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Gefährliche Nächte in Meckpom


Gefährliche Nächte in Meckpom

23.05.2016 11:42 von Matze Koch

Die Karpfenanglerausrüstung für einige Tage

Heute der zweite Teil der Serie „Unsere Angeltagebücher“, die wir untereinander austauschen. Diesmal Erlebnisse von meinem Kumpel Peter bei einem Karpfenangelaufenthalt in Meckpom:

 

Donnerstag 18. September

 

Um halb Drei gibt es auf die 130m Rute einen Run. Der Fisch schießt durch die Wasserpflanzen, so viel ist klar. Ich fahre mit dem Boot zu den Seerosen. Doch so einfach, wie ich über 40 Karpfen im Frühjahr durch die Teichrosen in den Kescher zog, sollte es mir hier nicht gemacht werden. Denn ich hatte es mit einer völlig anderen Art Pflanzen zu tun. Die großen Blätter waren an der Stelle so dicht, dass ich mich mit meinem Boot nicht drüber hinwegschieben konnte. Zu allem Überfluss waren die Stängel so extrem dick und widerstandsfähig, dass sie nicht eine Sekunde daran dachten, der Spiderwire nachzugeben. Was für ein Dilemma. Ich konnte es drehen und wenden wie ich wollte, aber ein Drill in den Seerosen würde es nicht geben. Doch wer braucht schon eine Rute zum Fische fangen? Also habe ich den Karpfen langsam und stetig per Hand zu mir herangezogen. Am Anfang des Seerosenfeldes habe ich nach und nach schon ein Areal frei gemacht und der Plan erwies sich als goldrichtig. Es hat eine Zeitlang gedauert, bis ich den Fisch am Boot hatte. Es hat mich sowieso gewundert, dass es so lange gut ging. Als der Karpfen dann zum ersten Mal an meiner Bootswand auftaucht, staune ich nicht schlecht. Jetzt durfte ich ihn nicht mehr verlieren, so viel war klar. Mit dem Bungeerig, einem dehnbaren Nash Leader und mit der Hand war ein gefühlvoller Drill machbar. Nur zog es sich elendig lange hin und über der Bordwand hängend, schmerzte irgendwann auch mein Rücken. Gleich im ersten Anlauf klappte der Kescherversuch und mit einem Grinsen im Gesicht hievte ich den Fisch in die Abhakmatte. Da fährt man stundenlang in den Osten und will Spiegelkarpfen fangen, und was ist? Aber 31 Pfund 400g sind schon eine Hausmarke! Genauso hatte ich es mir vorgestellt.

 

 

„Das ist schon eine echte Hausnummer“

 

 

Verzweifelte Versuche eine Internetverbindung herzustellen, scheiterten hier gnadenlos. So blieb mir nichts anderes übrig, als den Koch anzuschreiben. Aber von Matze bekam ich ein kurzes, knappes „Wer bitte smst denn da?“ zurück. Seit zehn Jahren habe ich diese Handynummer und dann das! Nachdem wir das geklärt haben und angeblich sein Telefon meine Nummer nicht erkannt hat (ich glaube eher, dass er sie gelöscht hat, um mich im ersten Schritt aus seinem Leben zu verbannen), ruft er mich an. Fast schon unglaubwürdig höre ich, dass er nicht vorm PC sitzt sondern bei Strehlow für eine Raubfischnummer angereist ist. Danach folgt die beste Wettervorhersage, die wahrscheinlich zutreffender ist, als die meiner Wetter-App: Bleibt so. Top! J

 

„Fast schon unglaubwürdig höre ich, dass er nicht vorm PC sitzt sondern bei Strehlow für eine Raubfischnummer angereist ist.“

 

Freitag 19. September

 

Gegen drei Uhr werde ich wach. Es ist Beißzeit, doch die Delkims ruhen. In der Ferne höre ich ein Tier durchs Unterholz laufen. Es kommt immer näher, dreht aber hinter meinem Schirm ab und läuft das Ufer nicht direkt entlang. Eine Stunde später werde ich wieder wach, das Tier kommt zurück. Habe ich beim Angeln einen leichten Schlaf. Das Tier wählt wieder denselben Weg.

 

Am Morgen bekomme ich zwei Takes auf die linke Rute und muss sie beide Male neu auswerfen. Mein Bauchgefühl hatte also Recht behalten. Vom Bedchair aus genieße ich die aufgehende Sonne. Noch vor dem Frühstück bin ich jedoch leicht genervt. Mein Nachbar von gegenüber hat nichts Besseres zu tun, als den wunderschönen Morgen durch einen Rasentrimmer zu versauen. Der See entspricht in vielerlei Hinsicht meinen Vorstellungen. Aber die Bebauung am Ostufer gehört eindeutig nicht dazu.

 

Samstag 20. September

Kurz nach Mitternacht werde ich wach. Es raschelt im Schilf. Ich hole die Kamera aus dem Rucksack und sitze aufrecht auf der Liege. Als das Rascheln näher kommt, schalte ich die rote LED ein. Es vergeht eine Zeitlang, bis sich das Tier endlich aus dem Dickicht zu erkennen gibt. Das Licht spiegelt sich in den Augen wieder. Rote Pupillen schauen mich sekundenlang an, ich erstarre förmlich bei dem Anblick. Für ein Foto soll das Tier aber näher herankommen, durch den Blitz wird es ohnehin Reißaus nehmen. Doch soweit kommt es nicht. Es muss die Lichtquelle wahrgenommen haben und legt den Rückwärtsgang ein. Verdammt. Von der Körperhöhe und dem Bewegungsapparat vermute ich einen Fuchs. Aber mit Bestimmtheit kann ich es nicht sagen.

