„Kein anderer Fisch übertrifft den Black Bass an Kühnheit beim Anbeißen und an Energie, mit der er sich wehrt, wenn er gehakt. Er hat die pfeilschnelle Bewegung der Forelle, die Unermüdlichkeit und die kühnen Luftsprünge des Lachses und außerdem eine ihm ganz eigentümliche Fechtweise. Er nimmt die künstliche Fliege ausgezeichnet und kann mit allen möglichen Arten von natürlichen und künstlichen Ködern gefangen werden.“ Mit diesen Worten charakterisierte Max von dem Borne 1892 den wohl beliebtesten Sportfisch Nordamerikas und versuchte zugleich, ihn europäischen Anglern schmackhaft zu machen. Ganz uneigennützig hatte der Altmeister der deutschen Angelsportliteratur diese Zeilen nicht zu Papier gebracht, denn nach seinem gelungenen Coup, 1879 aus Amerika importierte Regenbogenforellen in heimischen Gewässern anzusiedeln, hatte er nun zwei weitere Fischarten ins Visier genommen. Dass diese Idee kein bloßer Spleen war, stand auch für seine Zeitgenossen außer Frage, denn von dem Borne war nicht nur als Angelfachmann, sondern auch als Fischzuchtexperte ein erfolgreicher Autodidakt.

Bereits drei Jahre nach Ankunft der ersten amerikanischen Barsche in Deutschland veröffentlichte Max von dem Borne eine Biographie der Fische im Verlag Paul Parey.
Bereits drei Jahre nach Ankunft der ersten amerikanischen Barsche in Deutschland veröffentlichte Max von dem Borne eine Biographie der Fische im Verlag Paul Parey.

Schon in den 1870er Jahren hatte der gelernte Bergbauingenieur einen der ersten funktionstüchtigen Fischaufzucht-Apparate erfunden, diesen patentieren lassen und ihn erfolgreich in ganz Europa vermarktet. Außerdem war es ihm gelungen, neben Regenbogenforellen auch Sonnenbarsche und Katzenwelse aus Amerika zu importieren und die beiden letztgenannten Arten als Aquarienfische in Deutschland zu züchten.

Als im Februar 1883 sieben amerikanische Schwarz- und 45 Forellenbarsche unbeschadet auf seinem Gutshof im westpreußischen Berneuchen eintrafen, erhofften er und seine Freunde sich einen Quantensprung für das Angeln in Deutschland. Die Vorfreude war keinesfalls unbegründet, denn in den USA fanden sich beide Arten in fast jedem Gewässer. Von dem Borne frohlockte: „Die Zählebigkeit des Black Basses ist größer wie die seiner deutschen Verwandten, des Barsches und des Zanders; er kann ohne Schwierigkeiten weithin versandt werden. Von dem Karpfen wird er allerdings in dieser Beziehung übertroffen. Er führt den Kampf ums Dasein mit Erfolg gegen andere Fischarten, mit welchen er in Concurrenz tritt, und er behauptet sogar dem Hecht gegenüber seinen Platz.“

Die Bedingungen auf dem rund 80 Kilometer östlich von Berlin gelegenen Musterbetrieb schienen ebenfalls ideal. Das 60 Hektar große Gelände verfügte über knapp 50 Teiche und wurde auf einer Länge von zehn Kilometern vom Flüsschen Mietzel durchflossen; es verfügte weiter über fünf natürliche Seen, die Max von dem Borne gern experimentell mit unterschiedlichen Exoten besetze. Dem Erfolg stand augenscheinlich nichts mehr im Wege.

Fischtransport in Holzfässern Ende des 19. Jahrhunderts. Die letzten Kilometer von den Bahnhöfen an die Gewässer und Zuchtanstalten wurden mit Pferdewagen zurückgelegt.

Erste Schwarzbarsch-Zuchterfolge

Schon im im Frühjahr 1885 laichten dann die ersten Forellenbarsche ab, so dass es von dem Borne und seinen Mitarbeitern gelang, gut 20.000 Fischeier in sichere Aufzuchtbecken zu retten. Beim Schwarzbarsch sah es trotz ihres geringen Ausgangsbestandes ähnlich gut aus. Ende der 1880er Jahre konnte Gut Berneuchen ganz Europa mit den Nachkommen der Schwarz- und Forellenbarsche beliefern. Die endgültige Etablierung beider in Nordamerika so beliebter Sport- und Speisefischarten schien gelungen. Von dem Borne konnte 1892 rückblickend vermelden: “Dieselben haben seitdem so zahlreiche Nachkommenschaft geliefert, daß ich jetzt den Besitz dieser Fische als gesichert sehen kann.“

Den Mitarbeitern auf Gut Berneuchen müssen Steine von den Herzen gefallen sein, schließlich ging es ihnen nicht allein um den wirtschaftlichen Erfolg, sondern als leidenschaftliche Fliegenfischer auch darum, sich nach der Regenbogenforelle mit einer weiteren neuen und widerstandsfähigen Fischart in deutschen Gewässern beschenkt zu haben.

Max von dem Borne starb bereits zwei Jahre nach seinen Erfolgen als Schwarzbarsch-Importeur und Züchter. Dass sich die von ihm so geliebten Fische auf natürlichem Wege in den Gewässern Mitteleuropas nicht vermehren wollten, erlebte er nicht mehr. Seine Versuche waren trotzdem nicht fruchtlos, denn Schwarz- und Forellenbarsche sind heute in vielen Seen und Flüssen Südeuropas eine begehrte Beute für Fliegenfischer.

Dr. Markus Bötefür

Info

Der Schwarzbarsch (Micropterus dolomieu, smallmouth black bass) gehört zur nordamerikanischen Familie der Sonnenbarsche (Centrarchidae). Er wird maximal 70 Zentimeter lang und höchstens etwa 5 Kilogramm schwer, meistens bleibt er aber deutlich kleiner. Die Art stammt ursprünglich aus dem Osten der USA. Laut Wikipedia soll er heute in Europa vereinzelt in den Niederlanden, Spanien, Dänemark, sogar Südfinnland und in einigen Seen in Deutschland südlich der Donau vorkommen.

Der eng verwandte Forellenbarsch (Micropterus salmoides/nigricans, largemouth black bass) wird größer und bis zu 10 Kilogramm schwer. Er ist in Nordamerika von den großen Seen bis nach Nordmexiko heimisch. Nach Wikipedia lebt er in Europa zum Beispiel im Wörthersee, im Kalterer See und im Gardasee.

Die mobile Version verlassen