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Geheimtipp Gewindelehre?

Gewindelehre mit zahlreichen Schablonen für metrisches und Zoll-Gewinde, dazu eine Augenlupe mit 4-facher Vergrößerung.

Kürzlich habe ich hier zwei alte Holzrollen aus Bayern vorgestellt und spekuliert, ob sie von deutschen Firmen aus England zugekauft oder damals in Deutschland schon nachgebaut wurden.

Auf diesen Beitrag hat sich Peter Taudor gemeldet und mir den Tipp gegeben, dass ich doch einmal die Gewinde überprüfen sollte. Bei englischem Zollgewinde wären die Rollen wahrscheinlich eher englischer Herkunft, bei metrischem Gewinde dann wohl vom Kontinent.

Über ebay habe ich mir für 7 Euro eine Gewindelehre zugelegt mit Gewindeschablonen von 0,25 – 6,0 mm (metrisch 60 Grad) und 4-62 Whitworth (55 Grad). Den Werkzeugmachern und Schlossern unter den Lesern sträuben sich sicher jetzt alle Haare, gibt es doch so viele Gewindetypen und -steigungen, die damit nicht erfasst werden. Ich bin aber Briefmarkensammler und den Umagang mit Zähnungsschlüsseln gewohnt, im Grunde das gleiche Prinzip.

Mit einer Augenlupe (4x), man braucht die beiden Hände zum Festhalten von Rolle und Schablone, konnte ich aber ziemlich einfach bestimmen, ob es sich um metrisches oder Zollgewinde handelt. Die genaue Gewindegröße festzulegen, ist dann schon nicht mehr so einfach, aber das ist in unserem Fall ja auch nicht von Interesse.

Ich habe bei den beiden Holzrollen das größte Gewinde auf der Hauptachse vermessen und schnell festgestellt, dass die metrischen Schablonen überhaupt nicht passen wollen, die Schablonen für das Whitworth-Zollgewinde aber schon. Die Schablonen passen nicht auf den hundertstel Millimeter genau, man muss aber bedenken, dass die alten Gewinde handgeschnitten und oft ziemlich ausgelutscht sind. Beide Holzrollen haben auf der Achse ein englisches Zollgewinde der ungefähren Größe 32 Whitworth, wurden also eher in England gebaut. So eine Gewindelehre bringt einem sicher Erkenntnisse, vor allem, wenn man sich für alte Rollen aus der Frühzeit interessiert. Selbst ich als absolut untechnischer Mensch bin damit halbwegs zurechtgekommen.

Das Gewinde auf der Achse der größeren Holzrolle passt am besten zur Schablone 32 Whitworth. metrische Schablonen lassen sich überhaupt nicht mit diesem Gewinde in Einklang bringen.
Auch bei der kleinen Holzrolle passt das Gewinde am besten zu 32 Whitworth.
In der Vergrößerung sieht man, dass diese 32er Schablone nicht zu 100% genau passt, sie passt aber mit Abstand am besten.
Diese beiden Holzrollen haben englisches Gewinde auf der Hauptachse, sie wurden höchswahrscheinlich in England gebaut und dann in Deutschland verkauft.

Die Gegenprobe

Zum Abschluss meines Experiments habe ich mir eine Holzrolle mit ebenfalls spitz-giebelförmiger Rückenstrebe vorgenommen, die ganz sicher von Hildebrand-Wieland vertrieben wurde. Sie ist nähmlich auf der Rückwand mit dem Namenszug der Firma gemarkt. Und siehe da: Das Hauptgewinde auf der Achse hat ebenfalls 32 Whitworth, also englisches Gewinde. Entweder hat Hildebrand-Wieland auch diese Rolle aus England zugekauft und nachträglich den Namenszug ins Holz graviert, oder man hat in München auch englische Gewinde geschnitten. Da steh‘ ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor… 😉

Anregungen, Infos und Fragen bitte an thomas.kalweit@paulparey.de

Die Rolle für die Gegenprobe, ebenfalls mit spitz-giebelförmiger Rückenstrebe. Sie ist definitiv von Hildebrand-Wieland, das Gewinde der Hauptachse hat aber auch englisches Zollgewinde (32 Whitworth).

Anmerkung vom 10. November 2022:

Im August hatte ich hier im Blog eine uralte Messing-Multirolle mit Schelle zur Montage auf eine Holzrute vorgestellt. Da war es fraglich, ob diese Rolle in England oder Deutschland gebaut wurde. Ich habe die große Schraube der Schelle überprüft und siehe da, sie hat metrisches Gewinde 1.0! Zumindest die Schelle wurde also in Deutschland gefertigt.

Die Schellenschraube der alten Multirolle hat metrisches Gewinde.
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