 

 

„Mein Bauchgefühl hatte also Recht behalten. Vom Bedchair aus genieße ich die aufgehende Sonne.“

 

In der Nacht bin ich häufiger wach. Ich höre das sogenannte Bellen der Rehe und später noch einmal ein Tier hinter meinem Schirm. Ich stehe auf und schalte die rote LED ein, die Tiere ja eigentlich nicht wahrnehmen sollen. Oben am Hang taucht das Tier wieder auf und schaut sekundenlang zu mir herab. Dann verschwinden die rot funkelnden Augen. Gespenstische Atmosphäre. Ich schlafe wieder ein. Es dauert nicht lange, als sich vom Hang oben erneut ein Tier nähert. Es kommt schnurstracks auf mich zu, visiert mich an und fletscht die Zähne. Verdammt! Ein Wolf! Während er inbegriffen ist auf mich zu springen, wache ich auf, sitze senkrecht auf der Liege und zapple wie wild mit den Beinen im Schlafsack. Mein Herz pocht. Langsam realisiere ich, dass alles nur ein Traum war. Ich lege mich wieder zurück, atme tief ein und tief aus, denke: „Du hast doch nicht mehr alle Latten am Zaun“…

 

 

Ich werde bereits früh wach und schaue auf das kleine Stückchen Wasser, was ich durch das Dickicht erkennen kann. Ich höre wieder Rascheln im Schilf und bis zu der Stelle heute Nacht kommt das Tier, sehen kann ich es leider nicht. Aufstehen kann ich mir getrost sparen, da ich mich durch die Blätter und kleinen Äste ohnehin verraten würde. Doch das Tier dreht wieder um, es muss mich gewittert haben. Ich stehe auf und lichte die wundervollen Farben der aufgehenden Sonne ab. Da ich nicht mehr mit einem Anbiss rechne, kraxle ich den Hang hoch und stehe auf der vom Morgentau befeuchteten Wiese. Ich laufe die Lichtung hoch und kann zwei Rehe entdecken. Sie bellen, hüpfen durch das Gras und schauen immer wieder in meine Richtung. Mit 600er Brennweite kann ich ein paar Fotos schießen. Zu meiner Rechten traue ich meinen Augen kaum. Wer spurtet da denn los? Mit einem Affenzahn pest der Fuchs die Wiese hoch und ich kann ihn, zwar in miserabler Qualität, aber immerhin auf einem Bild einfangen. Dann entdecke ich noch im Unterholz am Ufer zwei weitere Rehe, von denen mir auch Fotos gelingen. Und zum krönenden Abschluss höre ich endlich meine allseits geliebten Kraniche, die sich im Herzen von Mecklenburg versammeln.

„Ich laufe die Lichtung hoch und kann zwei Rehe entdecken. Sie bellen, hüpfen durch das Gras und schauen immer wieder in meine Richtung.“

 

Erwartungsgemäß packen die beiden anderen Angler gegen Mittag ein. Eigentlich hatten sie geplant, bis Sonntag zu bleiben. Die Begründung der vorzeitigen Abreise war aber durchaus nachvollziehbar, die sie mir beim gemeinsamen Bier offenbarten. Man höre und staune: „Für Samstag und Sonntag wird Regen gemeldet. Wir werden wohl am Samstag abreisen, sonst werden unsere Zelte noch nass und wir müssen sie wieder trocknen.“ Ne, schon klar! Absolut verständlich.

Am Mittag bekomme ich die dritte Aktion an der linken Rute. Währenddessen bastle ich an meinen Vorfächern und optimiere den Kurv Shank mit einem auf die Hälfte gekürzten Fox Line Aligner. Damit Letzterer ohne Viagra schön steif und in der richtigen Biegung bleibt, stelle ich fest, dass der Knoten am Haken selbst das entscheidende kleine Detail ist. Ich bin zufrieden, sehr sogar. Der Haken greift eher als die Line Aligner Variante mit dem JRC Haken, mit dem ich unzählige Karpfen fing.

 

Ich halbiere Boilies und packe um 14 Uhr zusammen, füttere an meiner Übergangsstelle flach/tief und steuere die Seerosen an. Zum Henker, was ist das? Ein Boot? Ich fasse es nicht, zwei Karpfenangler haben sich dort niedergeschlagen, wo mein Auto steht. Ich fahre hin und bekomme die befürchtete Nachricht, dass sie seit gestern dort ansitzen. Kandidat links befischt die geliebten Seerosen. Vom Parkplatz aus? Weshalb 250m entfernt? Es folgt prompt die Antwort: Es gibt nur zwei Stellen, wo man zwei Zelte aufbauen kann. Der Klassiker haltJ. Nichtsdestotrotz sind die Beiden schwer in Ordnung. Gesundheitswoche ade; ich muss ein Bier mittrinken. Noch ein Klassiker, wenn Karpfenangler am Wasser sitzen.

 

Ich suche am Ende der Seerosen verzweifelt einen Sitzplatz, denn dort könnten die Beiden nichts entgegenzusetzen haben, wenn ich mich in dem Areal niederlasse. Stellentechnisch bin ich absolut nicht pingelig, aber es gibt in dem Sumpf absolut keine Möglichkeit zu sitzen. Ich überlege vom Boot aus zu angeln, müsste meinen Krempel aber irgendwo ablegen. Nur ist es am Ufer tief und so extrem schlammig, dass man sich auf dem Untergrund nicht fortbewegen kann. Es ist ein Albtraum. Ich hasse es, wenn ich nicht so angeln kann, wie ich es geplant habe.

 

 

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